Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner

Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner

Titel: Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph W Bauer
Vom Netzwerk:
bezeichnen sich die Autoren, als „Priester des deutschen Herzens“. Und liegt dort vorne auf der Theke nicht das
Börsenblatt
? Dort finden „Berufskameraden“ Information. In der Ausgabe vom 9. Mai 1939 liest Wagner:
    „Ein Kapitel ist im letzten Jahr restlos liquidiert worden: das des Judentums. So sind im Laufe des letzten Jahres in Österreich rund hundertfünfzig jüdische Verlage und Buchhandlungen ausgemerzt und gleichzeitig ist damit den vorhandenen deutschen Betrieben eine raschere Möglichkeit zur Gesundung gegeben worden.“
    Zum dreihundertsten Geburtstag kommt Post aus Berlin. Das Reichspresseamt gratuliert und dankt für die gute Zusammenarbeit. Auch der Börsenverein in Leipzig reiht sich unter die Gratulanten. In herzlichen Worten wird die Bedeutung der Wagner’schen Buchhandlung im deutschen Kulturleben gewürdigt. Die Freude der Firmenleitung darüber ist so groß, dass sie am nächsten Tag im Gaublatt darüber berichten lässt.
    Die Buchhandlung wird mittlerweile von einer Tochter Eckart von Schumachers geführt. Sie ist verheiratet mit Rudolf Hittmair. Für den hat Wagner durchaus Sympathien, verfasst Hittmair doch ein Buch über William Caxton, Englands ersten Drucker und Verleger. Und da es um seine Buchhandlung geht, möchte Wagner Näheres wissen. So erfährt er, dass Hittmair zunächst als Professor für englische Sprache an der TH Dresden lehrt, später Ordinarius in Tübingen ist. Dort lernt er Victor Klemperer kennen, der ihn in seinem Tagebuch schlecht wegkommen lässt. In Tübingen ereilt ihn der Ruf an die Universität Wien. Hier endet seine Karriere zwei Jahre später abrupt. Im September 1938 wird er mit sofortiger Wirkung und ohne Anspruch auf Pension aus dem Staatsdienst entfernt. Hittmair ist empört. Er sei mit Dank und Anerkennung, die mit Hitlers eigenhändiger Unterschrift besiegelt wurde, aus dem württembergischen Staatsdienst entlassen worden. Eine wissenschaftliche Hilfskraft habe ihn verleumdet. An seiner nationalen Haltung sei nicht zu rütteln. Er habe sich wiederholt für Nationalsozialisten verwendet, die unter behördlicher Verfolgung zu leiden hatten. Dies würden namhafte Persönlichkeiten bezeugen, der Rektor der Wiener Universität, der Akademiepräsident sowie die Germanisten Franz Koch und Josef Nadler, wer wollte an deren nationalsozialistischer Integrität zweifeln?
    Interventionen beim Reichskommissar und dem Stellvertreter des Führers nützen nichts. Hittmair übersiedelt nach Innsbruck, wo er mit seiner Frau die Buchhandlung leitet. Wagner trifft ihn meist im Antiquariat an oder sieht ihn über Bücher von Geoffrey Chaucer gebeugt. Da Hittmair fünf Kinder zu ernähren hat, werden ihm im April 1940 drei Viertel seines Gehalts als „Ruhegenuß“ zugesprochen. Gut ein halbes Jahr später stirbt er, knapp fünfzigjährig. Der altgediente Prokurist der Firma tritt als Geschäftsführer ein. Ist er auch so ein Parteisoldat wie –
    Goldfasan nennen sie ihn, den SA-Standartenführer. Der ist alles andere als ein Vorzeige-Germane, eher ein südländischer Typ. Groß ist er, schlank, ätzen die Drucker, und dass er Frauenherzen schneller erobert, als sein Führer die Maas überschreitet. Gerne trägt er Maßanzüge, Rollkragenpullover, selten betritt er in Uniform die Firma. Kommt er im Braunhemd, fürchten die Angestellten, er habe einen Termin im Gauhaus. Dann ist Vorsicht geboten, Schönwitz versteht sich nicht mit dem Gauleiter, heißt ihn einen aufgeblasenen Gockel. Ein Hahnenkampf, bei dem stets der Ranghöhere siegt. Die Sekretärinnen gehen ihrem Chef aus dem Weg. Kehrt er von Unterredungen mit Hofer ins Kontor zurück, ist Schönwitz kurz ein anderer. Rasch kehrt Gelassenheit den Herren heraus, weltmännisch ordnet er das Unvermeidliche an. Die Kinder seiner Gedanken sind ideologische Geburten, mit sonorer Stimme schickt er sie auf den Weg, seine Augen –
    Wagner mustert den Nazi, der ist kein Rädchen im System, hat die Hand am Hebel der Maschinerie. Verlag, Druckerei und die Zeitung unterstehen ihm, Grabenkämpfe interessieren ihn nicht. Ist er sich seiner Macht so sehr bewusst, dass er auf plumpes Muskelspiel verzichtet, wie es die Emporkömmlinge in der Gauverwaltung tun? Abends folgt Wagner ihm ins schöne Aldrans, wo der Standartenführer mit seiner Familie residiert. Ein liebevoller Vater ist Schönwitz, spart nicht mit Komplimenten an seine Frau. Die weist ihren Kurt kokett in die Schranken, er möge sie verschonen mit seinem Dackelblick

Weitere Kostenlose Bücher