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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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dem Ellbogen an. Nehib stand im Halbdunkel, Jehoumilq im Sonnenlicht. Er bewegte die Finger der Rechten auf seiner linken Schulter; von den Ringen und Goldhülsen funkelten farbige Blitze.
    »An Kindern, Jünglingen und Männern haftet mein Blick nicht, edler Nehib«, sagte er mit einer Stimme wie warmer Honig. »Auch nicht an Beschnittenen und allzu jungen Frauen.«
    »Das engt die Auswahl ein.«
    »Nicht deine Auswahl, die sicherlich zahlreich ist wie Sand am Strand und ebenso schön wie Schmuck im Sonnenlicht.«
    »Du magst recht haben. Du suchst eine Frau? Für dich? Zum Wiederverkauf? Als Geschenk? Für die Feldarbeit? Als Gefäß feiner Laster und Begierden?«
    »Bevor wir über meine Begierden sprechen und ähnliche Artigkeiten austauschen, will ich deine schlanken Zedern und Lotosblüten sehen.«
    »Ich bin seit langen Jahren der bekannteste Händler ...«
    »Freund Nehib«, sagte Jehoumilq leise, »ich zahle in Gold oder Silber. Viereinhalb Jahrzehnte handle ich an allen Küsten. Der Goldhorus am Hapi lacht, wenn er mein Schiff sieht. Vergessen wir lange Vorreden; wir verstehen unser Geschäft; schon wandelt mich Langeweile an. Zeig uns – mit den erwähnten Einschränkungen –, was du preiswert anbietest.«
    »Nicht, bevor ich euch, bei gutem Wein, die Preise meiner einzigartig jungen, schönen Ware genannt habe.«
    »Ich bin Sibbon, der Werftinhaber. Händler Nehib, ich kenn dich seit dreizehn Jahren, und von mir weiß der Kapitän, wie viel Korn Kupfer du für verblühte Frauen nimmst.«
    »Gegen zwei von euch komm ich nicht an. Gehören die jungen Kapitäne zu dir, Händler Jehoumilq? Mir scheint, ich hab deinen Namen in anderem Zusammenhang schon gehört.«
    »Schon möglich. Betrachte sie als meine Halbsöhne, die ich auf harte Art ausgebildet habe. Ihre Augen sind schärfer, ihr Blick ist gnadenlos. Sie werden ihren Ziehvater vor Fehlkauf bewahren.«
    Nehib verbeugte sich, nachdem er lange prüfend in ihre Gesichter gestarrt hatte, und ging in den Raum hinter dem Vorhang.
    »Ein Kampf ohne Waffen«, flüsterte Ptah. »Scheint, dass du gewinnst, Jehou.«
    »Abwarten.«
    Ptah und Karidon setzten sich auf das rissige Holz einer Bank. Hinter der Wand ertönten Stimmen; Becher und Krüge klapperten, eine Brettertür öffnete sich am Ende des Steges, und eine schöne junge Frau, halbnackt, mit mürrischem Gesicht und Peitschenspuren trug in beiden Händen eine Platte mit gefüllten Bechern. Sie blieb vor Jehoumilq und Sibon stehen, wandte sich zögernd an Karidon und Ptah. Als auch Ptah lächelnd einen Becher nahm, lächelte sie zurück und hob den Oberkörper. Ptah betrachtete ihre jungen Brüste und roch schweigend am Wein.
    »Der Sinn der vielfältigen Gebräuche der Gastfreundschaft ist«, Jehoumilq sprach unüberhörbar laut, »das Misstrauen des Fremden einzuschläfern. Ich berste vor Neugierde, Sibbi: ob die Frauen wirklich Gold wert sind?«
    »Bisher haben sich nur wenige beklagt, die ihre Sklavinnen bei Nehib kauften.«
    Ein Sklave öffnete den anderen Torflügel. Licht flutete in den vorderen Teil der Halle. Jehoumilq und Sibon traten einige Schritte zurück, blieben außerhalb der Helligkeit stehen; Karidon lehnte sich zurück und legte die Hände ums Knie. Nacheinander stolperten drei Dutzend Mädchen und Frauen auf die Rampe hinaus: Schwarze, Braunhäutige, Hellhäutige, Mädchen, fast noch Kinder, in schmutziger, zerrissener Kleidung, junge und ältere, magere und dicke Frauen, mit gleichgültigen, abgestumpften Gesichtern. Sie betrachteten Sibon und Jehoumilq, die sie nur undeutlich sehen konnten. Als die erste Sklavin das Ende des Steges erreicht hatte, blieb sie stehen und blickte Karidon und Ptah an. Karidon versuchte sich vorzustellen, nach welchen Überlegungen Jehoumilq die Frauen aussuchen mochte.
    Nehib schwenkte einen Zedernholzstab mit goldenen Enden, deutete auf die einzelnen Sklavinnen, nannte ihre Namen und pries ihre Vorzüge. Karidon sah, wie Jehoumilq an den Fingern zu zählen begann und dabei unbemerkt die Ringe abzog. Der Sklavenhändler zischte einige Befehle, hob den Stock und grinste Jehoumilq an. Zögernd und widerwillig streiften die Frauen die Kleidung ab und drehten sich ungelenk; Sonnenlicht fiel auf glattes, faltiges, helles und dunkelhäutiges Fleisch, das nach kaltem Schweiß roch. Nehib packte das Kinn einer Frau, zeigte auf ihre weißen Zähne, hob ihre Brüste an und machte, zu Jehoumilq hin, einladende Bewegungen. Auf dem Podium entstand Gedränge. Auf den

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