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Der Brenner und der liebe Gott

Der Brenner und der liebe Gott

Titel: Der Brenner und der liebe Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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wäre ihm vielleicht sogar eine witzige Antwort eingefallen. Aber angeschlagen, wie er war, hat er nur das Kränkende an der Bemerkung gehört. Er hat nur herausgehört, dass sie ihn zu denen zählt, zum Personal, dass er einer ist, der sowieso von vornherein nie im Leben irgendeine Chance bei so einer Frau Doktor hätte, weil Bildung, weil Alter, weil Benehmen, weil Sprache, weil Geld, weil alles.
    »Und der Vorname war vermutlich auch falsch«, hat sie weitergeredet. Du darfst nicht vergessen, für sie war die Bemerkung keine große Sache. Sie hat wirklich andere Sorgen gehabt. »Vielleicht war es auch nur ein Spitzname: Sunny.«
    »Das kommt wahrscheinlich von Susanne«, hat der Brenner gesagt, weil er hat an die Susanne denken müssen, die bei der Linzer Kripo einmal den Hauptpreis bei der Weihnachtstombola gewonnen hat, ob du es glaubst oder nicht, ein Schiwochenende in Hinterstoder für zwei Personen, und die hat man nicht Susi nennen dürfen, sondern nur Sanne.
    »Von Susanne«, hat die Doktorin geantwortet, »das glaub ich nicht. Susanne ist kein besonders häufiger Name bei Ausländerinnen. Ich glaube, es war eher Englisch.«
    Und der Brenner mit extra guter Aussprache:
»The sunny side of the street.«
Nicht gesungen natürlich, nur gesagt.
    »5unny side«,
hat die Doktorin so nachdenklich wiederholt, als müsste sie überlegen, was genau das bedeuten könnte.
    »Ich hab auch einmal einer jungen Frau die Abtreibung bezahlt«, hat der Brenner erzählt, weil Hoffnung, mit dieser Geschichte komme ich mit der Frau Doktor vielleicht doch noch auf einen grünen Zweig. »Während meiner Polizeischulzeit. Das war die Hansi, also Johanna.«
    »Aha.«
    »Damals war es noch illegal, und sie ist extra nach Amsterdam gefahren. Ich hab das alles bezahlt, Zug, Hotel, Abtreibung.«
    »Und Sie sind mitgefahren?«
    »Nein, so viel Geld hab ich nicht gehabt. Zwei Fahrkarten für den Zug, dann die Übernachtung, dann isst man auch was. Aber im Nachhinein muss ich sagen, es wäre billiger gewesen, wenn ich mitgefahren wäre. Weil in Amsterdam hat sie es sich anders überlegt.«
    »Sie hat sich stattdessen mit Drogen eingedeckt.«
    »Drogen nicht, aber Haschisch eben. Und nach einer lustigen Woche ist sie ohne Abtreibung zurückgekommen.«
    »Dann sind Sie also Vater?«
    »Gewesen.«
    Die Doktorin hat ihn voller Mitleid angeschaut, da hat der Brenner wieder die alte Frau Doktor in ihr gesehen, die immer menschlich und freundlich war.
    »Zwei Jahre hat sie mich die Alimente zahlen lassen, aber dann hat der Grazer Finanzdirektor sie geheiratet. Sie war so ein Typ, dem die Männer nachgerannt sind. Obwohl ich ehrlich sagen muss, dass sie mir nur von der Seite gefallen hat. Aber der Finanzdirektor hat sie trotzdem genommen.«
    »Vielleicht hat sie ihm auch von vorn gefallen.«
    »Nein, ich hab gemeint: Trotz Kind hat er sie geheiratet.
    Und nach der Hochzeit hat sie zugegeben, dass das Kind gar nicht von mir war, sondern von einem Polizeischulkollegen. Der hat wahrscheinlich die Abtreibung auch bezahlt. Aber die Alimente nur ich, weil der Kollege ist noch vor der Geburt am Matterhorn abgestürzt.«
     
    Vierundsiebzig Stunden nach dem Verschwinden ihrer Tochter hat die Frau Doktor wegen dieser Bemerkung zu weinen angefangen. Der Brenner hat sich entschuldigt, dass er den Tod seines Kollegen erwähnt hat. Aber sie hat gesagt, es ist schon in Ordnung, sie ist einfach mit den Nerven fertig, und eigentlich muss sie sich entschuldigen, dass sie ihn mit der Geschichte behelligt hat. Und siehst du, das ist wieder eine Ähnlichkeit zwischen dem Arztberuf und dem Detektivberuf. Weil so wie es sich der Patient oft noch im Wartezimmer anders überlegt, und mein Zahn tut doch nicht weh, so hat die Mutter der Helena ihre Courage verloren und wollte vom Brenner keine Hilfe mehr, sondern ihn nur noch so schnell wie möglich loswerden.
     
    Dem Brenner hat sie jetzt so leid getan, dass er bis zu dem Moment, wo er ausgestiegen ist, überlegt hat, ob er ihr nicht gegen jede detektivische Vernunft verraten soll, dass der Knoll tot ist. Und siehst du, das war genau die falsche Frage. Weil er hätte sich lieber fragen sollen, warum ihre Stimmung so plötzlich umgeschlagen ist, warum sie ihm das Vertrauen wieder entzogen hat, wie er ihr die Geschichte aus der Polizeischule erzählt hat. Wenn er an diesem dünnen Faden gezogen hätte, wäre vermutlich die ganze Lösung nachgekommen, und fünf Leute hätten nicht sterben müssen.
     
    Aber vielleicht war

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