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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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zwischen Nasenflügeln und Mundwinkeln; sie waren schärfer geworden. Karidon begrüßte die Prinzessin und den Tatji.
    »Ich bin es, der Ungeduld zeigt«, sagte Ikhernofret leise. »Haben die Fragen des Goldhorus schon Antworten gefunden? Es dauert lange und ist beschwerlich, Boten nach Pa-Beseth und zum Kanal zu schicken, damit alles vorbereitet ist.«
    »Der Goldhorus möge die Besitzgier der Bronzehändler verzeihen.« Karidon setzte sich zu Hathor-Merit. »Das Schiff, etwas Silber und Gold und unser Leben – das ist alles, was wir haben. Ich spreche für das darbende Dutzend.«

    Er berichtete, was sie ausgerechnet und abgesprochen hatten. Chakaura hörte zu, die Arme auf dem Rücken verschränkt; er ging auf und ab, grinste plötzlich wie einst im Schilfboot und sagte: »Das Per-Ao hat mit größerer Habgier gerechnet. Eure Bescheidenheit ist Balsam für mein Ka. Es ist gut so, Neb Karidon. Die Horus wird bereit und beladen sein. Gold und Silber übergibt euch Cha-Osen-Ra in Men-nefer. Ihr werdet versuchen, Anfang Tybi nach Pa-Beseth zu rudern?«
    »So soll es sein, Goldhorus.« Karidon bemühte sich, seine Freude nicht zu zeigen. Ptah, Jehoumilq und er hatten beim Rechnen genügend Spielraum fürs Feilschen gelassen. »Warum Men-nefer?«
    »Es geht schneller, weil dort mehr Gold aufbewahrt wird«, sagte Ikhernofret und sah zwei Cheperkäfern zu, die hastend einen Kotball rollten. »Men-nefer ist eine sichere Stadt. Lasst euch übersetzen. Man wird euch in Sänften zum Palast bringen. Nicht länger als fünf Zehntage für die ganze Fahrt?«
    »Wir glauben, es ginge auch etwas schneller.«
    »Manche Dinge brauchen ihre Zeit.« Die Käfer verschwanden unter Grasbüscheln. »Einer meiner besten Späher wird mit euch segeln. Chaemrehu, von erstaunlicher Unauffälligkeit. Wenn ihr in den Kupferhäfen anlegt, wird er verschwinden und sich umsehen. Er wird sehen, was ihr als Händler nicht herausfinden könnt. Stört euch nicht an ihm; er ist Meister des Nicht-gesehen-werdens.«
    »Seit ich den gescheckten Pije-Ipi erlebt habe« – Karidon hob die Arme und schüttelte sich –, »bin ich nur schwer zu überraschen.«
    »Der Goldhorus dankt für eure Antwort.« Chakaura tippte Ikhernofret auf die Schulter, der Tatji stand auf und verbeugte sich vor Hathor-Merit. Karidon wartete stehend, bis Hathor-Merit und er allein waren, setzte sich und sagte:
    »Phuff! Dein Bruder hat gerade das Leben von zwölf Männern für ein Jahr gesichert und die Fundamente von Jehoumilqs palastmäßigem Haus bezahlt.«
    »Und euch in unbekannte Gefahren geschickt.« Ihr Zeigefinger ließ eine Lotosblüte zwischen hellgrünen Schilfhalmen kreiseln. Plötzlich lachte Tamahat, riss beide Hände hoch und überschüttete Karidon mit einem Schwall Wasser. Sie stellte sich auf die Zehen, wischte die Tropfen aus Karidons Gesicht und sagte heiser:
    »Komm. Ich bin allein. Die Sonne sinkt; nur die Götter wissen, ob wir uns im Tybi noch lieben können.« Karidon schloss die Arme um Tamahat und murmelte: »Welche Götter? Eure? Meine? Die aus Kefti oder die Retenu-Götter? Eure Liebesgöttin, in jedem Fall, sie lächelt, wenn sie uns sieht.«
    Sie legte den Arm um seine Hüfte und zog ihn, vorbei an Säulen und reglos hängendem Leinen, in ihren halbdunklen Schlafraum.

    Kurz vor Pa-Beseth am Backbordufer, im östlichsten Mündungsarm des Dreiecks, markierten rottende Holzpfähle die Uferränder. Zwischen eingerammten Stämmen waren dicke Bündel Schilfhalme eingeflochten, die ein Nachsacken des Ufers verhinderten. Der Lotse rief, die Horus glitt nach rechts, in einen weiten Trichter, der sich einige Chen-Nub weiter östlich zu einer Fahrrinne verjüngte, voll von dunklem Wasser. Karidon beugte sich über den Bug und versuchte, etwas unter der Wasseroberfläche zu erkennen.
    Eine Gruppe säender Bauern watete bis zu den Schienbeinen im Schlamm der Felder; mit Stockschlägen trieben Kinder eine Rinderherde hinterher, deren Hufe die Saat in den Boden stampften. Die Kinder winkten, Karidon winkte zurück. Zwei Stunden später ging das Fruchtland an Steuerbord in Sand und niedrige Dünen über. Die Riemen bewegten sich im leisen Klopfen des Taktgebers. Weit voraus erkannte Karidon die Masten mit den Zeichen Chakauras; mehrfarbige Bänder flatterten nach Süd.
    »Ein seltsamer Mann, dieser Chaemrehu. Wortkarg, schnelläugig wie ein Wüstenfuchs.« Lotse Pinkasi sprach leise. »Was soll er eigentlich bei uns?«
    »Spähen, lauschen, sich alles merken und

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