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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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ins Wasser gleiten und holte Luft. Unter einem Stück Segel, das flach im Wasser lag, schlug jemand wild um sich; Karidon tauchte, packte einen Fuß und zerrte Saigoos ein paar Handbreit unter Wasser und unter dem Segel hervor. Er schleppte ihn zum Boot und half dem keuchenden, kreideweißen Ruderer über die Bordwand. Als er sich umdrehte, sah er eine Messerklinge, die durch den Stoff sägte. Sagarqa und Idris tauchten wie trockene Holzstücke bis zur Brust aus dem Wasser auf, holten würgend und hustend Luft und krochen über die Trümmer ins freie Wasser.
    »Ich hab Idris im Boot!« Jehoumilqs Stimme dröhnte. »Die Beutel, Kari!«
    Etwa drei Dutzend kleiner Boote bildeten einen unregelmäßigen Kreis um die Trümmermasse, die langsam auf den Kai zutrieb. Teile der Ladung schlugen gegen die Quadern und wurden an den Strand gespült. Überall fischten Männer und Frauen Planken, Ballen oder Krüge aus dem Wasser. Kinder halfen kreischend und lachend. Kadran, die Finger in die Verschnürung eines Ballens Binsenblätter gehakt, trieb vorbei und fluchte laut vor sich hin.
    »Helft mir«, sagte Karidon zu den Fischern. »Zwei Boote. Wir ziehen die Trümmer zum Strand.«
    »Viel Glück habt ihr gehabt. Mitten im Hafen!«
    »Über Glück reden wir später.« Karidon dachte an die Beutel voller Goldkörner. Sie lagen, wenn die Truhe zerbrochen war, im Hafengrund. Ptah und er packten die dicksten Taue im Wasser und zerrten, während die Fischer und Mlaisso an den Riemen schufteten, einen Teil der schwimmenden Reste zum sandigen Teil der Bucht, dorthin, wo Jehoumilq herauswatete und sich umsah, als suche er einen Schuldigen zum Verprügeln. Er blieb in der Mitte des Strandes stehen und brüllte:
    »Leute von Gubla! Bringt die Beweise für meinen Ruin hierher! Ich bitt euch!«
    Männer umringten ihn. Karidon sprang aus dem Boot und stemmte sich ins Tau. Alle Männer und Ti-Senbi hatten überlebt; er zwinkerte Salzwasser aus den Augen und versuchte, seine Gedanken zu sammeln. Vielleicht wäre die Horus erst nach dem Anlegen am Hafenbecken auseinandergebrochen, wenn ... Er spuckte aus, stapfte aufs Trockene und blieb neben Jehoumilq stehen.
    »Wir haben überlebt, Jossel«, sagte er leise. »Mit den Trümmern der Horus können sie hier viel Sud kochen.«
    »Eine Menge gutes Holz. Oder zumindest brauchbares. Ich verkauf's an Mulkar oder Sibon ...«
    Karidon ließ die Schultern hängen. »Wir müssen die Trümmer auseinanderziehen. Vielleicht schwimmt die Truhe mit dem Gold noch.«
    »Ihr bleibt hier und sortiert die Splitter. Ich geh zu Sibon und besorg Schlafstellen und alles andere. Wenn das Gold unten ist« – der Kapitän breitete hilflos die Arme aus – »such ein paar zuverlässige Fischer. Mit Netzen oder so ähnlich. Oder ihr taucht mit einem schweren Stein.«
    »Verlass dich auf uns«, sagte Karidon. »Sag deinen Gublafreunden, sie sollen das Zeug hierher bringen.«
    »Tun sie schon.«
    Jehoumilq stapfte zur Werft. Karidons Blick folgte ihm. Zwischen den Hallen und Gerüsten der Schiffswerft sah er ein neues Schiff auf einem Balkengerüst, an das sich lange Bohlen bis zum Wasser anschlossen. Der Mast war noch nicht eingesetzt und ragte schräg in die Luft, am Bug prangte ein großes, farbiges Auge mit blauem Mittelpunkt. Karidon seufzte und ging auf die Trümmer zu, die sich langsam hoben und senkten. Die Sonne nach dem Gewitter stach und brannte; über der Bucht spannte sich leuchtend ein Regenbogen.

    »Hoffentlich finden wir einen Zeugen, der Ikhernofret gegenüber beschwört, wie die Horus geendet hat. Ein wenig rühmliches Ende für unser Herbstschiff.« Ptah saß auf einer Truhe, deren Holz knisternd trocknete. Kinder und Werftsklaven hackten und sägten die Planken auseinander und schichteten sie zu einem Haufen. Mehr als hundert unversehrte Krüge standen und lagen im rötlichen Sand. Holx-Amr und Mlaisso lasen die Beschriftung und stellten sie zu Gruppen zusammen. Ti-Senbi und Jehoumilq suchten in der Stadt nach Quartier und jemandem, der Decken, Tücher und Mäntel wusch und ausbesserte. Das Hafenbecken war leer bis auf drei Fischer, die ein paar Reste bargen, bevor sie die Strömung aus dem Hafenbecken spülen konnte.
    »Dieses Flechtwerk nicht wegwerfen. Brauchen wir fürs neue Schiff!« Karidon betrachtete den wachsenden Haufen grauer Trümmer und Decksteile. »Nun ist es endgültig ein Winterschiff. Gut für viele Kamine.«
    »Herbstschiff, Winterschiff – neues Schiff.« Ptah zuckte mit den Schultern.

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