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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Opfer befohlen und angenommen hatte. Dämonenglaube von Seeleuten, die an Bord nicht zu pfeifen wagen, weil sie weder den Messes noch die Skirr aus den verschlossenen Höhlen der Stürme im Nordost oder Südwest locken wollen; und dunkelrote Flammen: der rasende Kampf im Dunkel der Säulen und Tempelmauern und die blitzenden Schneiden der Doppelaxt, der sterbende Angreifer und, im Fackelflackern, das Rinnsal und die Tropfen, die von der Bronzeschneide auf den weißen Quader fallen, und Todesangst im schlammig-schwarzen Hapiwasser, als er zwischen Binsengeflecht und blasigem Morast nach dem Körper des Ertrinkenden taucht, tiefer und dunkler, nachdem er, ohne nachzudenken, die rutschende Böschung hinunterspringt und, leuchtendblau weißgelb, der Markt von Men-nefer: flirrend, überschäumend, berstend von Gefunkel, Gerüchen und Geschrei, und bernsteinfarben die schläfrige Ruhe des späten Nachmittags im weißen Haus am Hapi; und Nefer-Tefnacht. Schlanke, kühle Finger, ihre Brüste, der Duft ihrer seidigen Haut, ihr Schoss, und dann, grüngelb, das Binsenboot mitten im raschelnden Schilf, zusammen mit dem namenlosen Jungen, dessen kühnes Gesicht und die großen Ohren scharfe Bilder in seiner Erinnerung sind, und mit dem langen Entenpfeil trifft er so leicht und genau wie mit dem Fischspeer, und mächtige Mauern, schmerzend kalkweiß im Sonnenlicht, und Tausende und Abertausende bunter Zeichenzeilen der Götterworte und dunkelgrüne Palmen; Schatten und Nächte unter der abgründig blauen Kuppel der Gestirne. Und die Mitschüler im Per-Ankh, dem Lebenshaus, wo ihnen Lesen und Schreiben beigebracht wurde, mit Griffel, Tusche und Stockschlägen, und im Sonnenlicht zum ersten Mal die Ahnung, dass Anstrengung, Ehrgeiz und Fleiß zufrieden machen können: Merire-Hatchetef – klein, schmal, schon damals durchdrungen vom Mythos göttlichen Wirkens und myrrhebitterer Zwiespältigkeit; und Sokar-Nachtmin: stark, fast roh, zuverlässig und ehrlich bis zum Starrsinn, und Nefer-Herenptah, immer zurückhaltend liebenswürdig, der jeden Winkel der Stadt kennt und alle ihre Geheimnisse, dem nichts fremd ist und der alles Aufregende aus sicherer Entfernung miterlebte, auch die lastende Ungewissheit eines tiefen Einschnittes zwischen den Zeiten. Und Ptah-Netjerimaat, der von jedem der drei ein Viertel hat und sein Viertel, das beste, nicht kennt: Treue, Mut und die Sehnsucht nach Wellen, Windstillen und Stranden des Großen Grünen. Und die erste Fahrt mit Jehoumilq, den Karidon liebt und fürchtet; die ungefügen Umarmungen des Kapitäns und zum ersten Mal in seinem Leben das Gefühl von Geborgenheit, und der Nachmittag, an dem Peitschenhiebe und Prügel aufhören: Sklavenmarkt in Keftis Hafen Mulal, hungrige Sklavenkinder, im Schiff aus den Kupferbergwerken herbeigeschafft, und dunkler, schwärzer, tiefer: die Schächte und Stollen des Bergwerks, zu eng selbst für die dürren Körper der Kinder, und Körbe mit Erzgestein, stickige Luft, Hunger, Prügel, Schwärze und blakende Lampen, und die Finsternis, Enge, Angst, zu ersticken, vom Gestein zerquetscht zu werden und ... Karidon atmet ruhiger; die Blitze schlagen seltener und in größerer Ferne ein, und das gleichmäßige Rauschen des Regens mischt sich mit dem Donner-Echo. Die Gespanntheit der Muskeln löst sich, er atmet tiefer und schläft ein. Als er morgens zum steinernen Brunnen geht, hat er den Traum längst vergessen.

    Zwölf Tage nach dem Gewitter, dessen Regen die hochsommerlich welke Landschaft satt gefärbt und alle Zisternen gefüllt hatte, brachten sie die wiederhergestellte Horus der Brandung zu Wasser, zogen sie an den Steg und luden ein. Alle Schäden des Schiffes waren mit Sorgfalt und großem Geschick ausgebessert; die Besatzung und Jehoumilq hatten von Sonnenaufgang bis zum brechenden Tageslicht den Schiffbauern geholfen.

    Fafana wehte stetig seit zwei Tagen und drei Nächten. Karidon, den Arm um die trichterförmige Lotosblüte des Heckzierrats geschlungen, sah ein halbes Dutzend Rauchsäulen der Morgenfeuer im Dorf, und er glaubte am Ende des Stegs Korima in einem gelben Kleid zu erkennen; sie hielt den Arm in die Höhe. Das Segel stand prall, die Rahen ächzten; Holx-Amr zog ruhig an der Backbordpinne. Ptah stemmte sich gegen den Hebel des Steuerbordruders. Karidon schlüpfte zwischen den Steuermännern hindurch und versuchte, harzige rote Farbe von der ausgebesserten Lotosblüte aus der Ellenbeuge zu reiben.
    »Westwind bis Alashia«, sagte er. »Jede

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