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Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
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fragte Handke, warum diese Aufführung nie für ein Fernsehen aufgezeichnet wurde. Gute Inszenierung, vier Stars, großes kritisches Echo, erst negativ, dann immer mehr zum Positiven sich wendend. Wieder wurde Jeanne Moreau böse, wieso ich jetzt auf diese Idee käme. Warum ich nicht früher nach Paris gekommen bin, jetzt sei eine Aufzeichnung nicht mehr möglich. Sie seien nur noch ein paar Tage zusammen, und danach hätte jeder der Beteiligten neue Filmverpflichtungen. Sie hätten versucht, eine eigene Produktionsgruppe aufzutreiben, aber das sei schließlich an den erforderlichen DM  30.000,– gescheitert. Wiederum wurde ich als der Schuldige für diese Situation angesehen und mußte meinen Kopf für ein ganz offensichtliches Versagen von Dr. Braun hinhalten. Dieser war vor Wochen in Paris. Die Aufführung gefiel ihm, aber eine Aufzeichnung für das deutsche Fernsehen bedachte er nicht. Überhaupt war der ›Ritt über den Bodensee‹ noch nicht im deutschen Fernsehen. Handke: Darum hat sich Braun nicht gekümmert. – Warum nicht? – Ach, es ist ja egal. Wir saßen noch lang nach Mitternacht da und dachten über den Zorn der Jeanne Moreau nach. […] Gesprächspunkte mit Handke: Ihm liegt unheimlich viel an der Verfilmung seines ›Wilhelm Meister‹-Drehbuches. Der Titel ›Falsche Bewegung‹ bleibt, ich konnte ihn zu keinem anderen überzeugen. Ein anderer Vorschlag wäre gewesen ›Der dritte Ort‹, und das gefiele mir
255 besser. Er wäre mit Romy Schneider jetzt einverstanden, aber er hält an Wim Wenders fest. Ich sagte ihm deutlich, daß ich den Film mit Wim Wenders nicht machen möchte, weil ich es ihm nicht zutraue, diesen Stoff wirklich interessant und eben nicht langweilig zu realisieren [siehe Brief 201].«
    [206]
    [Paris]
    16. April 1974
    Lieber Siegfried,
    danke für Deinen freundlichen, schönen Anruf gestern abend. Ich habe mich vor allem darüber gefreut, dass Du nun mit Hermann Lenz ernstlich was vorhast. Er braucht es, und verdient es.
    Hier in Paris gibt es einen Mann, mit dem ich sehr gut zurandekomme: Er hat für Bourgeois vor drei Jahren »Begrüßung des Aufsichtsrats« übersetzt, heisst Georges-Arthur Goldschmidt und hat in »Combat« einen wichtigen Artikel über »Der Ritt …« geschrieben. Er möchte, für 1975, für eine Taschenbuchreihe (»10/18«) meine langen Gedichte übersetzen (3) und noch die zwei letzten aus der »Innenwelt der Aussenwelt …« dazu, zweisprachig. Das wäre schon was sehr Erstrebenswertes. »10/18« wird von Christian Bourgeois geleitet, und Goldschmidt meinte, Du müsstest dafür Dein Einverständnis erklären. Seine Adresse ist: 268, rue de Belleville, Paris 20. Er ist ausserdem ein guter Schriftsteller, eifrig, cholerisch, mit tiefer Empfindung. Überleg es mal. Mich würde es schon freuen, wenn das ginge. 1
    Viele Grüsse
    Dein Peter
    1
256 P. H., Le non-sens et le bonheur. Poèmes . Übersetzt und mit einem Nachwort von Georges-Arthur Goldschmidt, erschien 1975 im Verlag Christian Bourgeois, Paris, in der Taschenbuchreihe 10/18 . Der Band enthält die Gedichte Leben ohne Poesie, Blaues Gedicht und Die Sinnlosigkeit und das Glück (aus: Als das Wünschen noch geholfen hat ) sowie Die neuen Erfahrungen, Unterscheidungen, Der trauernd Hinterbliebene auf dem Hügel (aus: Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt ).
    [207; Anschrift: Paris]
    Frankfurt am Main
    19. April 1974
    Lieber Peter,
    immer wenn es brenzlig wird oder gar brennt – und leider nicht vorher –, kommt man zum Verleger als zu einem Feuerwehrmann, der da löschen soll. So Frau Starostka mit ihrem Brief an Dich; die Form dieses Briefes ist ziemlich unmöglich, ich verstehe auch nicht, warum Frau Starostka diesen Brief geschrieben hat, das ist ja die Aufgabe meines Sekretariats hier. Bitte entschuldige die doch etwas abrupte Formulierung. 1
    Nun zur Sache: »Spectaculum« erschien früher in einer Auflage von 30, maximal 40.000 Exemplaren, ein »Spectaculum« brachte es auf 50.000; damals haben wir Honorare gezahlt, die zwischen DM  2.000,– und DM  3.000,– betrugen. Immer hatten wir Schwierigkeiten bei der Errechnung des Honorars, denn kann man ein kürzeres Stück anders bewerten als ein längeres, Beckett anders als Brecht? Auf Vorschlag von Autoren – meiner Ansicht nach war hier Kroetz federführend – einigte man sich darauf, daß man doch mechanisch nach dem Umfang vorgehen sollte; seitdem, das ist etwa seit zwei Jahren, rechnen wir so ab: pro

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