Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Brombeerpirat

Der Brombeerpirat

Titel: Der Brombeerpirat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
Vom Netzwerk:
ausgerechnet Leefke Konstantin erwischt hatte. Ihm war nicht wohl. Hätte er sie gestern nicht fortgeschickt … Es war müßig, darüber nachzusinnen.
    Er stellte ausnahmsweise das Kassettendeck aus, in dem sonst aus Werbegründen den ganzen Tag die »Piraten« liefen. Er hatte auf diesem Wege bereits zweiunddreißig CDs verkauft, an Gäste, Tagestouristen und Einheimische.
    Doch nun suchte er den »Sturmwellensender«. Norderneyer Musik, Norderneyer Moderatoren, Norderneyer Nachrichten. Remmer kam nicht von der Insel, und manchmal nervten die Insulaner ihn mit ihrem ewigen Großstadtgetue, aber der SWS war o kay, sie spielten auch mindestens dreimal am Tag »Watt’n Meer« und manchmal »Inselkind« .
    Jetzt waren gerade die Döntje Singers an der Reihe: »Dat Fahrodleed«! Remmer brummte mit, er konnte nicht singen. Dafür gab es Typen wie Jasper.
    Der folgende Bericht drehte sich um die Sache mit der Diskothek. Mal wieder, ein Dauerthema auf Norderney, und ein umstrittenes dazu. Keine Disco für die Inselkinder. Zu laut, zu teuer und zu … Remmer hörte weg. Es interessierte ihn nicht. Es war ein leidiges Thema.
    Er fuhr mit dem Wagen direkt an die Klinik. Als Taxifahrer hatte er dieses Privileg. Nur Anwohner und der Lieferverkehr durften in der Hochsaison diese Straßen hier befahren. Das war auch gut so, denn wenn all die Touristen in ihren mitgebrachten Karossen hier herumbummeln würden, nur um mal nachzusehen, ob was los war, dann wäre diese Insel bereits im Verkehrsstau erstickt. Es war schlimm genug, dass er im Schritttempo hinter den breiten, albernen Viersitz-Tretvehikeln der Fahrradvermietungen hertrödeln musste. Manchmal sehnte er sich nach einer freien Autobahn und Tempo hundertsechzig.
    Sein nächster Fahrgast stand bereits vor der gläsernen Tür. Die sinnliche, weiß gekleidete Gestalt spiegelte sich in der getönten Scheibe, und Remmers Herz schlug mit einem Mal ein paar Takte schneller. Hatte sie mit Absicht ihn kommen lassen? Hatte sie ganz gezielt nach der Taxe Nummer sieben gefragt? Oder war ihm der Zufall heute freundlich gesinnt? Sie war doch noch nie zu ihm in den Wagen gestiegen.
    Er bremste langsam ab, als eine Gruppe Kurgäste in bunten Bermudashorts die Straße überquerte, ohne nach links oder rechts zu schauen. Und er ließ sie dabei nicht aus den Augen. Ihr schwarzes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, es erinnerte ihn an blank poliertes, duftiges Leder, weil es so schwer und glatt, aber doch so geschmeidig war … Eigentlich war er kein Schwärmer und erst recht kein Dichter, wirklich nicht, aber für diese Frau würde er gern einmal ein Lied schreiben. »Gefühlsduselei« könnte es heißen, er würde Wörter wie »Meeresmädchen« und »Muschelgedanken« verwenden, aber was reimte sich auf Rika? Er konnte Jasper nicht verstehen. Hatte sie ihn denn nie inspiriert? Jasper war in vielen Dingen ein Spinner, ein Filou, oft auch ein Lügner, aber seine Texte waren ehrlich, grundehrlich, melodisch und geladen mit Gefühl. Er schrieb »Inselkind« für eine kranke, blasse Lolita, die sich anschließend zu Tode stürzte. Doch für diese lebendige, immer wieder aufregende Frau an seiner Seite hatte er noch keine Zeile zustande gebracht. Es war wirklich schade um das ungeschriebene Lied.
    Dann hielt er an, sie sah ihn erst in diesem Moment, und Remmer hätte zu gern gewusst, welchen Gedanken sie nachgehangen hatte. Sie öffnete die Beifahrertür und lächelte.
    »Remmer, wie schön, ich bin noch nie mit dir gefahren.«
    »Ja? Kann sein. Irgendwann ist es immer das erste Mal. Du fährst ja auch nie mit der Taxe.« Remmer konnte sich selbst nicht leiden, wenn er so war wie jetzt. Immer, wenn er jemanden besonders mochte, kam diese verklemmte Griesgrämigkeit bei ihm durch, er konnte machen, was er wollte. In diesen Momenten war er sich seiner juckenden Haut schonungslos bewusst, und das verunsicherte ihn. Er war eben weder ein Dichter noch ein Charmeur. Er war das genaue Gegenteil von Jasper.
    Er fuhr nicht los. Es war so ungewöhnlich, sie hier neben sich sitzen zu haben. »Wo willst du denn ü berhaupt hin?«
    »Nach Hause. Ich habe mir den Rücken verrenkt. Muss mich wohl verhoben haben, das passiert in meinem Job nun mal. Aber heute ist es so schlimm, dass ich das Rad lieber hier stehen lasse.«
    »Hmm«, brummte Remmer. »Als ich heute Morgen nach Jasper gefragt habe, bist du aber auch schon etwas langsam aus dem Quark gekommen.«
    Sie schaute ihn von der Seite an. »Fährst du

Weitere Kostenlose Bücher