Der Bronzehändler
Soldaten bleiben, wie man dort braucht, um Recht und gute Ordnung zu gewährleisten. Alle anderen, auch leicht Verletzte, sollen nach Men-nefer kommen und hierher. Sie haben genug Zeit dafür während der Überschwemmung. Ihre auffälligen Schilde und Speere sollen sie mit Eselslasten und Karren durch die Wüste schicken. Sagt ihnen, der Palast braucht sie, um ein paar unbedeutende Kanäle zu schaufeln und etwas Sumpf zu entwässern. Mein Befehl wird sein, alle jungen Männer, aus denen man Soldaten machen kann, mitzunehmen, ohne Handwerker und Bauern ihrer Zuarbeiter zu berauben.«
»Herr, das hören unsere Ohren gern.« Sokar-Nachtmin grinste schräg. »Bei Chons und Sachmet!«
»Du, Sokar-Nachtmin, wirst ein Dutzend Bogenschützen im Land Wawat befehligen, wenn es darüber auch nur ein Gerücht gibt. Späher und Lauscher sind überall.«
Userhet und Nachtmin blickten sich gleichzeitig um, dann flüsterte der Heerführer:
»Herr! Ich hab die Leute fast gepeitscht. Sie wissen, wie man auf Feldern, in Schiffen und zwischen Häusern und Mauern kämpft. Die besten Bogenschützen haben die starken Waffen der lausigen Nehesi. Ihre Pfeile treffen immer, oder fast immer.«
»Ich höre eure Versprechungen.«
»An welchem Tag sollen die ... Arbeiter und Kanalbauer ihre Hacken wegstellen?«
»Wenn der Hapi schiffbar ist. Im kalten Choyak, denke ich.«
»Verlass dich auf uns, Goldhorus«, murmelte Sokar-Nachtmin. »Wird mein Freund, der Händler aus Gubla, bei uns sein?«
Chakaura schüttelte den Kopf. »An ihn und sein Dutzend habe ich andere Bitten. Trefft ihr euch oft?«
»Ich hab ihn im Gästehaus besucht, und er hat uns ins kleine Haus des alten Parennefer eingeladen. Haben die Bronzehändler noch dein Vertrauen?«
»Mehr als je zuvor. Noch etwas: mein zweites Jahr beginnt in wenigen Tagen. Fragen und Antworten, Aufgaben und Befehle werden zu viel. Wir werden nur selten so miteinander reden können wie jetzt. Ikhernofret entwirft einen Plan: vieles werdet ihr zukünftig mit ihm, seinen Vertrauten oder denen von Cha-Osen-Ra besprechen müssen. Mit Männern ohne lange und überflüssige Titel, die wie Glimmergold oder Mondlicht sind. Das sage ich euch, ehe ihr fürchtet, ihr hättet nicht mehr mein Vertrauen.«
Sokar-Nachtmin nickte. Userhet kreuzte die Unterarme vor der Brust. Chakaura ging zu den Säulen vor der Terrasse und schob den Vorhang zur Seite. Ein Gecko raschelte über die Wandmalerei. Im Gewebe hatten sich Stechmücken und schlanke Schlupfwespen verfangen.
»Wenn ihr mit Karidon sprechen wollt – er kommt in einer Stunde. Hol deine Bogenschützen, Userhet: es ist wichtig.«
Sie verabschiedeten sich ehrfürchtig und verließen den Palast auf dem herkömmlichen Weg, nicht durch den Garten. Chakaura wählte nach kurzem Zögern eine Shafadurolle, auf der vom äußersten Süden bis zur Küste des Großen Grünen jede Siedlung und die Kopfzahl ihrer Bewohner aufgeschrieben war. Die Namen hatten sich nicht geändert, die Zahlen stammten aus dem dritten Jahr vor dem Tod des Vaters. Eine zweite Liste enthielt Namen und Bedeutungen der Steinbrüche, Kupferminen, Goldbergwerke, Fundstellen des fünfmal wertvolleren Silbers, in Kush und Wawat und in den Asmach-Ländern der Apiru und Chaosu.
Ehe Chakaura, der die Enden der Rollen mit farbigen Götterfiguren beschwert hatte, die nächste Rolle fand, führten zwei Diener Karidon herein, Sklavinnen brachten Wein und Leckerbissen. Chakaura wartete, bis die Diener den Raum verlassen hatten, dann stand er auf.
»Shemer Karidon. Freund. Keine Kniefälle, wenn wir allein sind. Setz dich zu mir.«
Er ging um den Tisch herum. Sie legten zögernd ihre Hände auf die linke Schulter des anderen. Chakaura setzte sich auf die Tischkante und schlug die Beine übereinander.
»Noch einmal Dank für deinen Bericht«, sagte er. »Vieles hat uns aufgestört wie einen Ameisenhaufen. Anderes wussten wir, ahnten wir zumindest. Der Überfall auf euch beweist, dass einige Gaufürsten das Schiff und die Mannschaft der Bronzehändler trotz der schäbigen Horus als Gefährdung ihrer Macht erkannt haben. Als ich euch bat, in den Süden zu gehen, hab ich's nicht wissen können.«
»Wir leben alle noch.« Karidon, wie ein reicher Rôme gekleidet, mischte Wein und Wasser, fügte einige Körnchen Salz hinzu und reichte Chakaura einen Becher. »Und wieder einmal, dank deiner Großzügigkeit, leben wir besser als je zuvor.«
»Vergiss nicht die Großzügigkeit meiner Schwester.« Chakaura
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