Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Buddha aus der Vorstadt

Der Buddha aus der Vorstadt

Titel: Der Buddha aus der Vorstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
Vom Netzwerk:
dabeihaben, aber da sie sich, seit sie aus unserem Haus ausgezogen waren, nicht gesehen hatten, dachte ich, mein Debüt in »The Jungle Books« sei nicht gerade der passende Augenblick für eine Wiedervereinigung. Also lud ich Mum, Onkel Ted und Tante Jean zur nächsten Voraufführung ein. Diesmal lief nichts schief. Onkel Ted, heute in Anzug piit Brillantine im Haar, lud uns anschließend zu einem Festessen ins Trader Vic’s im Hilton Hotel ein. Mum hatte sich schick gemacht und sah in ihrem blauen, mit einer Schleife besetzten Kleid wirklich süß aus. Sie war sogar in guter Stimmung; ich hatte ganz vergessen, wie glücklich sie sein konnte. In einem Anfall von Wagemut hatte sie ihren Job im Schuhgeschäft gekündigt und arbeitete jetzt in einer Arztpraxis an der Rezeption. Sie begann, mit sachverständiger Autorität über Krankheiten zu reden.
    Mum weinte vor Stolz über meinen Mowgli. Jean, die seit dem Tod von Humphrey Bogart nicht mehr geweint hatte, lachte ausgiebig, war gut gelaunt und betrunken.
    »Ich hatte geglaubt, daß es viel amateurhafter sein würde«, sagte sie immer wieder, offensichtlich überrascht, daß ich bei etwas mitmachte, was sich nicht als totaler Mißerfolg herausstellte. »Aber es war wirklich professionell! Und all diese Schauspieler aus dem Fernsehen!«
    Um Mum und Tante Jean zu beeindrucken und dafür zu sorgen, daß sie meinen dämlichen Lendenschurz vergaßen, über den sie sich vor Lachen natürlich nur so gekrümmt hatten, war es das beste gewesen, sie nach der Aufführung den Schauspielern vorzustellen. Ich sagte ihnen, welche Darsteller sie in welchen Familiensendungen und Fernsehkrimis bereits gesehen hatten. Nach dem Essen gingen wir in einen Nachtclub im West End. Ich hatte Mum vorher noch nie tanzen sehen, doch heute schlüpfte sie aus ihren Sandalen und tanzte mit Tante Jean zur Musik der Jackson Five. Es war ein großartiger Abend.
    Ich glaubte allerdings, daß der Beifall, den ich an jenem Abend erhielt, nur ein Vorgeschmack auf die dampfende Sauna von Anerkennung sei, die mich nach der Premiere erwarten würde. Also lief ich nach der Eröffnungsvorstellung aus der Garderobe zu Dad - heute mit roter Weste - und den anderen, die auf mich warteten. Keiner von ihnen sah besonders fröhlich aus. Wir gingen in ein nahegelegenes Restaurant, und immer noch sagte niemand ein Wort. »Nun«, fragte ich, »wie hat es dir gefallen, Dad? Freust du dich nicht darüber, daß ich kein Arzt geworden bin?«
    Ich w^ar ein Narr; ich hatte vergessen, daß Dad Ehrlichkeit für eine Tugend hielt. Dad war ein mitfühlender Mann, aber sein Mitleid ging nie so w r eit, daß er seine Meinung verschwiegen hätte.
    »Verdammter Schwachsinn«, sagte er. »Dieser blöde Dreckskerl Mr Kipling glaubt w 7 eiß Gott, er würde Indien kennen! Und w r as für eine erbärmliche Leistung von meinem Jungen! Du hast ausgesehen wie der weiße Mohr von den Heiligen Drei Königen!«
    Eva unterbrach Dad. »Karim hat überzeugend gespielt«, sagte sie bestimmt und strich mir über den Arm. Wenigstens hatte Changez die ganze Zeit über vor sich hingegluckst. »Gute Unterhaltung«, sagte er. »Lädst du mich noch mal ein, he?«
    Bevor wir uns setzten, zog Jamila mich zur Seite und küßte mich. Ich spürte, daß Changez uns beobachtete.
    »Du hast wundervoll ausgesehen«, sagte sie, als redete sie nach dem Schultheater mit einem Zehnjährigen. »So unschuldig und jung, zeigst deine hübsche Figur, so schlank, so perfekt geformt. Aber wir sollten keine Zweifel daran aufkommen lassen, daß das Stück natürlich absolut neofaschistisch ist -«
    »Jammie -«
    »Und es war widerlich, dein Akzent und die Scheiße, mit der du dich eingeschmiert hattest. Du hast sämtliche Vorurteile bestätigt -«
    »Jammie -«
    »Und die Klischees über die Inder! Und der Akzent - um Himmels willen, wie hast du das nur fertiggebracht? Ich hoffe, du schämst dich wenigstens?«
    »Ich schäme mich, das stimmt.«
    Doch sie hatte kein Mitleid mit mir; sie imitierte meinen Akzent: »Stimmt, du hast keine Moral. Du kriegst sie später, nehme ich an, wenn du sie dir leisten kannst.«
    »Das geht zu weit, Jamila«, sagte ich und kehrte ihr den Rücken zu. Ich ging und setzte mich neben Changez.
    Das andere bedeutsame Ereignis dieses Abends ereignete sich zwischen Eva und Shadwell am anderen Ende des Restaurants, neben der Toilette. Shadwell stand mit dem Rücken an die Wand gelehnt, und Eva schien wütend auf ihn zu sein, denn sie machte wilde

Weitere Kostenlose Bücher