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Der Brombeerpirat

Der Brombeerpirat

Titel: Der Brombeerpirat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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es das, was ich denke?«, fragte Wencke. Sie beugte sich hinunter und füllte die zur Schale geformten Hände mit funkelndem Wasser.
    Manchmal wünschte Remmer sich, er könnte es auch noch einmal zum ersten Mal sehen. Obwohl es immer wieder überwältigend war. Er würde jedoch nie vergessen, wie er als kleiner Junge wegen seines Hautausschlages zum ersten Mal auf die Insel gekommen war und sie dann mit der Kinderklinik eine Nachtwanderung im Meeresleuchten unternommen hatten. Vielleicht war es schon damals gewesen, dass er sich für ein Leben auf Norderney entschieden hatte.
    Sie waren nackt in die Fluten gesprungen und waren mit offenen Augen getaucht, was zwar höllisch brannte, wobei aber alles aussah wie der Vorspann von Raumschiff Enterprise: Tausend flüchtige Lichter peitschten in der Dunkelheit an ihm vorbei, und er fühlte sich so schwerelos und überwältigt, als begegnete er neuen Welten, die nie zuvor ein Mensch gesehen hatte. Der kleine Remmer war der Letzte gewesen, der den Heimweg angetreten hatte.
    Rika tanzte am Spülsaum und freute sich wie ein Kind über die glühenden Ovale, die ihre Schritte im Sand hinterließen. »Es ist so toll, es ist so toll!«, kreischte sie, vielleicht ein wenig zu laut, aber so war sie nun mal.
    Er ging ein paar Schritte weiter und setzte sich auf einen Steinwall, der ins Meer hineinragte und an dessen Rand sich die Gischt wie ein kleines Feuerwerk entlud. Er beobachtete Wencke, die sich langsam, fast wie in Trance, die Kleidung ablegte und dann ins Meer schritt, Stück für Stück, bis sie einen Satz nach vorn wagte und mit dem ganzen Körper im Wasser verschwand.
    Remmer machte sich Sorgen, sie war noch betrunken, es war ablaufend Wasser und er wusste nicht, wie gut sie schwimmen konnte. Also behielt er sie im Auge, auch wenn er viel lieber Rika beim Herumtollen zugesehen hätte. Doch Wencke schien wieder nüchtern zu sein, sie schwamm in geraden Bahnen parallel zur Wasserkante, und als sie an die Buhne gelangte, auf der er saß, hob sie den Arm aus dem Wasser und winkte ihm zu, so als wäre sie sich seiner Gedanken bewusst.
    Schließlich kam sie wieder an Land und zog sich das T-Shirt über den nassen Kopf. Sie rannte auf ihn zu.
    »Darf ich mich setzen?«
    »Klar«, er rückte ein Stück zur Seite. Sie war ihm ein wenig zu nackt.
    »Pass auf, ich denke, ich bin jetzt wieder bei klarem Verstand. Die Sache mit Jasper, die du vorhin in der Kneipe angesprochen hast, die sehe ich ganz genau so.«
    Er schaute sie von der Seite an. Sie hatte ihr Shirt über die angewinkelten Beine gezogen und blickte ernst auf den Horizont.
    »Du meinst auch, wir sollten ihn suchen?«
    Sie nickte. »Erstens habe ich es meiner besorgten Mutter versprochen, und zweitens kommt es mir auch reichlich zufällig vor, dass Jaspers Verschwinden und der Tod von Leefke Konstantin ausgerechnet in dieselbe Nacht fallen. Ich habe nur ein Problem.«
    Sie sah ihn direkt an.
    »Ich muss verdammt vorsichtig sein, wenn ich Nachforschungen anstelle, weil ich absolut nicht die Befugnis dazu habe. Und mein Kollege Sanders, der im Fall Leefke Konstantin ermittelt, wartet nur darauf, mir eins überzubraten.«
    »Du meinst, wir sollen dir helfen?«
    »Nein, nicht ihr, sondern du. Denn wenn ich ehrlich bin, habe ich das Gefühl, Rika ist nicht ganz aufrichtig, was die Sache mit Jasper angeht. Sie verschweigt etwas, und sie manipuliert ein wenig. Ich weiß ja nicht, wie eng du mit ihr befreundet bist, und es kann auch sein, dass ich mich täusche, aber bislang hat mich mein Bauchgefühl fast nie getrogen.«
    »Und dein Bauchgefühl sagt dir jetzt, dass ausgerechnet ich dir helfen kann?«
    »Ja«, sagte sie nur.
    Er überlegte. Die Situation war verdreht, war nicht wirklich fassbar in diesem Moment. Er war kein Detektiv, er fühlte sich viel zu träge und schwerfällig, um Dingen auf den Grund zu gehen, die ihn eigentlich nichts angingen. Zudem war es ausgerechnet Rika, der er auf die Schliche kommen sollte. Er traute ihr nicht zu, dass sie, wie Wencke es ausdrückte, zu manipulieren versuchte. Er ahnte, dass diese Sache für ihn ungemütlich werden konnte, und er hasste es, unbequem zu sein.
    Trotz allem war es ein verlockender Gedanke. Etwas anderes als Taxifahren, etwas anderes als Bassspielen, etwas anderes, als ständig an Rika zu denken.
    »Geht in Ordnung. Ich rufe dich morgen an.«
    Sie lächelte. »Also, in einem hatte Rika wirklich Recht.«
    »Ja?«
    »Du bist ein netter Kerl!«

14.
    Jasper hatte sich

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