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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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wir zu ihnen.« Karidon winkte nach hinten. »Vielleicht tauschen sie Käse gegen Schmuck und Datteln.«
    Die letzten Männer kletterten über die rissigen Schwellen des Bootsweges. Der Baumeister dieser Anlage hatte lange gemessen und nachgedacht: die Festung hätte, wenn sie je fertig gebaut worden wäre, Handelsstraße und Hapi zugleich überschauen und sichern können, mit wenig Aufwand und einer kleinen Truppe. Als Karidon den Spähern durch die Trümmer eines niedergebrochenen Turmtores folgte, sagte er sich, dass vor ihnen kaum je ein Rôme so weit nach Süden vorgedrungen war, zur Grenze zum Land Jam.
    Nacheinander betraten Karidons Männer den sandverwehten Platz. Eine Handvoll Nomaden trieb die Ziegen zusammen; der Späher rief ihnen zu, dass sie keine Angst zu haben brauchten.
    »Sag ihnen, dass wir bei ihnen rasten wollen«, sagte Karidon. »Nur einen oder zwei Tage.«
    Ein hochgewachsener Mann mit kahlem Schädel und spärlichem weißen Bart kam auf Karidon zu und hob den Hirtenstab. Unter Lederstücken und scheckigen Fellen, die an zusammengeknoteten Holzstecken befestigt waren, hockten eineinhalb Dutzend Nomaden im Schatten. Karidon sah in der Nordmauer einige höhlenartige Öffnungen und zeigte mit der Spitze der Axt darauf, während der Späher stockend mit dem Nomadenanführer redete.
    »Untersucht die Löcher dort. Und dann holen wir Wasser und richten uns für die Nacht ein!«
    Selkara und Saigoos hörten zu, was der Späher übersetzte.
    »Es sind zwanzig Leute, seit einem Siebentag hier. Sie haben von den Fürsten gehört, aber keinen gesehen. Der Alte hat Angst, dass wir seine Frauen schänden.«
    »Heute wird nicht geschändet.« Karidon lachte laut. Selkara musterte grinsend die halbnackten Schwarzen und zuckte mit den Schultern. »Sag ihm, dass seine halbverhungerte Schar mit uns hapiabwärts kommen soll. Zu besseren Weiden.«
    Der Anführer rief mit schriller Stimme seinen Leuten etwas zu. Eine junge Frau, hochschwanger, brachte eine Schale Milch und ein winziges Stück Brot mit Salzkörnern darauf. Der Späher wies auf Karidon.
    »Sag ihm, dass wir ihm Gegengeschenke machen werden. Ich danke für die Begrüßung.«
    Er biss vom Brot ab, trank einen Schluck und reichte Schale und Brot an den Späher weiter. Karidons bartstoppeliges Gesicht und die grünen Augen schienen den Nomaden zu erschrecken. Er vermied, Karidon gerade anzusehen. Die Späher luden das Gepäck und die Ausrüstung in der Nähe der Höhlen ab, brachten Wasser und Holz vom Ufer, und Karidon ging zur Ostmauer, wo es breite Durchlässe gab. Reste einer Schicht glatter Trittsteine waren vom Wind freigelegt worden. Rahotet, ein Späher, kam zu ihm gerannt.
    »Die Höhlen, Neb Karidon, sind leer. Vielleicht waren es Lagergewölbe. Ein paar zerbrochene Krüge stecken im Boden. Sonst nichts.«
    »Also werden wir eine ruhige Nacht haben.« Karidon versuchte abzuschätzen, ob er zur Mauerkrone hinaufklettern konnte. »Ich geh da hinauf und seh mich um. Kommst du mit?«
    Rahotet nickte und rückte den Kampfkolben im Gürtel über die Hüfte. Über unregelmäßige Stufen, die unter den Sohlen zerbröselten, kletterten sie halb rutschend bis zum höchsten Punkt, an dem die Mauer noch vier Ellen breit war. Rahotet deutete mit ausgestrecktem Arm auf eine Rauchsäule, weit im Osten jenseits einer kleinen Ruinenstadt am anderen Ufer, nur deshalb zu erkennen, weil das rote Sonnenlicht sie färbte.
    »Wahrscheinlich unsere Leute«, sagte er leise. Ein plötzlicher Windstoß ließ die Männer schwanken. »Drei Tagesmärsche entfernt, Neb.«
    Unter ihnen schleppten die Männer Krüge, Lederschläuche und Holz. Das Geräusch von Axthieben mischte sich in das Murmeln des Windes und das Rascheln, mit dem sich der Sand bewegte. Ab und zu meckerte eine Ziege. Rahotet drehte sich herum, blickte ins Viereck der Mauern und hob den Kopf.
    »Neb Karidon!« Er hielt Karidon am Arm fest; ein Brocken löste sich aus der Mauer und fiel zerstäubend zwischen die Soldaten. »Dort. Neben der Sonne. Diesmal erwürgt er uns. Ein gewaltiger Sturm, Herr!«
    Karidon hatte einen eiternden Mückenstich über dem Ellbogen ausgequetscht, schwankte, fand das Gleichgewicht wieder und blinzelte in die tiefrote Sonne. Schon jetzt war die Sandwolke größer und drohender als ihre Vorgängerinnen. Die Stimme des Spähers kippte; er rief heiser:
    »Auch das noch! Heut Nacht oder morgen früh ist der Sand über uns. Es gibt Stürme, sagen die Nehesi, die dauern sieben Tage

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