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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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gesehen. Hier wird Chakaura unter dem Namen Chesef-Iunu, also: ›die Erdhöhlenbewohner werden erschlagen‹, eine Inselfestung errichten lassen. Schließlich, um die zweite Stromschnelle herum, auf dem Granit der Barriere, sollen zwei Festungen im Westen und eine im Osten entstehen; wir kennen die Ruinen. Der erste Amenemhet hat mit dem Bau angefangen. Dass sie verfallen sind, weißt du so gut wie Ptah-Netjerimaat.«
    »Das sind elf«, sagte Karidon. »Wo soll die zwölfte gebaut werden?«
    »Wahrscheinlich auf der Insel nördlich von Chesef-Iunu.« Nachtmin gähnte und kratzte sich unter der Perücke. »Das hat Chakaura noch nicht entschieden, Kari.«
    »Wir wollen ablegen, Nachtmin. Weißt du schon, welche Soldaten auf unser Schiff gehen?«
    »Ja. Ich bitte dich: nimm unsere Verwundeten mit. Ein paar Ärzte kümmern sich um die Männer. Bringt sie nach Itch-Taui. Heute schafft man sie zum Schiff, ja? Ich bleibe hier.«
    »Einverstanden. Wenn Friede herrscht, werden wir uns öfter treffen können als bisher, Nachtmin. Wir handeln mit Bronze, bis ich reich genug bin und die Zinnhäfen suchen kann.«
    Sokar-Nachtmin stützte sich auf die Kampfaxt, als er aufstand und seinen Arm schwer auf Karidons Schulter legte. Er gähnte wieder. Sein Gesicht war grau und verfallen. Scharfe Kerben kreuzten die Narben.
    »Also wieder auf Bronzekurs. Ich werde dir Briefe senden; nach Men-nefer, Pa-Beseth und Gubla. Viele Grüße an Ptah-Netji. Auch unser Priesterlein schreibt Briefe; so erfährst du, wie Chakaura die Länder regiert. Und vielleicht auch etwas von Tama-Hathor-Merit; so halten wir's, beim Zorn Sachmets.«
    »So halten wir's, Nachtmin.«
    Sie umarmten sich; vorsichtig klopfte Karidon auf Nachtmins Schultern. Der Feldherr blinzelte. Tränen der Müdigkeit liefen aus den Augenwinkeln. Er hob die Hand bis in Schulterhöhe und versuchte ein Lächeln, als sich Karidon auf dem Treidelpfad zum Hafenkai umdrehte und winkte.
    Am nächsten Morgen waren die Mannschaft, die Verwundeten, einige Ärzte und Dienerinnen Nefer-Herenptahs und die Ladung vollzählig an Bord: die Auge der Morgenröte stieß ab und wurde in die Strömung gerudert. Zwei Zehntage später legten sie, nachdem Mlaisso sich zu Parennefers Häuschen übersetzen ließ, wieder in Itch-Taui an.

    Von Itch-Taui durch die Schleusen, hapiabwärts nach Men-nefer, mit vollem Laderaum ins fruchtbare Dreieck, im stürmischen Dardan und mit Fafana ufernah nach Uschu, von Gubla nach Alashia und, gegen Fafana, im Rücken einen kühlen Ajach, nach Gnos auf Kefti: feinstes Rômetleinen und Binsenmarkblätter verwandelten sich in Nechoschet und Anna-Metall, Kupferbarren vom Hapi wurden zu Olivenöl, zu Schmirgelstein und Zedernöl. Truhen und Sessel aus Flechtwerk, Holz und Leder schleppte das rechtschaffene Dutzend zu Jehoumilqs Haus; Khenso und Ptah-Netjerimaat liefen ihnen entgegen. Die Räume strahlten weiß, sonnendurchflutet; jede Handbreit der Decken- und Wandmalerei, meisterlich ausgeführt, zeigte die schönsten Einzelheiten der unterschiedlichen Kunst von Kefti und dem Hapiland. Jehoumilq war begeistert; er wanderte durch die Räume, bewunderte die schweren Vorhänge aus keftischem Wollgewebe und sagte, den Arm um die Schulter des Künstlers: »Dafür habt ihr, Meister vortrefflicher Farben und Gestalten, die angenehmste Fahrt nach Men-nefer verdient.« Er strahlte Karidon und Ptah an. »Ganz zu schweigen von einem Lohn, der des Goldhorus würdig ist.«
    Nur die Mannschaft der Morgenröte kannte das Versteck der sechs großen Sternenerzbrocken; das kleinste Bruchstück nahmen sie mit nach Arni.

19. Schmied des Himmelsmetalls

    Unter Karidons Sohlen schienen die Planken zu glühen, obwohl eine kräftige, kühle Fafana das Segel prall blies: die Morgenröte näherte sich, von Gnos her, der Bucht von Arni. Karidon lehnte im halben Schatten am Mast und hatte die Ecken des Schreibblatts mit Wachs am Brett festgeklebt. Choyak, der vierte Monat in der Rechnung der Rômet, oder Meimak, der neunte im Kefti-Jahr, verwöhnte die Seeleute mit Hitze, gutem Wind und erträglich hohen Wellen. Die Rômetmaler dösten im Bug, ihre Gehilfen schliefen unter Deck. Jehoumilq stand neben Holx am Ruder und redete laut, mit langen Pausen, Ptah und Khenso lehnten an der Heckbordwand und hörten zu. Die Körper waren einige Atemzüge lang durch die Schatten längsgeteilt; als das Schiff sich nach Steuerbord bewegte, glitten die Schatten wie die einer Sonnenuhr über die ausgebleichten

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