Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
gekommen. Th. B. überarbeitet das Manuskript in der Weise, daß er identifizierbare Personen unkenntlich macht und die betreffenden Aussagen verallgemeinert. Zu Entstehungsgeschichte und Überlieferungslage (inklusive der Frage, welche Änderungen Th. B. dann tatsächlich durchgeführt hat) von Alte Meister siehe Kommentar in Th. B.: Werke 8 , S. 197ff.
Ende April kommt Th. B. neuerlich nach Frankfurt, diesmal anläßlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Johann Wolfgang Goethe-Universität an S. U. Am Morgen nach der Feier treffen sich beide im Frankfurter Hof; in der Chronik heißt es unter dem Datum des 30. April 1985:
»[…], dann Gespräch mit Thomas Bernhard. Ich ringe ihm die Freigabe seiner Bücher für Österreich ab! Er vertraut mir an, wie ich die ganze Sache wieder ins Lot bringe. Wir müssen noch einmal über einige Punkte seines Textes sprechen. Der österreichische Bundeskanzler ist stumpfsinnig und blöd, das würde der sicherlich nicht unwidersprochen hinnehmen.«
[478; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉; Brief mit Foto von Burgel Zeeh, S. U. und Joachim Unseld in Venedig]
[Frankfurt am Main]
6. Februar 1985
Lieber Herr Bernhard,
da sind drei, die immer an den Sieg glaubten, 1 und dies schon am 29. September 1984 in Venedig, und die Ihnen am 6. Februar zum 9. Februar 1985 alles erdenklich Gute wünschen!
Siegfried Unseld
herzlich Ihr Joachim Unseld
und ebenso herzlich Ihre Burgel Zeeh
1 Am 6. Februar 1985 ruft Hans Perner S. U. an, um ihm mitzuteilen, daß Gerhard Lampersberg mit einer Zurückziehung seiner drei Klagen gegen Th. B. einverstanden ist. Unter demselben Datum schreibt Rechtsanwalt Perner an Th. B.: »Ich halte der Ordnung halber schriftlich fest, daß sich Herr Lampersberg nunmehr entschlossen hat, auch die beiden anderen Strafanträge gegen Sie zurückzunehmen. Dies veranlaßt mich dazu, dem Vermittler in dieser Angelegenheit, Herrn Rechtsanwalt Dr. Viktor Cerha, unter Bezugnahme auf meinen Brief vom 31. 1. 1985 zu bestätigen, daß nunmehr die Voraussetzungen für das Inkrafttreten der Vereinbarung zur Beendigung des Prozesses gegeben sind. Eine Fotokopie dieses Briefes übermittle ich Ihnen in der Beilage zu Ihrer Kenntnis. Ich betone in diesem Zusammenhang nochmals, daß die Beendigung der Rechtsstreitigkeiten ohne Aufsehen erfolgen soll und daß Sie insbesondere nicht verpflichtet sind, irgendwelche Erklärungen über Ihr Buch ›Holzfällen‹ oder dessen Inhalt anzugeben.« Im Brief von Hans Perner an Viktor Cerha heißt es u. a.: »Der von mir vertretene Thomas Bernhard und der gleichzeitig von mir vertretene Suhrkamp Verlag sind mit einer Beendigung der derzeit beim Landgericht für Strafsachen Wien anhängigen Prozesse […] in der Weise einverstanden, daß Herr Lampersberg die Strafanträge zurückzieht, wogegen von mir als Vertreter meiner Klienten die unwiderrufliche Erklärung abgegeben wird, keine Ansprüche gegen Herrn Lampersberg oder dritte Personen im Zusammenhang mit den Strafanträgen und den richterlichen Entscheidungen zu stellen, wenn die Rückziehung der Strafanträge spätestens am Beginn der Hauptverhandlung vom 8. 2. 1985 erfolgt und meinem Mandanten sämtliche Kosten laut beiliegender Honorarnote ersetzt werden. Ich betone in diesem Zusammenhang ausdrücklich, daß es für meine Klienten nicht von Belang ist, ob der Kostenersatz durch Herrn Lampersberg oder eine dritte Person erfolgt […], insbesondere sind meine Mandanten nicht in der Lage, Änderungen am Buch ›Holzfällen‹ vorzunehmen.« Zur Beilegung der gerichtlichen Auseinandersetzung um Holzfällen siehe ausführlich Th. B.: Werke 7 , S. 240.
[480]
Wien
14. Juli 85
Lieber Siegfried Unseld,
schade, dass Sie mir dieses »Einfach kompliziert« 1 nicht schon kommende Woche, wenn wir uns in Salzburg treffen, schwarz, weisse Schrift, übergeben können.
Auf Wiedersehn in der Höllenstadt
Thomas B.
1 Mit diesem Brief begleitet Th. B. die Sendung des Manuskripts dieses Theaterstücks an den Verlag. Auf dem Original des Briefs ist von dritter Hand der Titel des Theaterstücks unterstrichen, ein Strich in die untere Hälfte des Briefs mündet in ein Fragezeichen. In der Chronik findet sich unter dem Datum des 15. Juli der Eintrag:
»Bernhard ruft mich an, ob wir bemerkt haben, daß die ›Alten Meister‹ sein ›bestes Buch‹ seien.
Am Nachmittag trifft sein neues Stück ›Einfach kompliziert‹ ein. Ich lese es sofort und bin zum ersten
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