Der Bronzehändler
Jehoumilq verhandelte halblaut mit den Kapitänen. Ptah-Netjerimaat ließ sich neben Karidon in den Sand fallen.
»Bei Schu und Ptah! In einer Stunde sind wir hier weg.« Er fischte Kräuterstückchen aus seinem Becher. »Mindestens einen halben Mond lang sitzen wir in Arni fest. Jehoumilq hat nicht ein einziges Mal geflucht.«
Karidon lehnte sich gegen die rissigen Zedernplanken.
»Verlass dich drauf, Netji«, sagte er leise. »Er wird jammern, bis wir wieder am Hapi sind. Und dort wird er noch lauter jammern, wenn er erfährt, welche Dienste Chakaura von uns verlangt – falls du recht behältst.«
Ptah hob die Schultern; es sah nicht so aus, als mache er sich große Sorgen. Kadran und Idris versuchten ächzend, den Kiel des Wracks im Heck mit Riemenschäften hochzuhebeln und runde Treibholzstücke darunterzuschieben.
Zwei Händlerschiffe aus Alashia hatten in Arni angelegt. Als am späten Nachmittag das Wrack, tief im Wasser zum Steg bugsiert wurde, lief die Hälfte der Bevölkerung zusammen. Mlaisso und Karidon fingen von der Nachtwolke und der Schwinge die Schlepptaue auf und zerrten sie an Land. Selbst Pachos, Herr der ältesten Familie und des größten Landbesitzes, war mit Knechten und Sklaven am Hafen; sie arbeiteten an den Quadern des Turms und zerschlugen Steine für den Hafendamm. Haby und Kirf Darka ließen die Schiffe zurückrudern und warfen am Ende der Bucht die Ankersteine. Jehoumilq, der im zerschlissenen Schurz, sonnenverbrannt und mit wirrem Haar und schweißnassem Bart einem armen Tagelöhner glich, hob die Hände an den Mund und rief: »Ein paar Krüge schwarzes Bier von Hapi für euch alle, wenn ihr uns helft! Das Wrack muss aus dem Wasser und dort hinauf!« Er deutete auf das offene Ende des Bootsschuppens. »Ihr in Arni bekommt viel zu tun. Jehoumilqs liebenswertes Dutzend wird lange bei euch zu Gast sein!«
Karidon, der Selkara und Sagarqa auf der Schwinge winkte, lachte in sich hinein. Der Kapitän tat, als würde er Gold über Arni regnen lassen. Von allen Seiten kamen Männer und halfen ihm und dem Schwarzhäutigen, die schweren, triefenden Taue straffzuziehen. Die Horus trieb schrittweise heran und bohrte den Bugsteven unter Wasser in den Sand. Pachos sah, was zu tun war, und übernahm die Leitung. Von der Bootshütte und der Baustelle brachte man Rundhölzer und Bretter. Larreto schlang ein drittes Tau um den Schaft der Lotosblüte, das obere Zierstück des Bugs, und zerrte es an Land. Die Besatzungen der unbekannten Schiffe kamen aus der Schenke; Karidon nahm Masû am Arm. »Deine Bademädchen bekommen viel Arbeit. Du solltest für viel heißes Wasser und trockene Tücher sorgen.«
»Die Kessel steh'n schon über der Glut.« Masû griff nach dem Tau. »Als ich euch hereinrudern sah, hab ich gewusst, dass es viel zu tun gibt.«
Pachos verteilte die Männer an die Schlepptaue. Ungefähr hundertzwanzig Männer stemmten sich auf einen Befehl in die Taue. Ihre Füße versanken tief im Sand, das Schiff kam Handbreit um Handbreit näher und hob den Bug aus dem Wasser, bis endlich die immer wieder aufschwimmenden Hölzer unter dem Kiel festsaßen und sich widerstrebend zu drehen begannen. »Aerá! Aerá!«, hallte es über den Strand. Zwischen den Planken kam Seewasser hervor, zuerst rann es nur, dann bildeten sich breite, dünne Fontänen. Die Horus bewegte sich nur um Fingerbreiten; je mehr Rundhölzer über die Bretter im Sand abrollten, desto höher kroch der sechzig Ellen lange Rumpf. Pachos packte Jehoumilq an der Schulter und schrie:
»Wartet, bis das Wasser ganz herausgelaufen ist. Strengt euch nicht unnötig an!«
Die Helfer ließen die Taue los und warteten, bis mehr Wasser aus dem Rumpf strömte. Eineinhalb Stunden lang, bis die Sonne hinter den Bergen versunken war, zerrten und zogen sie. Einige Bootsbauer legten Bohlen quer zur Richtung, in der sich die Horus dem Ende des Schuppens näherte; zum Schluss war es für die vielen Männer leicht, den tropfenden Rumpf auf die hölzernen Fundamente zu ziehen und die Bordwände mit Stangen abzustützen. Der Kapitän winkte Karidon.
»Hol das Henket von der Nachtwolke . Die großen Krüge, mit Wachssiegeln, hast du verstanden?«
Sie hatten am Hapi mehrere Sorten gutes Henket geladen; Jehoumilq meinte die am wenigsten teure Qualität. Karidon ging mit Mlaisso, Ptah und Kadran zum Ende der Bucht und kletterte ins Schiff. Abendrot, das graue und weiße Wolkenballungen färbte, übergoss die Ebene und die Weinberge; einzelne
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