Der Briefwechsel
Bundesrepublik, sie ist jetzt für alle Zeiten – sie läuft nicht mehr ab. Im Verlag erhält er die Nachricht von Nicolas Borns schwerer Lungenkrebs-Erkrankung.«
Unter dem 6. Mai 1979 hielt S. U. in der Chronik fest: »Peter Handke ruft mich an. Er ist glücklich über den Titel ›Langsame Heimkehr‹!«
Unter dem 19. Mai 1979 berichtete S. U. in der Chronik über einen Aufenthalt von P. H. in Frankfurt: »Dann erzählte er von seinen Korrekturen [an Langsame Heimkehr ], die wichtig für ihn sind. Sie hätten nun das ganze Buch straffer gemacht. Die Religion und die Philosophie seines Buches seien ausgedrückt im Satz, den er neu eingefügt habe: ›Er erwartete inständig, aber auch wenn sich nichts ereignete, wäre es das Erwartete. So konnte er spielen, daß alles möglich sei, und aus einem sinnlos Lebendigsein wurde, wie aus dem Erdbeben, der menschliche Tanz, das Sinn-Spiel.‹«
Die Herstellung der Langsamen Heimkehr erfolgte unter starkem Zeitdruck, da zunächst ein Leseexemplar geplant war, ein
365 Vorhaben, das während der Produktion (am 26. Juni 1978) aufgegeben wurde (siehe Briefe 288, Anm. 1, und 329). P. H. korrigierte in den Fahnen (1. Lauf) und im Umbruch (2. Lauf) den Text im April und Mai 1979 weiter. An Elisabeth Borchers schrieb er am 9. Mai 1979: »Den ersten Teil [von Langsame Heimkehr ] habe ich kaum mehr angeschaut. Noch einmal intensiv durchgearbeitet habe ich den zweiten Teil, Das Raumverbot . Ich wußte tief, daß da drei schwache Stellen drin waren: der Anfang mit der Ankunft S.s [des »Helden« Sorgers] an der Westküste: vor allem seine Erstarrung; dann der Moment des ›Raumverbots‹, und schließlich die Rede des Helden an die Nachbarn. Ich habe den gesamten zweiten Teil noch einmal abgeschrieben und die drei Passagen noch einmal tief durchstrahlt. Sie sind kürzer geworden, andrerseits gibt es kleine Hinzufügungen. Wichtig sind auch die Umstellungen in diesem Kapitel, am Anfang und gegen Ende: da habe ich die Beschreibung des ›Erdbebenparks‹ und die Begegnung mit den zwei Frauen vor gezogen: sie ist nun das nächste nach dem Frühstück mit den Nachbarn; gleich nach seiner Ankunft geht er zum Park zeichnen, nicht erst in den letzten Tagen. Auch die Beschreibung seines Vorhabens ›Über Räume‹ ist jetzt umgestellt; sie steht vor dem Gang zum Erdbebenpark. Es ist wahrscheinlich, daß das zweite Kapitel also neu gesetzt werden muß. (Aber ich muß sagen, daß ich mir daraus kein Gewissen mache – da ich nun endlich die (notwendige) Qual dieser Geschichte – so ist es gewesen – abgetan zu haben glaube.) Eine vierte Änderung betrifft die vierte Schwachstelle, im 3. Teil, dem Gesetz : jene Passagen, da Sorger sich zum Coffee Shop bewegt und dann das Große Gesetz aufschreibt. Da habe ich zwei Seiten gestrafft – und ich meine, die Geschichte hat jetzt erst als Ganzes das leise Dröhnen. Ich habe also den Text vom 2. Teil bis zum Moment des ›Gesetzes‹ neu durchgeschrieben, dann wieder in den Fahnen korrigiert.« Das zweite und ein Teil des dritten Kapitels wurden im 2. Lauf neu gesetzt. Letzte Korrekturwünsche teilte P. H. dem Verlag am 16. Juni 1979 telefonisch mit.
366 [287; handschriftlich]
[Salzburg]
7. Juni 1979
Lieber Siegfried,
gestern habe ich einen schönen Tag unter anderem mit den Gedichten aus der »Bibliothek« zugebracht und war von dem Gedicht von Jesse Thoor ganz ergriffen (und auch von dem Photo des Mannes). 1
– Das nur so.
Peter
1
1979 erschien die Anthologie Poesie. Aus den Gedichtbüchern der Bibliothek Suhrkamp . Vorbemerkung von Siegfried Unseld. Mit zahlreichen Fotografien. Das Foto von Jesse Thoor findet sich auf S. 144, es folgen ein von S. U. verfaßtes Porträt des Autors (S. 145f.) und das Gedicht In einem Haus .
[288; handschriftlich; Ansichtskarte: »Gotische Madonna (15. Jahrh.) im Hochaltar der Frauenkirche zu Wasserburg am Inn«]
31. Juli 1979
Lieber Siegfried,
ich stehe auf der Innbrücke und probiere den »regenechten« Stift aus. (Es regnet.) Der Abend in Königstein sollte nicht ungültig werden. 1
Herzlich,
Dein Peter H.
1
Eine Begegnung zwischen P. H. und S. U. verzeichnet die Chronik fälschlicherweise für den 7. August 1979. Dem Treffen war am 19. Juli 1979 ein Telefonat zwischen beiden vorausgegangen,
367 dessen Inhalt S. U. in der Chronik beschreibt: »Unangenehmes Telefonat mit Peter Handke, das Auswirkungen haben kann. Er ist zurück von seinen Wanderzügen in
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