Der Bronzehändler
warteten hinter dem Heck. »Steig ein, Gaitha. Setz dich, halt dich fest. Hierher, ins Heck.«
Gaitha klammerte sich an die niedrige Bordwand und zog die Beine unter sich. Jehoumilq stieß Ptah an und begann zu schieben; das Boot glitt in die Wellen, schwamm auf, und der Kapitän schwang sich über die Bordwand. Er richtete sich auf, packte Segeltau und Ruder und drehte das Segel in den Wind. Langsam füllte sich die Leinwandfläche. Jehoumilq ließ das Ruder los, winkte und legte den Arm um Gaithas Schulter; Strömung und schwacher ablandiger Wind schoben das Boot nach Nord, auf Kap Flar zu.
Die Mannschaft saß auf den Rändern der Luke und den Planken. Tarben teilte honiggesüßte Milch aus, Ptah-Karidon und Holx unterhielten sich leise und waren am Ende sicher, dass sowohl Handelswaren als auch Proviant vollzählig und ausreichend an Bord waren. Karidon sah zwischen den Kupferbarren entlang des Kiels, dass sich das Blau des Himmels spiegelte. Er deutete in die Bilge und grinste. »Ich glaube, das Wasser muss aus dem Schiff, Saigoos.«
»Schon ganz der Alte«, brummte der Ruderer. »Hast du sonst noch etwas von ihm angenommen?«
»Die Angewohnheit, Ruderer täglich auszupeitschen.« Karidon lachte und zeigte auf das Segel von Jehoumilqs Boot, einen weißen Punkt in den Wellen. »In einer Stunde legen wir ab. Einverstanden, Keiron?«
Der Schmied nickte. Er saß zwischen Kalian und Doreare; nichts schien entschieden zu sein. Masûs Magd sammelte leere Krüge ein und schleppte sie zur Schenke, als die Morgenröte ablegte und durch ruhiges Wasser bis zum Rand des Windfeldes gerudert wurde, das die Bucht von Arni teilte. Der Ajach straffte die Bahnen des Segels; sie folgten Jehoumilq.
Im letzten Tageslicht schnellten an Backbord plötzlich Hunderte kleiner Fische aus den Wellen, schäumten das Wasser auf, und Karidon zeigte auf einen großen Schatten neben dem Schiff. Keiron beugte sich weit über die Bordwand und verfolgte die Fluchten und den dahinzuckenden Verfolger. Aus Ost wehte böiger Ajach und trieb Federwolken zur roten Sonne.
»Wo sind wir, Karidon? Wann sind wir in Mnis?«
»Wenn der Wind bleibt, noch vor Sonnenaufgang. Vielleicht siehst du an Backbord kleine Lichter. Das ist Mulal. Irgendwo hinter uns, auch in Ufernähe, segelt Jehou.«
»Ich hab einen Ledersack voll Zapfen und Türangeln für Jehou. Fein aus Bronze geschmiedet.«
»Er wird sich maßlos freuen. Wenn ihr erst in seinem Haus Türen und Läden einbaut, wirst du dich entscheiden, wer die Wonnen herbstlicher Leidenschaft mit dir teilt? Ich ahne, dass Doreare eine Handvoll Jahre zu jung ist für dich.«
»Ich ahn's auch. Aber ich hab viel Zeit.«
»Auf einem schwankendes Schiff, Keiron, verhalten sich sogar Frauen anders als an Land.« Karidon stützte sich auf die Pinnen. »Denk an die leeren Sandstrände von Gnos. Auf ein langes Jahr ohne Arbeit.«
»Es ist ein Wagnis, Kapitän.»
»Kein Wagnis – kein Vergnügen, Schmied.«
»Was wisst ihr Jungen schon vom Alter.« Keiron stöhnte und hob seine narbigen Arme. Er lachte spöttisch. »Nun ja. Am Bug winkt Kalian. Es sieht aus, als hätte sie Wein. Ein Zeichen, dass sie sich vor Liebesglut verzehrt.«
Er schwankte, ohne die Bordwand loszulassen, am Mast und den offenen Luken vorbei. Der Mond stand am Himmel, noch ehe die Sonne untergegangen war. Karidon, später mit Holx-Amr zusammen, fand den kleinen Hafen von Mnis ohne Mühe, legte an und wartete auf Jehoumilq.
Schon am frühen Abend schien Jehoumilqs Haus fast zu klein für die Menge der Gäste. Auch aus Mnis war ein Dutzend Bewohner gekommen, darunter einige Musiker; Knechte des Wirts bewachten Schiff und Ladung. Jehoumilq hatte seine Besitztümer in den Räumen aufteilen lassen. Tarben und Doreare halfen den Frauen in der Küche. Es roch nach Wein, Bier und Braten; Jehoumilq sah lächelnd zu, wie Kalian und Gaitha Öllampen anzündeten. Gaitha strahlte und betrachtete jeden Raum und jedes Stück Einrichtung, als stünde sie in einem fremden Tempel.
»In dreißig Stunden bist du der Bronzehändler, Kari.«
»Ich weiß, und deshalb werd ich heute wenig trinken«, sagte Karidon. »Ist alles so, wie du es dir gewünscht – und ausgerechnet hast?«
»So scheint es.« Jehoumilq legte den Arm um Gaithas Hüfte und runzelte die Stirn. »Ich habe die Gefährtin des Herbstes und des Winters gefunden.«
»Ich glaube, alter Kapitän, ich bleibe dir für alle Jahreszeiten.« Gaitha streichelte Jehoumilqs Nacken. »Du brauchst
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