Der buddhistische Mönch
Chrysanthementätowierung ziert seine haarlose Brust, auf der zwei kleine Erhebungen sprießen. Seine Gesten sind übertrieben, aber man kauft ihm die Frau ab hinter den kantigen Zügen des Preisboxers. Sobald er die katoy- Posensein lässt, wirkt er überzeugend weiblich.
»Schätzchen«, begrüßt er Lek und reckt seinen Oberkörper vor, um sich von seinem katoy- Bruderein Küsschen auf die Wange geben zu lassen.
»Du bist high«, rügt Lek ihn.
»Ich arbeite an einem Meisterwerk, Schätzchen. Da brauche ich die Konzentrationshilfe.«
»Das ist mein Chef, Detective Jitpleecheep«, stellt Lek mich mit leichtem Schmollmund vor.
»Sehr erfreut, Sie kennenzulernen«, meint Pi-Oon und lädt uns mit einer Geste nach innen ein.
Sofort fällt mir Gauguin ein. Pi-Oon hat Wände und Decke seiner Holzhütte mit Bildern aus dem katoj -Nachtleben geschmückt, in den tropischen Purpur-, morbiden Malven- und patinierten Goldtönen eben jenes Künstlers. Ein Kabarettstar, der Ähnlichkeit mit Pi-Oon hat, beherrscht mit einem Mikrofon in der Hand den Mittelteil eines Triptychons. Mir fällt auf, dass alle dargestellten Figuren Transsexuelle sind. Am meisten fasziniert mich Pi-Oons markantes männliches Gesicht, das um Liebe und Zärtlichkeit zu betteln scheint. Er deutet auf den Boden, auf dem sich lediglich ein paar Kissen befinden. Wir nehmen im halben Lotussitz Platz, den Rücken an der Wand. »Wir wollen mehr über das Snuff Movie erfahren«, sagt Lek, immer noch ein wenig verärgert.
Ein gequälter Ausdruck verdüstert das Gesicht unseres Gastgebers, der eine Handfläche gegen seine Wange legt und Lek mit großen Augen ansieht. »Beim Buddha, ich hätte nie gedacht, dass es echt ist.« Und mit einem Blick auf mich fügt er hinzu: »Erst als Pi-Lek mir von Ihren Ermittlungen erzählt hat, ist mir aufgegangen, dass ich in der Scheiße sitze. Pi-Oon, Schätzchen, hab ich mir gesagt, du hast das verdammt noch mal größte Maul in Krung Thep. Wenn mich bloß der Alkohol nicht so geschwätzig gemacht hätte. Normalerweise trinke ich nicht, deshalb ist mir das Zeug sofort zu Kopf gestiegen.«
»Erzählen Sie uns, was Sie gesehen haben«, fordere ich ihn auf.
»Na ja, am Anfang war der Streifen ziemlich langweilig; wen interessiert schon ein Mädchen, das es treibt wie ein Tier auf dem Bauernhof? Aber weil mein Lover bi ist, hab ich mir den Film aus Höflichkeit mit ihm angeschaut. Natürlich ist er geil geworden wie Sau.« Mit einem Zwinkern in Richtung Lek fügt er hinzu: »Und wie er mich hinterher bestraft hat – unglaublich!« Lek reagiert mit einem süffisanten Grinsen. »Da zieht also ’ne alberne Nutte ein ziemlich ausgefeiltes boom-boom mit ’nem beachtlich gut bestückten schwarz Maskierten durch, und am Ende befördert er sie mit ’nem Seil ins Jenseits, na und? Es wär mir doch nie in den Sinn gekommen, dass das echt ist. Heutzutage spielt sich doch alles virtuell ab. Wieso sollte man die Nutte wirklich abmurksen, wenn man sie im nächsten Streifen wieder verwenden kann? Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass es virtuell sein muss.«
»Wer ist dein Lover?«, fragt Lek und handelt sich sowohl von Pi-Oon als auch von mir einen finsteren Blick ein.
Pi-Oon sieht mich an. »Der gute Pi-Lek redet nicht gerade um den heißen Brei herum, was?« Und mit einem Stirnrunzeln meint er: »Du weißt, dass ich dir das nicht verraten kann. Das verstößt gegen die Regeln.«
»Ganz Krung Thep weiß alles über ihn außer seinem Namen.« An mich gewandt, sagt Lek: »Er ist ein großes Tier in der Werbebranche, Mitte Vierzig, trägt Goldklunker, hält sich körperlich fit und mag lieber katoys als Frauen, hasst aber echte Schwule. Und er verwendet immer ein Kondom. Stimmt’s?«
Pi-Oon wirkt aufrichtig verblüfft. »Mein Gott, hab ich das wirklich alles erzählt?« Dann meint er stolz: »Jedenfalls ist er tatsächlich unglaublich reich.« Als er kichert, lächelt auch Lek. »Und ziemlich gut gebaut. In unserer ersten Nacht hab ich ihm gesagt: ›Es hilft nichts, Schätzchen, ich muss dich pro Zentimeter abkassieren.‹ Natürlich hat ihm das gefallen. Du lachst? Wir haben einen Mordsspaß miteinander und denken sogar ans Heiraten, vielleicht in Kanada, wo so was geht. Im Bett ist er ein Tiger, aber ansonsten sanft wie ein Lämmchen. Er wusste bestimmt nicht, dass das Snuff Movie echt war.«
»O doch«, widerspricht Lek ihm.
Pi-Oons Gesicht nimmt eine fahle Farbe an. »Meinst du wirklich? O je. Aber ich bin mir
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