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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Planken.
    »... Kupfer«, verstand Karidon. »Metall, das an vielen Stellen in großen Mengen gefunden wird. Natürlich ist ein Bergwerk eine üble Schinderei; die Schmelzen sind noch grässlicher. Wir kennen die Bergwerke im Land Sekmem, bei Buhen ein drittes, zwei Fundstellen südlich von Suenet und zwei östlich von No-Amûn und Necheb; dazu kommt das keftische Kupfer. Dass einzelne Händler Kupfer von weither auf die Hafenmärkte bringen, ist bekannt, aber woher sie's haben, wissen wir nicht.«
    Der Kapitän, dessen sechstes Jahrzehnt sich füllte, hielt die Pinne noch immer mit einer Hand. Sein Bart war ebenso grauweiß wie sein Haar; nur die dicken Brauen waren schwarz geblieben. Jehoumilq war schlanker, auch seine Kraft reichte nicht mehr, einen Tag und eine Nacht lang ununterbrochen am Ruder zu stehen. Er sah Khenso an, blickte ins Segel, prüfte die Heckspur und kniff die Lider zusammen; schräg an Steuerbord musste Kap Flar aus der Sonnenglast auftauchen. Khenso winkte lachend zum Rudel der Delfine hinüber, die neugierig das Schiff umkreisten, tauchten und hoch aus dem Wasser sprangen. Sie zeigte auf Karidon und Ptah und sagte:
    »Nechoschet oder Nehosset, Bronze also, und das Eisen von den Sternen – kann es die Macht des Großen Hauses ändern?«
    »Entscheidend«, sagte Ptah. »Bis Chakaura sein Heer mit eisernen Dolchen und Pfeilspitzen ausrüstet, die Bronzehelme durchschlagen, wird's noch lange dauern. Ob Pachos das Himmelsmetall richtig bearbeiten kann, werden wir herausfinden müssen.« Er runzelte die Stirn und hob den Zeigefinger. »Jetzt fällt's mir wieder ein. Ein Priester hat's mir gesagt: Baâ-Enepe, so heißt dieses Metall. Das Wort wissen nur wenige am Hapi. Woher auch.«
    »Ich kann nicht glauben, dass Pachos es schafft«, sagte Jehoumilq.
    Ptah legte den Arm um Khensos Schultern; ihr schwarzes Haar, in den sieben Monden auf Kefti lang gewachsen, flatterte im Wind; die Mondgleiche war eine schöne, schlanke Frau, liebenswürdig, einfach und natürlich, deren Gegenwart jedermann erfreute. Die Ruderer hatten auf beiden Fahrten nichts gegen ihre Anwesenheit an Bord gehabt.
    Karidon senkte den Kopf, lauschte den vertrauten Geräuschen des Schiffes und der Wellen und rechnete weiter: wenn Fürst Pachos, seine Schmiede und Metallgießer mehr als ihre Kunst verstanden, würde das Eisen die Männer reich machen. Er hörte mit halbem Ohr zu, wie Ptah, Holx und Jehoumilq über Eisen und Zinn sprachen; was würde geredet werden, wenn Jehou das Ruder in Karidons Hände übergab? Ptah, der Zuverlässige, und Holx, Fürst der Übelkeiten, Mlaisso? Würden sie mit Karidon auf die Suche nach den Zinnhäfen gehen? Ein Schweißtropfen fiel auf das Schreibblatt. Er wischte ihn weg, seufzte und rechnete weiter: schon jetzt würde keiner in Armut verkommen.
    »Kap Flar voraus!«, rief Larreto. »Wir schaffen's noch bei Sonnenlicht, Käpten!«
    »Diesmal haben wir's nicht eilig. Im Choyak kommen wir im Hochwasser ohnehin nicht nach Men-nefer hinauf!«
    Jehoumilq hob die Hand und versuchte, Holx und Khenso zu erklären, was er über das Schmelzen und Schmieden von Eisen wusste; es waren hundert Einzelheiten, von hundert Aufschneidern oder solchen, die es wirklich wussten, in hundert Hafenschenken erzählt. Vom Kap her glitten Möwen auf das Schiff zu und schrien wie greinende Kinder.

    Die Auge der Morgenröte lag ruhig, mit leise knirschenden Prallsäcken, am gepflasterten Hafenkai, neben drei Handelsseglern. Nachdem Karidon bei Wirt Masû für Essen und Nachtlager gesorgt hatte, gingen sie zu Fürst Pachos' Gutshof; die Reihen riesiger Zypressen und die Ahornbäume, Weinhänge und Äcker rochen spätsommerlich, und bis auf wenige sattgrüne Inseln lag das Land reif und braungedörrt da. Fetter grauer Rauch aus den Abzügen niedriger Gebäude wies Karidon den Weg. Er wechselte sich mit Ptah und Holx beim Tragen des Erzbrockens ab. Mäuse raschelten in den vertrockneten Asphodelen neben den Bruchsteinmauern. Vom Hof rannten bellend drei Hirtenhunde auf die Besucher zu.
    Pachos, mit nacktem Oberkörper, durchdringend nach Oliven riechend und ölbespritzt, wischte seine Hände in ein Tuch, bevor er sie begrüßte. Er starrte Khenso bewundernd an, dann fiel sein Blick auf den Erzklumpen, den Kadran absetzte. Jehoumilq breitete die Arme aus und sagte bedauernd:
    »Niemand weiß, ob wir alle im nächsten Jahr in Wohlleben, Prasserei und schmucküberhängt ersticken, Meister schmelzender Metalle. Aber wenn du uns

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