Der Briefwechsel
dann die beiden Zeilen »Eine Erzählung/Suhrkamp« in kleinerem Grad und die dritte Lösung: die beiden Zeilen »Eine Erzählung/Suhrkamp« im selben Grad wie Autor und Titel, jedoch drucken wir das in einem Grauton und drängen damit die Sache zurück. Im Druck würde die Zurückdrängung noch deutlicher herauskommen als jetzt in den geklebten Umschlägen. Ich appelliere hier an Deine Phantasie.
Wenn Du bei »Raumverbot« bleiben möchtest, so folgen
362 wir dem gerne. Du mußt Deinem Gefühl vertrauen. Hier im Hause (seit der Umschlag etwas kursiert) tauchen Assoziationen wie »Lokalverbot«, »Hausverbot« auf, aber, wie gesagt, folge Deinem Gefühl.
Herzliche Grüße
Dein
[Siegfried Unseld]
3 Anlagen 1
1
Die Anlagen sind nicht ermittelt.
[285]
[Berlin 1 ]
5. März 1979
Lieber Siegfried,
mir geht seit einigen Tagen ein Titel für die Geschichte im Kopf herum: »Das Zeitalter des Verschweigens«. Er würde die Zeit nach den Begebnissen bezeichnen, die ich erzähle.x Am Anfang heißt es ja auch einmal: »Komm herbei, Zeitalter des Verschweigens«. Und gegen Ende, als er in der Kirche ist, steht: »Er wurde von Unbekannten gegrüßt, und sie konnten sich voreinander verschweigen.« 2 Wenn das Buch so hiesse, wäre freilich das Wort »Erzählung« darunterzusetzen. Geh bitte ein bißchen mit diesen Wörtern umher (ich bin damit schon weit durch die Stadt gekommen). Und ich wünsche Dir eine schöne Zeit beim Schifahren. 3 Hier lese ich, schaue und bin manchmal in der Welt.
Herzlich,
Peter
x sozusagen das 4. Kapitel
1
363 P. H. lebte bei seinen Aufenthalten in Berlin zu dieser Zeit in der Wohnung von Libgart Schwarz.
2
Beide Sätze wurden in der Druckfassung gestrichen. Laut einer Telefonnotiz von S. U. (vom 20. März 1979) wünschte sich P. H. eine Umschlagabbildung für Das Zeitalter des Verschweigens : Paul Cézanne, L'homme aux bras croisés .
3
S. U. hielt sich zwischen dem 9. und 16. März 1979 in der Schweiz auf: In Zürich fand am 9. März im »Widder« (mit Max Frisch, E. Y. Meyer, Martin Walser und Burgel Zeeh) die Feier zum 65. Geburtstag von Helene Ritzerfeld statt; daran schloß sich ein Skiaufenthalt in St. Moritz an.
[286]
[Salzburg]
22. März 1979
Lieber Siegfried,
ich schicke Dir mehrere Seiten der Übersetzung des »Movie-Goer«. 1 Du brauchst sie ja nicht zu lesen, vielleicht erbarmen sich Frau Borchers oder Frau Dessauer, oder wer auch immer. Manchmal geht mir die sprachliche Flapsigkeit schon ans Herz, aber das ist wohl amerikanisch? Die Geschichte für sich ist schön (und manchmal sogar tief). Wenn nur die sprachliche Undeutlichkeit und Beliebigkeit nicht wären.
Ich werde alles tun, um am Ostermontagabend in Frankfurt zu sein, und freue mich schon darauf. 2 Ich möchte noch an 10-20 Sätzen etwas tun.
Herzlich,
Dein Peter
1
Walker Percy, Der Kinogeher . Deutsch von Peter Handke, erschien im Hauptprogramm des Suhrkamp Verlags; die Originalausgabe, The Moviegoer , wurde 1961 veröffentlicht. Siehe auch Briefe 305 und 317.
2
364 Unter dem Datum 14./15. April 1979 notierte S. U. in der Chronik : »Abermalige Lektüre von Peter Handkes Manuskript. Er ist nun mit dem Titel ›Raumverbot‹ nicht mehr glücklich und möchte auf den alten ›Ins tiefe Österreich‹ zurück. Er bat mich um Vorschläge für den Titel. – Avenue der Gegenwart – Wiederkehr – Spiegel der Welt – Sonnenaufgänge später – Das Gesetz. Dann fällt mir schließlich das Zitat aus dem ›Heinrich von Ofterdingen‹ ein. ›Wo gehn wir denn hin?‹ ›Immer nach Hause.‹ ›Immer nach Hause‹ wäre ein guter Titel.«
Unter dem Datum des 16. und 17. April 1979 notierte S. U. in der Chronik : »Am Nachmittag [des 16. April] kommt Peter Handke mit Amina. Er war in St. Moritz und flog im Privatflugzeug von Burda-Offenburg. Wir redeten freundlich, ruhig durch den Abend bis in die späte Nacht hinein, nichts vom Manuskript, dafür aber von dem Lang-Poem ›Heimat‹, das er für die ›es-Neue Folge‹ auf meinen Wunsch hin schreiben wird. Am frühen Vormittag dann ein intensives Gespräch über das Manuskript. Seine Zweifel, ob das Ganze nicht zu direkt sei, etwa im Kapitel ›Das Gesetz‹, seine Verzweiflung, weil er den Titel nicht findet. ›Immer nach Hause‹ leuchtet ihm ein, aber auch bei ihm sitzt im Hinterkopf, daß es diesen Titel vielleicht schon geben könnte. Dann regelt er in Kronberg und Bad Homburg seine Aufenthaltsbewilligung für die
Weitere Kostenlose Bücher