Der Bronzehändler
noch schlimmeren Verbrechen jener Grabräuber unter. Ich berichte, wie es war. Entsinnst du dich des Palastsoldaten Peser, der sich von uns Schülern ärgern ließ? Er war damals schon alt. Nun ist er ein Greis, aber nie in seinem Leben hat er den Nehesi-Bogen besser gehandhabt. Er tötete die Räuber, nachdem sie gepeitscht, ihre Zehen und Finger zerbrochen, sie in der Befragung mit Stöcken geschlagen und versengt worden waren. In ihre Wunden rieb man Brei aus Salz und Natrum. Nachts, als die Heuschrecken vom Platz ins Wasser gefegt worden waren, zerhackten Soldaten die verstümmelten Leichen und warfen sie in den Hauptkanal. Die Männer berichteten, dass Sobeks gepanzerte Langschwänze, von den Heuschrecken wütend gemacht, in großer Menge an den Ufern warteten. Wir Priester liegen vor den Göttern und beten, dass solcherlei niemals wieder geschehe.
Jedermann hofft, dass die zweite Ernte gedeihe – auf vielen sorgsam gewässerten und gepflegten Feldern rund um Itch-Taui schenkt uns Gott Hapi ein zweites Blühen und Welken. Der Gotthorus hat die Speicher geöffnet. Korn und Gerste werden verteilt; auch dich wird die Taubenbotschaft, uns viel Korn zu schicken, längst erreicht haben.
Die jungen Schreiber im Palast arbeiten an Shafadu-Listen, in denen Ikhernofret zusammentragen lässt, was Chakaura alljährlich für den Staatsschatz zu erwarten hat: Mengen und Orte, von denen wertvolle Steine, Kupfer und Salz herkommen, die Steinbrüche, die Schiefer, Granit und Diorit liefern, und die Goldbergwerke. Kriegsgefangene und Missetäter, die von den Gerichten verurteilt werden, schuften darbend fern des Hapilandes in den Minen, Schmelzen und Bergwerken – und weil es stets viele Gesetzesbrecher gibt, braucht niemand Sorge zu tragen, es gäbe nicht genügend Fronarbeiter. Du und ich, die wir die Maat in unserer Brust bewahren, werden nur goldene Worte schürfen.
Und das Baâ-Enepe-Metall unserer Freunde? wirst du mich fragen. Nun, ich und Sokar-Nachtmin sprachen lange mit dem weißbärtigen Kapitän und Karidon.
Jehoumilq wird Karidon das Schiff übergeben. Karidon wird das geschmiedete Himmelsmetall, so viel er hat, zu Chakaura bringen. Ich habe lange nichts von der Auge der Morgenröte gehört, weiß aber, dass sie wegen der Überschwemmung nicht weiter hapiauf als bis nach Pi-Osiri oder Pa-Bastet segelt. Noch immer träumt Karidon von den Häfen des Anna-Metalls, und auch unser Goldhorus träumt, denke ich, von seinen bronzenen Jahren.
Der neue Teil des Palastes wächst und zeigt sich schon jetzt in gewaltiger Pracht und Schönheit. Man munkelt, dass Chakaura aus dem Saal der Geheimnisse alles sehen und hören wird können, was in den anderen Gemächern geschieht. Der alte Palast, in dem Tatji Ikhernofret seine letzten Lebensmonde verbringt, mit leidlich scharfem Verstand und schwachen Gliedern, ist zu klein geworden für die vielen Menschen am königlichen Hof.
Die Töchter und Söhne der Gaufürsten, Musiker und Diener, Tanzzwerge und viele schöne Prinzessinnen, die zusammen mit Geschenken, Handwerkern und Kupfer-Abgaben aus dem Land Sekmem und aus anderen Gauen in Asmach kommen, füllen die Kammern. So ergießen sich, wie Tropfen in eine nicht ganz gefüllte Schale, Fremde in unser Land: um Rômet zu werden, zu leben und zu arbeiten und sich in unserer Ordnung wohlzufühlen.
Von Sokar-Nachtmin weiß ich, dass der Goldhorus in seinem sechzehnten Jahr wieder mit dem Heer nach Süden und daher auch durch deinen Gau ziehen wird; jeder erwartet unermessliche Beute an Gefangenen, Kupfer und Gold. Von dir, Freund, erwarte ich bald eine lange Antwort, die mir die Gewissheit gibt, dass es dir ebenso wohl ergeht wie mir, dem Obersten Schreiber des Tempels. Amuns Friede mit dir.
In andächtiger Langeweile, aber wohlversorgt und mit emsigem Binsengriffel, roter und schwarzer Tusche und vielen leeren Schreibblättern, sende ich dir dieses Zeichen aus meinem Leben, seit einigen Monden ohne Beschwerlichkeit, Irrungen der Sinne und Sorgen. Möge es dir ebenso ergehen, wünscht Merire-Hatchetef.
23. Jehoumilqs Sklavinnen
In der kieselgepflasterten Gasse vom Hafen zur Stadtmitte herrschte dichtes Gedränge. Neunzehn Schiffe hatten am Kai Gublas festgemacht; vier lagen mitten im Hafen. Jehoumilq ließ einige Sklavinnen mit großen Körben auf den Köpfen vorbei. Aus der Wäsche tropfte Wasser auf die Schultern der Frauen und aufs Pflaster. Sibon, der Schiffbauer, hinkte und lehnte sich an die Haus wand. Er nickte Ptah
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