Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner
irgendwann zu bezahlen? Seit Jahrzehnten lässt sie anschreiben, wie lange soll das noch so weitergehen?
Es trifft keinen Armen, mag man sich bei Hof denken. Wer es sich leisten kann, eine der Töchter bei den Klarissen in Brixen einzuquartieren, nagt nicht am Hungertuch. Tatsächlich staunt auch Wagner über die Kosten der Unterbringung. Seine Urenkelin tritt als Maria Coleta ins Kloster ein, wird von ihrer Mutter und – Warum geleitet ein Winkler die beiden nach Südtirol? Wagner kann es sich nicht erklären, ist ihm etwas entgangen? Er sieht lediglich die Ausgaben, penibel aufgelistet von Michael Antons Frau. Die Fahrtspesen belaufen sich auf 20 Gulden, hinzu kommen „bei der Abreiß von hier nach Brixen an Zehrung in Steinach 3 Gulden 30 Kreuzer, zu Mauls dergleichen 2 Gulden 12 Kreuzer. Bei der Zurugraiß zu Sterzing 1 Gulden 24 Kreuzer, Item zu Steinach –“
Die Einkleidung schlägt mit gut 75 Gulden zu Buche. Bei der Äbtissin legt man 16 Gulden ab, die „Novizenmaisterin“ muss sich mit der Hälfte begnügen. Soll der Mesner leer ausgehen? 2 Gulden streicht er ein. „Denen Ministranten“ hingegen werden nur 34 Kreuzer zugesteckt. Ein laues Lüftchen gegen den Sturm von 1.080 Gulden, die „Vattern ins löbliche Kloster zu Brixen“ einbringt, weitere Forderungen der Klarissen erlöschen damit.
Ist die Buchbranche ein derart profitables Gewerbe geworden? Übernimmt sich sein Enkel da nicht? Er sollte sich mehr ums Geschäft kümmern! Mag er Bürgermeister sein, solange er will, in erster Linie bleibt Michael Anton ein Buchdrucker. Das Amt verstellt ihm den Blick auf das Wesentliche: Die Druckqualität lässt zu wünschen übrig. Kein Wunder, dass namhafte heimische Autoren lieber in Deutschland drucken lassen. Dabei entwickelt sich gerade eine erste Lesekultur in der Stadt. Beim Graf Taxis findet jeden Freitag eine literarische Akademie statt. Die Universitätsbibliothek wird gegründet und ist als Bibliotheca publica öffentlich zugänglich.
Erkennt Michael Anton die Gunst der Stunde nicht? Jetzt muss die Mahd eingefahren werden, ehe ein anderer –
Ausgerechnet von einem Augsburger erhält sein Enkel Konkurrenz. Wagner schäumt vor Wut. Josef Wolff heißt der Mann, und ihm eilt ein zweifelhafter Ruf voraus. Unverkennbar, Erfolg schafft Neider, und deren hat Wolff vor allem im aufgeklärten und protestantischen Lager viele. Augsburg ist mittlerweile unbestrittenes Zentrum des katholischen Druck- und Verlagswesens. Selbst die alten Geschäftsfreunde der Wagner’schen Offizin haben sich hier niedergelassen und unterhalten in der Jesuitenhochburg Dillingen nur noch eine Filiale. Aber was sind die Bencards gegen einen Wolff. Den interessiert der entbrannte Konflikt um den Nettobuchhandel herzlich wenig, hat er doch andere Vertriebswege gefunden. Gemeinsam mit seinem Augsburger Kollegen Matthias Rieger wird er zur Zielscheibe des Spotts. Verkaufsknechte würden sie sich halten, die mit Butten auf dem Rücken und Karren voll heiliger Sermone ganz Tirol, Bayern, Franken und Österreich durchstreifen, um den Pfarrern das Futter für ihre geistliche Herde auf Jahre hinaus zu verkaufen. Wolff liefere die Nahrung der katholischen Laien, all die Paradiesgärtlein, Himmelschlüssel und Seelenwecker. Er sei der lebendige Beweis für den Satz: Je dümmer das Publikum, desto größeres Glück mache der Buchhändler.
Wolff hat es durch seine Verkaufsstrategie zu einem ansehnlichen Vermögen gebracht. Und er will mehr, sein Expansionstrieb ist beängstigend. Schon bald ist die Wolff’sche Verlagsbuchhandlung eine der größten in Süddeutschland und im Alpenraum. Vorsicht ist geboten. Doch Wolff verpflichtet sich, in Innsbruck keine Druckerei einzurichten, sondern lediglich die in Augsburg hergestellten Bücher zu verkaufen. Noch einmal kann Wagner durchatmen. Aber es wartet bereits ein weit gefährlicherer Konkurrent auf seine Chance.
Ein Name macht in Innsbruck die Runde. Längst ist er im ganzen deutschen Sprachraum bekannt: Johann Thomas Trattner. Wagner ist irritiert, denn obgleich Trattner die Wagner’sche Firma an den Rand des Ruins treibt, imponiert ihm dieser Mann. Erst vor wenigen Jahren hatte er sich mit geliehenem Geld eine desolate Offizin in Wien erstanden. Nun schickt er sich an, selbst Phillip Erasmus Reich das Fürchten zu lehren. „Er ist für uns der gefährlichste Mann, und verdienet Aufmerksamkeit. Ein Strohm, der alles überschwemmet, und gegen den man mit Verwahrungs-Mitteln denken
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