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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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sagte Karidon leise. »Was bedeutet es für das einzigartige Dutzend?«
    »Wir legen bei Sonnenaufgang ab.« Jehoumilqs breites Grinsen erlosch, er lehnte sich schwer gegen die Oberkante der Bordwand. »Nach Gubla. Dort sollen viele Ziegel Anna-Metall lagern. Dann quer übers Meer. Hinter uns segeln sieben Schiffe, voll von Nechoschet. Wir sollten die ersten sein, Kari; von Gubla die Küste entlang, im Ajach, oder im Landwind, oder wir müssen rudern. Wenn wir die ersten in Itch-Taui sind, haben wir die anderen abgehängt.«
    Karidon vollzog in Gedanken den Kurs nach, erinnerte sich an sein Wissen über Winde und Strömungen und dachte an Jehoumilqs ungebautes Haus auf Kefti, ans neue Schiff und vieles andere. Er betrachtete gedankenlos Sagarqa und Larreto, die einen Flicken ins Segel einnähten und sagte: »Seid ihr fertig hier in Kit? Seid ihr allen Schund losgeworden?«
    »Mit zufriedenstellendem Gewinn, Söhnchen.« Jehoumilq winkte Idris, der mit zwei Schinken und einem Sack voll Brot über den Steg schwankte. »Wir könnten gleich ablegen oder aber erst in der Morgendämmerung.«
    »Also.« Karidons Gedanken eilten voraus zu Parennefers kleinem Haus am Hapi. Er sah nach der Sonne: später Nachmittag. »Wir laden ein, essen an Land, besprechen alles und legen sehr spät nachts ab. Ihr wisst, dass ich die Küstensegelei in der Dunkelheit hasse wie Vatermord. Wenn wir uns nicht besaufen, können wir, mit etwas Glück, die ersten im Hapi sein. Was sagst du, Mlaisso?«
    »Ich sage, dass der göttliche Junge in Itch-Taui ohne das grässliche Dutzend ebenso übel dran ist wie wir ohne ein neues Schiff, das besser ist als dieses Hapi-Sieb.«
    Karidons Blicke huschten über den Steg, den Strand und die Häuserfronten, die Zedern und deren Schatten, die anderen Schiffe und die Sonnenleinwände über den Verkaufsständen. Er legte die Hand auf Jehoumilqs Schulter und blinzelte, als die schwere Goldkette um den Hals des Kapitäns flirrte.
    »Ich sage: wir essen in Skinos Schenke, schlafen an Bord und gehen fünf Stunden nach Mitternacht in See. Hartes Segeln nach Gubla, kurzer Aufenthalt, weiter zur östlichen Hapimündung und geradewegs nach Itch-Taui. Einverstanden, Herr und Vater Kapitän?«
    Jehoumilq kniff die Augen zusammen, blickte wie ein hungriger Falke nacheinander Karidon, Mlaisso, Ptah-Netjerimaat und Holx-Amr an, der mit einem Spreißel in den Zähnen und mit dem kleinen Finger im Ohr stocherte. Idris begann zu pfeifen. Jehoumilq zuckte zusammen und brüllte: »Hörst du sofort zu pfeifen auf, du Wahnsinniger! Sturm hatten wir mehr als genug! Beschwör's nicht, Idris!«
    Idris ließ fast den Krug fallen und hörte jäh zu pfeifen auf. Karidon zuckte mit den Schultern und sagte:
    »Ich erklär's euch später. Die neue Zeit hat angefangen. Wir sollten im Wettsegeln um Gewinn und gutes Leben die ersten sein. Einverstanden, Jehou?«
    »Bei allen Göttern der Winde und der Wellen!« Jehoumilq musterte die kleine Schar mit vielversprechendem Lächeln. »So werden wir es halten. He, Sagarqa!«
    Der Ruderer, der am Bugpoller hockte, hob den Kopf. Das gelbe Stammeszeichen in seiner rechten Wange, ein tätowierter Stern, leuchtete auf. »Käpten?«
    »Ihr sorgt für Frischwasser. Wir sind im Morgengrauen auf See. Wehe euch, wenn irgendetwas fehlt. Cabul! Beim Horus der Bedürfnislosigkeit! Es wird ein Wettsegeln! Alles klar?«
    Karidon schwang sich über die Bordwand, ging zum Bug und blickte nach Süden. Priester Kaemheset hatte recht gehabt: auch für Jehoumilqs unvergleichliches Dutzend schien eine neue Zeit anzubrechen.

    Sibons linker Fuß aus Schwarzholz, Zedernholz und Elfenbein hinterließ tiefe Eindrücke im feuchten Sand. Die Bronzegelenke und die Ledertülle, die das geschnitzte, reichgemusterte Kunstwerk unterhalb des Knies festhielt, knirschten leise. Eine Welle verwischte die Zeichnungen Karidons und Jehoumilqs. Sie folgten dem Werftherrn bis zu einem Tisch, auf dem weitere Zeichnungen lagen, auf Binsenmarkblättern und auf hellem Holz. Einige Dutzend Männer arbeiteten an einem großen Boot und zwei Schiffen; es roch nach geschnittenem alten Holz und stank nach Pech. Jehoumilq zog für Sibon einen Hocker heran und deutete auf das Heck des unfertigen Schiffes.
    »Alles, was wir haben wollen, hast du schon für andere Schiffe gebaut, Sibon«, sagte der Kapitän. »Ein Jahr hast du Zeit. Kupfer für den Kiel und die tiefen Planken hab ich dir dagelassen – warum machst du solch ein grimmiges

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