Der Bronzehändler
Felsbrocken.
Men-nefers Hapigeruch würde Karidon nie vergessen können, auch nicht den Duft, der im Nordwind von Kefti zum Schiff wehte. Der balsamige Ruch Alashias unterschied sich von dem des Gubla-Zederngebirges; jetzt schmeichelte die Nordküste Keftis seiner Nase: Honig, Oliven und windgepeitschte Pinien, mit dem Beigeschmack reifender Eicheln. Er hob die Arme, fasste Doreare an den Hüften und half ihr über die Streben der Strickleiter hinunter in den Sand. Hesquemaris Feuer brannte mit kleinen, stechenden Flammen.
»Ankerwache brauchen wir nicht«, sagte er laut. »Stein und Landleine genügen. Bei Sonnenaufgang geht's weiter.«
»Ich hätt's nicht besser gekonnt, Kari«, sagte Jehoumilq. »Arni, der Schmied, Mnis: in drei oder vier Tagen schlafen wir in meinem Haus.«
»Heute schlafen wir im Sand.« Karidon faltete seinen Mantel auseinander. »Zum Waschen und für die Kessel haben wir Quellwasser. Dort drüben, Ptah, wenn ich mich recht entsinne.«
Er suchte sich gähnend einen Schlafplatz. Hesqemari und Larreto schleppen Essen und Rômetbierkrüge aus dem Schiff. Selkara hatte drei oder vier Flötenrohre zusammengebunden und versuchte wohlklingende Melodien zu blasen; mitunter erkannten die Seefahrer, was er blies. Die Besatzung und die Frauen saßen ums Feuer, tranken und aßen, später begann Jehoumilq zu erzählen, und Ptah stellte die richtigen Fragen, um dem Kapitän eine andere Geschichte zu entlocken oder eine Abwandlung der gleichen Geschichte, die noch niemand kannte. Gaitha saß neben Jehou und rückte Fingerbreit um Fingerbreit näher an seine Seite. Das Gelächter der Mannschaft hallte von den senkrechten Felsen wider. Karidon schloss die Augen, hörte nachsinnend die Echos und sagte sich erstaunt, dass er zum ersten Mal, seit vielen Jahren, zwischen dem Lachen der Männer das freudige, gelöste Gelächter von Frauen hörte. Aus dem flackernden Halbdunkel schob sich Tama-Hathor-Merits ernstes Gesicht, die Gepardenaugen, der schlanke Hals und das winzige Mal unter dem Auge, wie eine erstarrte Träne. Er senkte den Kopf und legte das Kinn auf die Knie, die er zur Brust gezogen hatte. Er war oft und lange allein gewesen: heute fühlte er den Schmerz der Einsamkeit.
Er blinzelte in die Sterne; ungewohnte Geräusche hatten ihn aufgeweckt. Er verschränkte die Unterarme im Nacken und lauschte. Jehoumilqs Stimme, Gaithas Girren und kehliges Lachen, leises Keuchen und Stöhnen. Das Feuer war zu einem schwarzgefleckten Glutkreis heruntergebrannt, die Mannschaft schlief und schnarchte. Karidon schob den Mantelsaum über die Knie und tastete sich entlang der Felsen zum Strand, schlug sein Wasser ab und bemühte sich, leise zu sein. Am anderen Ende der Bucht sah er im Mondlicht zwei helle, schweißglänzende Gestalten, die sich auf der dunklen Decke bewegten. Er lächelte und zog den Mantelsaum bis unters Kinn.
Als drittes Schiff legte die Morgenröte zwischen dem Turm und den Festmacher-Stämmen an. Der Rundturm, zehn Mannslängen, knapp vierzig Ellen hoch, war fertig, ebenso wie der gekrümmte Steindamm mit dicken Bohlen darauf. Arnis Hafen hatte sich verändert. Auf Fundamenten aus behauenem Stein erhoben sich, fast im Halbkreis, eineinhalb Dutzend Häuser und kleine Lagerhallen. Von der Bootswerft führte eine Doppelspur dicker Balken bis ins Wasser. Idris und Hesqemari hängten die Tauschlingen über die Baumstämme. Karidon ließ die Schultern sinken und rief: »Geh'n wir zu Pachos? Willst du allein zu deinem Freund Keiron gehen, Jehou? Wer soll mitkommen?«
»Wer mitkommen will, soll mitkommen«, sagte Jehoumilq. »Wenn Kalian und Doreare mitkämen, war's kein Schaden.«
»Und wir, Netji«, sagte Karidon. »Vielleicht Holx, Larreto und Saigoos, wegen des Baâ-Enepe-Metalls, zum Tragen?«
»Meinetwegen. Gehen wir zuerst zu Pachos.« Saigoos sah nach dem Stand der Sonne. »Wenn ich gebührend lange nachdenke, müssen wir danach Jehoumilq und seine Gästeschar nach Gnos bringen. Langer Aufenthalt, Neb Jossel?«
»Frag mich am Nachmittag. Dann wissen wir's«, knurrte Jehoumilq. »Los. An Land. Nimm die Schiffskasse und die Siegel mit, Kari.«
Die Planke lag zwischen Bordwand und Steg fast waagrecht. Jehoumilq sprach leise mit Gaitha. Sie nickte und wartete lächelnd am Heck, bis die Seeleute auf dem Steg standen. Karidon hängte die Doppelaxt über die Schulter, hob das Zedernholzkästchen und den Kupferzylinder auf und folgte Saigoos. Bei den Bootsbauern blieb Jehoumilq stehen, spähte
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