Der Bronzehändler
Tauschlinge vom Poller hob.
»Wann kommt ihr wieder?«, rief Sibon. Jehoumilq kletterte an Deck und packte einen Riemen. Er stemmte das Blatt in den Sand und lehnte sich mit dem ganzen Gewicht auf den Schaft.
»Entweder in einem Mond oder erst im Payni. Frühestens im Pachons.«
Karidon schob am Achtersteven, watete bis zum Bauch ins Wasser und zog sich, als die Horus in Fahrt kam, an den Leitersprossen hoch. Der kühle Fallwind roch nach Zedernharz, das schlaffe Segel faltete sich dumpf knallend und streute Salzstaub über das Vorschiff. In Ufersicht ging es auf die Hapimündung zu, zum fruchtbaren Dreieck im Schwarzen Land.
DAS SCHREIBT MERIRE-HATCHETEF, Priester des Ptah-Tempels zu Men-nefer, Verwalter der Opfergaben im Gau der Weißen Mauer. An Nefer-Herenptah, Fürst des Bogenlandes in Ta-Seti, Wächter des Tores zum Süden, wo die Hapiwasser niederstürzen.
Wohlergehen, Leben, Gesundheit und klaren Verstand ewig und ewiglich dir, Freund Herenptah. Dank sei den Göttern, die alle Arbeiten und Verrichtungen, Feiern und Zeremonien in herrlicher Vollkommenheit schützten. Unser göttlicher König Ni-Maat-Re, »zugehörig zur Ordnung des Re«, »der die beiden Lande leitet«, fährt nun auf seiner Sonnenbarke nach Amenti, ins Seelenland. Sein Körper wurde für das zweite Leben vorbereitet und im Sehedhu-Grabmal verborgen, dass nichts seine Ruhe störe. Beide Lande, Kêmet und Deshret, klagten, als er eingegangen war in den Horizont. Einen Mond lang war ich erst im Tempel, den ersten meiner drei jährlichen Tempeldienste, als der Körper des Edelsten der Edlen geöffnet und vierzig Tage und Nächte ins bittere Salz gebettet wurde. Aber als uns die Boten aus dem Großen Haus berichteten, sprachen sie: Der junge Horus im Palast, der Oberste Mund des ganzen Landes, bestimmte schon beim nächsten Sonnenaufgang, dass seine Vertrauten sich um ihn versammeln. Alles, was er tut, heißt es, ist endgültig. Viele Vorsteher, deren Nützlichkeit er ehrte, erhielten die schönen Frauen seines dahingegangenen Vaters, und er zog aus, viele Verwicklungen zu lösen im Palast, in Itch-Taui und im Gau. Alle Zeichen der Götter, auch Tagessprüche und geheime Orakel, zeigen uns unumstößlich: mächtig an Kraft, respektgebietend für die Tatji und Djadjad, ein Großer in seinem Amt, ein starker Stier, der Gesetze gibt gemäß den alten Schriften und mit starkem Arm die Gesetzesbrecher schlägt, das ist Goldhorus Chakaura, Netjeri Cheperu, der dritte Träger des strahlenden Namens. Beide Lande, sagen die Orakel, wird er leiten und beherrschen.
Kein Geheimnis, aber bedenkliche Gesichter gibt es unter den Priestern und den Mächtigen des Tempels, wenn sie bestimmte Namen aussprechen: Der demütige, göttergläubige Priester Merire-Hatchetef, Schreiber dieses Briefes, Besitzer von Millionen Zähnen, der sie ebenso sammelt wie Titel und Ehrungen, also du, Gaufürst Herenptah, der krummbeinige, kräftige Schläge austeilende Herr der Kriegskeule und des Bogens, also Sokar-Nachtmin, Vertrauter Months, des Gottes der Kriege, der uns Priestern beim flüchtigen Begräbnis des Fürsten Nikaure vom Ibisgau und mitsamt hundert seiner Soldaten, nur karge Arbeit verschaffte. Dazu Ptah-Netjerimaat und der Puntfahrer Karidon und sein Ziehvater, der kluge Kaufmann keftischer Krüge. An diese Namen denken die Priester. Einst traf der Stock des Schreiblehrers unsere Schultern und die faulen Finger. Die Waage der Maat, sagt man, deren Schalen in gleicher Höhe schweben, könnte sich, wenn fünf Namen auf eine Schale gelegt werden, tief senken. Tempel und Paläste, sagen die Obersten Vertrauten der Götter, wiegen gleich schwer; eine Gruppe Vertrauter des Herrschers würde die Fundamente des Großen Hauses tief sinken lassen.
Nun, da Jotru nicht mehr daliegt wie schwarzbrauner dünner Brei, denke auch ich an Tameri, das Land der Rômet, wie ein einfacher Mensch. Ich, ein Schneider und Flechter im Röhricht der Götter, weiß aus geflüsterten Botschaften zwischen Tempelsäulen, dass zwei Dutzend Gaufürsten zu mächtigen Kleinen Königen geworden sind. Ich weiß auch, dass Priester ihnen helfen, ebenso, dass in Kush und Wawat seltsame Gottheiten den Menschen auferlegen, die Ordnung der Rômet umzustoßen. Man flüstert, dass jene, die dem Horus im Palast ergeben sind und ihm dienen, an der Maat rütteln, so wie sie von manchen Obersten Hütern der göttlichen Geheimnisse verstanden wird:
Gilt noch die alte Ordnung, die das Land beherrschte ewig
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