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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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bronzene Armee, wird jeder, der uns angreift, zerschmettert. Starke Grenzen nach außen, Frieden, Ruhe und Wohlstand im Land. Mehr will ich nicht.« Chakaura setzte sich hinter den Tisch. »Aber das will ich. Ich, Goldhorus der Horizonte.«
    »Aber nicht im zweiten Jahr, Chakaura.«
    »Köpfe ich die Gaufürsten, grämen sich alle, die zugleich mit denen ihre Macht verlieren, bis tief in alle Glieder der Verwandtschaft. Alle kann – und will – ich nicht köpfen. Also brauche ich zehn Jahre, um Ruhe zu schaffen zwischen Ta-Seti und dem Sma-Behedet-Gau bei den Salzmarschen des Großen Grünen.«
    »Diese Rechnung kann ich verstehen«, sagte Karidon. »Eine Frage, die mich nur wenig quält: unsere Gefangenen? Tot? An die Krokodile verfüttert?«
    »Zwei haben sich das Leben genommen; sie erwürgten sich gegenseitig. Etliche schmachten in finsterem Gewölbe. Zwei starben bei der Befragung. Die anderen sind bei den Soldaten, in den Sümpfen, wo Stechmücken, Blindheit und andere Sumpfkrankheiten hausen. Man sagt, dass Wüstenbewohner im Sumpf rasch an Heimweh sterben.«
    »Oder an Schlimmerem. Die Waage der Maat muss im letzten Mond auf und nieder gegangen sein wie die Flügel des Eisvogels.«
    »Tod, Mord, Vergewaltigung, Abhacken von Gliedern, Karidon; ich will keine Geschichte der Grausamkeit schreiben lassen. Aber« – er hob die Hände – »meine Feinde schicken mir weder Frauen noch Gold oder andere Geschenke, sondern Speere, Pfeile und Gift.«
    »Ich weiß, dass du zurückschlägst, wenn du angegriffen wirst. Wann wirst du dies deine Söhne lehren? Welche? Wann feiert der Palast? Wird es Mudned sein, die Kleine Königin?«
    Chakaura senkte die schweren Lider.
    »Kaum. Sie denkt zu kühne Gedanken. Ich warte. Nicht alles im Jahr Zwei oder Drei. Denn ich beabsichtige, so alt wie mein Vater zu werden.«
    »Das hofften Senedjem und Pinnednefer wohl auch.« Karidon schenkte Wein nach. Er hörte Schritte und stellte den Krug ab, blieb neben dem weißen, vergoldeten Stuhl stehen und sagte: »Die strahlende Macht und die gewaltige Kraft des Starken Stiers brauchen Zeit. Wie gut, dass dein Auge wohlgefällig auf dem demütigen Dutzend der Horus weilt.«
    Er kniff das rechte Auge zu, ehe er sich verbeugte und rückwärtsgehend den Saal verließ, durch wehende Vorhänge über die Terrasse in den Garten, in dem weiße Ibisse und Wiedehopfe stolzierten; vor dem Gästehof bog er nach links ab, zu Tama-Hathor-Merits Gemächern.

13. Kanal und Kupferhäfen

    Sepedet, der Stern, der über der Sonne erschien und vor dem Morgengrauen, strahlte einsam über der Wüste. Der Hapi stieg elf Königsellen und wälzte sein Schlammwasser, zwanzigmal mehr als das Niedrigwasser, von Ta-Seti in zehn Tagen und Nächten bis Itch-Taui und an Men-nefer vorbei ins Schwarze Land des Mündungsdreiecks. Am ersten Tag des Flutmondes Paophi, im Neuen Jahr, in der Zeit Achet, lagen Ptah-Netjerimaat, Mlaisso, Holx-Amr und Karidon unter dem Sonnensegel auf dem Dach des Häuschens. In der Stille über dem braungrausilbern überfluteten Land ertranken junge Vögel in ihren Schilfnestern. Myriaden Fliegen summten über den Gevierten zwischen Dämmen und Mauern. Ti-Senbi nähte farbige Borte an die Säume eines Kleides, Khenso verrieb summend Zedernöl auf Ptahs Schultern. Die Sonne kroch unter den Rand des Segels; der faule Mittag endete. Karidon hob den Kopf und blinzelte.
    »Wie auf einer winzigen Wunderinsel. Verdiente Ruhe. Ihr müsst sterben vor Langeweile.«
    »Noch lange nicht.« Mlaisso gähnte und reckte sich. »Ich hab noch jede Nacht ausgedörrte Sandträume.«
    »Ich auch.« Ti-Senbi deutete, ohne aufzublicken, mit der knöchernen Nadel auf Mlaisso. »Wir kämpfen gegen die Träume. Aber er schreit lauter.«
    Jehoumilq stapfte die Treppe herauf, in jeder Hand einen schweren Henketkrug. »Eigentlich vermisse ich nur meine Hälfte der Friedhofsschwestern von Ta-Seti.«
    »Ich nicht.« Holx-Amr richtete sich halb auf und warf dem Kapitän einen ärgerlichen Blick zu. »Hat man dir auch die Haare zwischen den Beinen abrasiert?«
    Alle blickten verwundert den Steuermann an. Jehoumilq ließ fast einen Krug fallen. »Ich hab noch alle meine Haare. Du nicht? Ptah rasiert sie sich schon immer. Was ist los?«
    »Es hat gejuckt. Viele kleine Tiere; unangenehme Bestien. Der Sklave, der mir beinahe die Eier abgeschnitten hat, sagt, es waren Sackwanzen.«
    Ptahs Becher zerschellte am Boden. Jehoumilq wieherte vor Lachen und rief: »Cabul!« In das lange,

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