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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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zwischen dem zweiten und dem dritten Mauerring gewesen. Sie haben eine halbe Meile entfernt wohnen müssen, weil der Geruch unerträglich gewesen sei. Aber mein Großvater hat kostbare Wachslichter gemacht, zum Beispiel für das Fest des Täufers, und hat in der Via …
    Daniele, sagte ich ruhig und legte ihm eine Hand auf die Schultern, bitte! Es interessiert sich im Augenblick niemand für Talglichter und niemand für Wachslichter und schon gleich gar nicht dafür, wo irgendwann irgendwer gewohnt hat. Ich rieche hier nichts. Nur Blut, Exkremente und Erbrochenes.
    Aber Daniele hatte sich inzwischen niedergekniet und suchte den Boden ab. Und dann deutete er mit aller Entschiedenheit auf eine Stelle vor dem Herd. Es ist hier.
    Ich kniete mich geduldig neben ihm nieder, aber ich konnte keine Spur im Boden entdecken, die darauf hätte schließen lassen, daß sich hier ein unterirdischer Raum befand. Immerhin roch ich die Kerze jetzt ebenfalls, allerdings zu leicht, um den Unterschied zwischen einem Talglicht und einem Wachslicht ausmachen zu können.
    Das hier ist der neue Ofen, sagte Daniele und deutete auf den Ofen, der ganz offensichtlich erst vor kurzem in Gebrauch gewesen war. Aber dies hier ist ein alter. Und genau unter dem könnte eine Öffnung sein.
    Rocco kehrte mit einer Fackel von den oberen Räumen zurück und schüttelte den Kopf. Da brauchst du nicht hinauf, wehrte er dann ab, als ich ebenfalls nach oben gehen wollte. Erspar dir's!
    Daniele hatte inzwischen mit einem herumliegenden Nagel eine Ritze ausgekratzt, die unter dem alten Ofen zur Wand verlief. Er schlüpfte mit dem Kopf voran unter den Ofen und verkündete uns dann, daß er eine Platte entdeckt habe. Ich kroch zu ihm, und wir legten die Umrisse einer Platte im Boden frei. Dann schoben wir zu dritt den alten Ofen zur Seite: Die Bodenplatte lag deutlich verschoben, so daß man annehmen konnte, daß sie vor kurzem verschoben worden war.
    Geh zur Haustür! befahl Rocco und schob Daniele zur Seite. Suche eine Latte oder sonst etwas zum Anheben.
    Wir könnten es mit Danieles schartigem Dolch probieren, schlug ich vor.
    Wir versuchten, mit dem Dolch die Platte anzuheben, der Geruch der Kerze drang inzwischen deutlicher zu uns herauf. Ein leichter Lichtschein wurde sichtbar, der jedoch im gleichen Augenblick erlosch, als Rocco die Platte hochhob. Er versuchte, sich durch das Loch zu zwängen, ich schob ihm Daniele nach, dann folgte ich und rückte die Platte über uns wieder an ihren alten Platz. Rocco hielt seine Fackel empor, aber zunächst waren wir geblendet und konnten nichts erkennen. Bis jetzt hatte keiner von uns ein Wort gesprochen.
    Der Gang, in dem wir uns befanden, war totenstill, aber der Geruch einer gelöschten Kerze hing immer noch in der Luft. Rocco tastete sich mit der Fackel an der Wand entlang, an einer Abbiegung blieb er stehen und winkte uns zu sich heran. Hier ist niemand, sagte er mit unterdrückter Stimme, aber immerhin könnten wir so lange bleiben, bis es oben völlig ruhig ist und diese Burschen schlafen. Dann sollten wir weitersuchen.
    Im gleichen Augenblick löste sich aus einer Nische ein Schatten und warf sich uns entgegen, bevor auch nur einer von uns seine Waffe ziehen konnte – was auch gut war. Denn der Schatten, der unsentgegenstürzte, schluchzte, warf sich in meine Arme, barg seinen Kopf an meiner Schulter und schüttelte sich wie im Fieber. Er tastete mein Gesicht ab, als sei er ein Blinder, der sich aller Konturen vergewissern müsse, dann streckte er den Arm aus und zog Rocco und Daniele zu uns heran.
    Meine Brüder sind gekommen! flüsterte Brigida unterdrückt. Eine Weile standen wir in stummer Umarmung dicht zusammengedrückt, als wollten wir einander nie wieder verlassen. Dann zog uns Brigida auf eine Bank und legte uns eine Decke über die Beine.
    Es ist kalt hier unten, sagte sie fröstelnd.
    Wir schwiegen und zogen das Fell über unsere Knie.
    Es ist ein Wolf, sagte Daniele dann bewundernd, so als sei dies von Wichtigkeit.
    Vermutlich ist es ein Wolf, erwiderte Brigida und streichelte Daniele. Wir müssen hier weg, sagte sie dann. Sie kommen in der Frühe und wollen Brot. Ich werde es ihnen gewiß nicht backen.
    Nein, das wirst du nicht, beruhigte sie Rocco.
    Niemand sprach von den Toten, und für eine Weile war es so, als sei dieser Wolf das einzige Thema, das uns interessiere und als gebe es nichts Wichtigeres als tote Wölfe, deren Fell ein Kürschner zu einer Decke zusammengenäht hat.
    Wir müssen

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