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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Stunde bringt uns zwei Rômetmeilen weiter zur Bronzeinsel. Du hast dich nicht einmal nach Korima umgedreht, Netji.«
    Zwischen Kefti, Alashia und den Häfen am Fuß des Zederngebirges mussten Dutzende Schiffe unterwegs sein. Selbst eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang sah Karidon, ohne sich ernsthaft zu bemühen, elf farbige Segel, die in waagerechten Sonnenstrahlen zu brennen schienen.
    Ptah hob die Schultern und lächelte kurz. »Als ich winken wollte, hat sie noch geschlafen. Und jetzt sieht sie nur unsere Heckspur. So behält sie mich in guter Erinnerung.«
    »Weißt du noch, wer dir in Alashias Häfen die Nächte versüßt hat? Wir segeln nach Kit.«
    »Ich weiß alles, bis auf Namen und andere unbedeutende Einzelheiten.« Ptah blickte zum linken Halbbogen der Bucht. Wind und Strömung schoben die Horus , die sich bockig gegen das Doppelruder stemmte, nach Nordost. »In den Inselhäfen erwarten die Frauen wundersame Dinge von uns Hapi-Männern. Wer bin ich, dass ich sie enttäusche?«
    Karidon lehnte sich gegen die Bordwand, sah zu, wie Selkara und Idris die Ruderriemen festzurrten, Seilbündel und Taurollen in Schlingen legten, in bronzene Haken hängten und die Taue der Rahenden nachspannten. Der wolkenlose Himmel nahm die Farbe des Tages an. Die Bugwelle schäumte und platschte, und das spitze Dreieck der Heckspur blieb eine halbe Meile weit gut sichtbar. Als er an der geöffneten Luke stand, sagte er: »Holx, Ptah – Hesqe rührt gerade in seinem Sud. Soll ich euch zwei Becher davon bringen?«
    »Die Götter werden es dir lohnen.« Holx nickte mehrmals. »Du löst mich mittags ab?«
    »Bei meiner Ehre.«
    »Bei was –? Ach so. Na ja.«
    Jehoumilq schnarchte in der Bilge neben dem Mastfuß, wo der Rumpf sich am wenigsten hob und senkte. Das Holzkohlenfeuer brannte in der Kupferwanne voll feuchtem Sand. Karidon balancierte mit den Bechern zum Heck, lehnte sich eine halbe Stunde später gegen den Mast und begann, Warenlisten zu kontrollieren und von der Menge, die sie in Men-nefer und Gubla geladen hatten, jene Stücke, Ballen oder Krüge abzuziehen, die sie in Arni getauscht oder ausgegeben hatten. Stunden später verschwand Kap Plati, der nördlichste Punkt der westlichen Buchthälfte, und auf den Rudern stand kein Druck mehr. Holx-Amr zog mit Sagarqas Hilfe das Backbordruder in die Höhe und knotete das Tau straff. Er schlug die Faust gegen Ptahs Oberarm.
    »Ich ruh mich aus. Ein, zwei Stunden. Du weißt, wo ich bin, wenn du mich brauchst.«
    »Man braucht dich, wenn überhaupt, nur mitten im Sturm«, sagte Ptah todernst und spitzte die Lippen. »Und im Sturm bist du nicht zu gebrauchen, weil du mehr kotzt als steuerst.«
    Der schwarzhaarige Mann aus Djarh machte eine obszöne Geste und grinste. »Das einzigartige Dutzend. Lauter liebenswerte Knaben und Männer. Und du, beschnittener Rômet, der höflichste von allen. Wart's nur ab. Eines Tages ...«
    Er drehte sich herum und kletterte, den leeren Becher in der Hand, die Stufen zu Hesqemari hinunter. Ptah und Karidon wechselten einen Blick: sie hofften, die gute Stimmung würde bis Alashia anhalten.

    Ptah-Netjerimaats Blicke glitten vom Horizont zu Selkara, der an der Bordwand lehnte und am Binsenrohr schnitzte; ab und zu entlockte er der Flöte misstönende Triller, schließlich gelangen ihm etliche Töne, die dem Ohr schmeichelten. Karidon saß im Sonnenlicht mit ausgestreckten Beinen da und rechnete: ein schlanker muskulöser Mann, mehr einem hochgewachsenen Rômet ähnlich als einem von Gubla oder Kefti, sonnengebräunt, eingeölt, mit kurzem hellbraunem Haar über dem schmalen Gesicht. Wenn er den Kopf hob, trafen Ptah die Blicke der grünen Augen; prüfend, abwägend, mitunter erstaunt – Ptah kannte ihn gut genug und verstand, meist, die Bedeutung, ebenso die Geste mit dem Mittelfinger, der den geraden Nasenrücken entlangfuhr, als spüre er Härchen nach: stets dann, wenn Kari grübelte, strich er über die Nase und brachte ein zögerndes Lächeln zustande, das nach innen zu gehen schien. Ptah schüttelte schweigend den Kopf: mit grünäugigen Blicken, dem Lächeln und der Wortgewandtheit konnte Kari jede Frau haben – nach welchem Maßstab er seine Gespielinnen auswählte, verstand Ptah noch immer nicht. Als er merkte, dass Karidon unruhig zu werden begann, sah er den springenden Delfinen zu und grinste. Selkara blies einen grellen, schrägen Ton, der plötzlich abriss.

    Die Fafana, der Westwind, der das Große Grüne im Sommer beherrschte,

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