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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Teiche und Kanäle, brauner Felder, von Palmenhainen, Grabmälern und Schilf, Hügeln und Mauern löste, vom graubraunen Schlamm, der in die trocknenden Böden einsickerte, winkte Holx-Amr. Er stand neben dem Lotsen im Bug der Morgenröte , die als drittes Schiff der weit auseinandergezogenen Flotte fuhr. Hunderte Riemenblätter hoben und senkten sich im Takt, das Volk schwenkte Kopftücher und Erdhacken. Schilfboote wurden zwischen den Schiffen umhergepaddelt, brachten und holten Botschaften. Zum ersten Mal, seit Karidon die instand gesetzte und geschmückte Sachmets Kraft von Chakauras Vater betreten hatte, richtete der Goldhorus eine Frage an ihn.
    »Du bist häufiger und langsamer als ich an diesen Ufern entlanggefahren. Kannst du Unterschiede erkennen, Karidon?«
    »Die Menschen haben stets gearbeitet. Gewinkt und gejubelt haben nur wenige. Sie winken dir zu, dem Herrscher beider Lande, des Landes der Binse und das der Biene.«
    »Vielleicht jubeln sie auch, weil sie wissen, dass bald alle Gesetze wieder für alle Menschen gelten werden.« Chakauras Stimme war dunkler und rauer geworden, seine Gesten knapper und herrischer. Er saß im Schatten des Deckshauses, zu seinen Füßen eine seiner Kleinen Königinnen; Karidon lehnte, vier Schritt entfernt, gegen die hölzerne Verstrebung. »Es sind Millionen. Die Götter haben mir ihr Schicksal anvertraut. Junge und alte, kluge, dumme, gesunde und viele kranke Rômet: Fieber, Schlammkrankheit, eiternde Kiefer, Sumpfblindheit, Todeshusten. Der Goldhorus kann sie nicht heilen. Ihre Arbeit ernährt uns alle. Tempel, das Per-Ao, Priester, Soldaten, Baumeister und Handwerker – hab ich euch schon für die Schmiede und Bronzegießer gedankt?«
    »Durch Ikhernofrets Boten«, sagte Karidon. »Kapitän Jehoumilq bittet dich, ihm zwei gute Maler mitzugeben, für sein feines Haus in Kefti. Wir bringen sie zurück, wenn wir deine Soldaten und die Beute abholen.«
    »Er soll sie haben. Sorgt gut für sie.« Chakaura deutete auf den Schreiber, der auf einen schmalen Shafadustreifen schrieb, und sah seufzend zu, wie das schattendurchfurchte Gewirr aus Tempelsäulen und Mauern hinter einem Sykomorenwald verschwand. Seine Hand spielte mit der Brust der jungen Frau, die an seinem Knie lehnte, die Hände im Schoss, die Augen geschlossen. Der Goldhorus atmete tief, schien seine Ringe zu betrachten und ballte die Finger zur Faust; sie waren kurz, muskulös, mit runden Nägeln.
    »Die Länder sind wieder vereint, aber Itch-Taui verwaltet noch immer nicht alles; nur wenig Kupfer und Edelsteine kommen aus den Bergwerken. Meine Soldaten kämpfen mit besseren Waffen. Die Nehesi werden ihre eigenen Anführer verfluchen. Wie kommt es, dass ihr das meiste Nechoschet, immer zum besten Preis, ins Land bringt?«
    »Aus zwei Gründen, Goldhorus.« Karidon hielt sich fest, als plötzlich die Riemen heftig eingesetzt wurden und das Schiff in eine Stromkrümmung einbog. »Die Binsenmark-Schreibblätter und die dünnen Tücher sind ebenso begehrt und teuer wie vieles andere aus den Werkstätten deiner Handwerker und Künstler. Wir sind die besseren Händler.« Er lachte kurz. »Und die schnelleren. Wenn ich erst einmal weiß, woher das Anna-Metall kommt, wird das Land Tameri unabhängig sein vom fremden Kupfer und Nechoschet.«
    »Vielleicht lassen die Götter uns dies schon bald erleben. Sag: Wenn ich die Nehesi endgültig besiegt habe – wirst du noch einmal eine Flotte nach Punt führen?«
    »Das solltest du in ein paar Jahren fragen, o Goldhorus.«
    »Es wird nichts vergessen. Ich frage dich; später.«
    Die Schiffe waren überladen mit Soldaten und deren Ausrüstung. Siebzig Männer drängten sich auf der Morgenröte zusammen und lösten einander beim Rudern ab, ihre Ausrüstung füllte den Schiffsbauch. Hinter der Flotte schleppten sich Lastschiffe voller Esel, mit deren Futter, Bauholz, Saatgut, ledernen Zeltdächern, Mehl, Schrot und unzähligen Krügen voll Bier. Die Flotte legte jeden Abend an; die nächste Siedlung versorgte die Männer mit Essen und allem, was sie brauchten. Wenn bei Sonnenaufgang die Schiffe gegen die Strömung segelten, folgten ihnen zusätzliche Truppen mit Booten und Schiffen: so ging es seit zwölf Tagen. Im Gewirr der Schiffe schoss Sokar-Nachtmins Schnellruderer hin und her. Karidon hatte es lang genug beobachtet: der Heerführer schien weder Müdigkeit noch Schlaf zu kennen und regelte jede Einzelheit.
    »Wenn ihr meine Soldaten abgesetzt habt ...?«
    Chakaura

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