Der Briefwechsel
Holz des Seestegs aus der Ferne riechen. 4
Ich möchte bald mit Dir reden, in meiner (?!) Gegend. Auch hier walten, winken und wehen und warten Götter, bis ich mir in die Zunge beiße.
Ich hätte gern Band 651 der » BS «, Regina Ullmann. 5
Einen Handgriff auch für Ulla,
Dein Peter
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S. U. war vom 2.-28. Juli 1991 in der Kurklinik Buchinger in Überlingen. In der Chronik erwähnt er unter dem Datum des 25./26. Juli einen Brief an P. H.; der Brief hat sich nicht erhalten.
2
Léocadie Handke, die Tochter von Sophie Semin und P. H., wurde am 28. August 1991 geboren.
3
P. H., Die Stunde da wir nichts voneinander wußten. Ein früherer Titel des stummen Stücks lautete Simile modo. Die erste Niederschrift erfolgte zwischen dem 24. Juli 1991 und dem 6. August 1991 und umfaßt 31 Blatt. S. U. notierte in der Chronik unter dem Datum des 10. August 1991: »Nachmittags Lektüre des Stücks von Peter Handke. Das ist eine ungewöhnliche Sache. Kein Panegyrikon und keine Pantomime, keine Apokalypse und kein Welttheater, und doch kommt die biblische Welt mit Jonas und dem Wal, mit dem Leviathan, mit Abraham und Isaac vor. Die Welt der Tiere, die da überlebt, ist es die Welt der Wartenden, die im Kreise gehen? Greise und Neugeborene, Glück und Verhöhnung, ein stetiges kreuz-und-quer-Gehen, ›episodisch‹ werden immer wieder Vorgänge bezeichnet, also episodisch als zwischengeschaltetes, nebensächliches, vorübergehendes Ereignis, und doch ist alles in eine revolutionäre Bewegung zum Aufbruch einbezogen. Und am Schluß steht der vorderste Zuschauer auf, löst sich von seinem Sitz, ›gesellt sich zu dem Umzug‹ – und dann kommt auch noch der zweite Zuschauer, zunächst behindert von seiner Frau, und dann fädelt sich der dritte Zuschauer ein und ›mäandert, vollkommen selbstverständlich, mit in dem
589 unentwegten Zug‹. Ist das ein zweites ›Gedicht an die Dauer im Wechsel‹?«
4
Zwischen dem 17. und 20. August 1991 waren Ulla Berkéwicz und S. U. in Fuschl bei Salzburg.
5
Regina Ullmann, Ausgewählte Erzählungen . Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Friedhelm Kemp, erschien 1979.
[478; Anschrift: Chaville]
Frankfurt am Main
16. August 1991
Lieber Peter,
ich weiß nicht, ob Du die Leserbriefe an die » SDZ « erhalten hast, ich schicke sie Dir zu für den Fall, daß Du auf irgendeinen Einwand eingehen möchtest. 1
Schöne Grüße
[Siegfried Unseld]
Anlage 2
1
P. H., Abschied des Träumers vom Neunten Land , erschien zuerst in: Süddeutsche Zeitung , 27./28. Juli 1991.
2
Am 10./11. August 1991 erschienen in der Süddeutschen Zeitung als Reaktion auf den Text von P. H. drei Leserbriefe, in denen seine Haltung kritisiert wurde. Josef Hollerith, Mitglied des Deutschen Bundestags, warf P. H. »eine völlige Unkenntnis der jugoslawischen Geschichte« vor; der nächste Briefschreiber behauptete, daß P. H. »schrecklich schiefliegt«; der dritte Schreiber verlangte eine sofortige Anerkennung Sloweniens durch die Europäische Gemeinschaft.
590 [479; Anschrift: Chaville]
Frankfurt am Main
2. September 1991
Lieber Peter,
ich habe nach der glücklichen Nachricht vom 29. August, die den 28. August betraf, Dich nicht mehr erreichen können – aber inzwischen haben wir ja telefoniert. Ich freue mich, daß wir uns am Sonntag, den 15. September, in Paris sehen werden. 1
Ich möchte Dir die letzte Nummer der »Zeit« schicken mit unserer Anzeige, die ich besonders geglückt finde. Kein Wunder, bei dem »Versuch über den geglückten Tag«.
Und wahrscheinlich weißt Du es schon: Dein Buch ist die Nr. 1 der Bestenliste des Monats September. Wir werden das werbemäßig jetzt bis zur Buchmesse stark hervorstreichen. 2
Herzliche Grüße
Dein
[Siegfried Unseld]
Anlage
1
In der Chronik vermerkte S. U. unter dem Datum des 15. September 1991: »Es war ein sehr gutes Gespräch […]. Wir vereinbarten, daß er eine monatliche Zahlung von DM 12.000.– bekäme, dies auch, wenn sein Honorarstand es nicht zuließe. […] Als ich erwähnte, daß er mit seinem Slowenien-Text sehr allein dastehen würde, wurde er zornig und hielt mir eine lange Rede über Slowenien, Kroatien und die Serben. Über seinen 50. Geburtstag am 6. 12. 1992 gesprochen. Faksimile-Ausgabe der drei handschriftlichen Manuskripte der drei ›Versuche‹. Und wie freundlich sprach er über mein Goethe-Buch.«
2
P. H., Versuch über den geglückten Tag , erschien am 31. Juli 1991.
591
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