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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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Oder ihm zeigen, wo wir gelegen hatten, in jener Nacht. Das kann nicht sein, murmelte ich schließlich und nahm mein Mundtuch wieder zur Hand, um mir die Lippen abzuwischen. Das kann nicht sein. Sie hat die Wandbilder in der umgebauten Kapelle noch gar nicht gesehen, nicht den Dionysos, nicht den Zeus, den Hermes – ich hielt inne, weil mir in dieser Sekunde keine weitere Götterfigur einfiel, die ich hätte vorbringen können.
    Sie hat alles gesehen, sagte Nardo sanft.
    Wann?
    In der Nacht.
    In welcher Nacht? Ich spürte, wie meine Stimme hoch und spitz wurde. Wann soll das gewesen sein?
    Ich denke, gestern nacht, sagte er zögernd, aber ich bin mir nicht sicher.
    Das kann nicht sein, widersprach ich, gestern nacht … Ich brach hilflos mitten im Satz ab. Und hätte gern geschrien: Gestern nacht war die wunderbarste Nacht meines Lebens. Und wir haben sie miteinander verbracht.
    Sie hat gesagt, daß Ihr in Eurer Kammer unter dem Dach völlig übermüdet im Malerkittel eingeschlafen wart. Eure Decke sei heruntergerutscht, und sie habe Euch zugedeckt. Dann sei sie in die ehemalige Kapelle hinuntergegangen, habe sich auf den Schemel gesetzt und Euer Werk bewundert. Mehr als ein Stunde lang, hat sie gesagt.
    Ich spürte, wie mir der Schweiß ausbrach. Dann sprang ich auf. Ich muß an meine Arbeit, sagte ich hastig. Ich möchte heute fertig werden.
    Nardo legte seine Hand auf meinen Arm und hielt mich zurück. Wir hatten uns schon vor längerem überlegt, ob Ihr nicht vielleicht gerne im Torre in Florenz das Erdgeschoß haben wolltet, als bottega, und oben unter dem Dach könntet Ihr Euer Atelier einrichten, im ehemaligen Laboratorium. Und wenn Ihr wollt, könnt Ihr selbstverständlich dort auch fortfahren mit Euren Experimenten. Ihr müßt ja nicht gleich den halben Turm in die Luft sprengen wie meine Mutter, fügte er lächelnd hinzu.
    Ich starrte ihn verblüfft an. Wer hat sich das überlegt?
    Nun, es ist Ghitas Vorschlag. Ihr wärt frei, die Miete würde nicht allzu hoch sein, und Ihr wärt Euer eigener Herr.
    Ich muß darüber nachdenken, sagte ich verstört. Ich weiß nicht, ob es gut ist.
    Ob es gut ist? Weshalb sollte es nicht gut sein?
    Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.
    Ihr wärt ungestört. Ich komme selten nach Florenz, und meine Mutter war seit Jahren nicht mehr dort, weil sie nicht an den zerstörten Turm erinnert werden möchte. Uns genügen die Kammern im ersten Stock.
    Ich nickte, dann sagte ich, daß ich es überschlafen wolle. Wir können dann auf der Rückreise endgültig darüber reden.
    Nardo schüttelte bedauernd den Kopf. Es wird keine gemeinsame Rückreise geben, Ihr müßt allein reisen. Ich fahre nach Bologna, meine Vorlesungen beginnen bald, ich muß mich noch vorbereiten. Ihr könnt Euch einer Gruppe von Kaufleuten anschließen, wenn Ihr wollt. Ich kümmere mich darum.
    Ich ging in die Kapelle, die nun schon lang keine mehr war, nahm meinen Pinsel, den größten, den ich besaß, tauchte ihn grob in einen Topf mit roter Farbe und hätte am liebsten den ganzen Farbtopf an die Wand geklatscht oder die gesamte Kapelle neu übermalt – mit Teufelsfratzen, mit dem Jüngsten Gericht, mit einer Grablegung und all den Themen, die Ghita haßte.
    Sie mußte also, nachdem sich das Tor zum Labyrinth hinter uns geschlossen hatte und jeder sich zum Schlafen legen wollte, in die ehemalige Kapelle gegangen sein. Während ich den Rest der Nacht ausnahmsweise nicht auf meiner kargen Pritsche verbrachte, sondern, in Gedanken noch meilenweit entfernt von allem Irdischen, in meiner Kammer, hatte sie überprüft, ob ihr Geld auch sinnvoll angelegt war. Ob ihr Auftrag ausgeführt war, auch ohne daß sie die Unzen Azurit nachgezählt und mich in ein Korsett aus Vorschriften gepreßt hatte.
    Woher weißt du, daß es so war? quälte mich eine Gegenstimme. Weshalb kann es nicht anders gewesen sein?
    Wie anders?
    Ist es eine Abwertung dieses Liebesaktes, wenn sie anschließend dein Werk bewundert hat? Gehört das nicht zusammen? Ein Höhepunkt zum anderen?
    Sie hätte das gemeinsam mit mir tun sollen, begehrte ich trotzig auf.
    Und dich dann loben? Stundenlang? Neben dir stehend?
    Weshalb nicht? Zumindest hätte sie eine Nachricht hinterlassen, hätte sich verabschieden können, hätte …
    Aber noch bevor ich eine weitere Forderung aussprach, erinnerte ich mich an einen Ausspruch, den Ghita einmal geäußert hatte: Abschiede sind Heuchelei. Man sagt immer das Falsche. Und erst wenn der andere weg

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