Der buddhistische Mönch
unterwegs waren, fuhren im Taxi oder Mietwagen bei uns vor. So konnten wir sie erpressen, auch Richter und Staatsanwälte. Deswegen hab ich nur sechs Monate Knast gekriegt und sie die Abschiebung. Es war ein Deal. Wenn sie uns hätten mehr aufbrummen wollen, wären da die Videos gewesen. Tja, wir haben ungefähr dreihunderttausend Dollar verdient, bevor wir aufgeflogen sind.«
Er marschiert in dem kleinen Zimmer auf und ab, nimmt Gegenstände in die Hand und legt sie wieder weg, rückt das Poster von Angkor Wat zurecht. Mein Blick fällt auf den riesigen, düsteren Dschungeltempel mit den fünf phallischen Türmen. Gerade habe ich das Gefühl, dass wir einen weiteren psychologisch interessanten Punkt erreichen, als es an der Tür klopft. Mit unverhohlener Erleichterung sagt Baker: »Mein Schüler.« Dann holt er hastig ein T-Shirt aus einer Schublade und zieht es an.
Ich signalisiere ihm mit einem Kopfnicken, dass er die Tür öffnen soll. Lek und ich mustern den eintretenden jungen Mann: einen schlanken Thai Anfang zwanzig in weißem Hemd, schwarzer Hose und hochglanzpolierten schwarzen Schnürschuhen, eine Unschuld im Blick, wie man sie bei farangs dieses Alters kaum jemals findet. Welcher unrealistische Ehrgeiz hat ihn heute hierher getrieben, vermutlich an seinem freien Tag von einem öden Bürojob? Welche Geschichten über die globale Wirtschaft und die dafür nötigen Sprachkenntnisse hat er naiv geschluckt? Als er mich bemerkt, bedenkt er mich mit einem respektvollen wai und fragt in grässlich korrektem Englisch: »Entschuldigung, störe ich bei einer wichtigen Besprechung?«
»Wir wollten gerade gehen«, antworte ich in Thai und füge in Englisch an Baker gewandt hinzu: »Könnten wir zu einer günstigeren Zeit wiederkommen?«
Baker zuckt mit den Achseln, als wollte er sagen: Ein Thai-Cop kann doch tun und lassen, was er will.
»Wäre Ihnen so gegen sieben abends recht?«
»Morgen Abend wäre mir lieber. Um sechs habe ich wieder einen Privatschüler, und dann noch mal einen um neun, und außerdem arbeite ich den ganzen Tag in der Schule.«
Lek und ich erheben uns. »Also gut, dann bis morgen.« Ich hüstle verlegen. »Mr. Baker, es tut mir leid, aber ich muss Ihnen den Pass abnehmen. Sie bekommen ihn morgen wieder.«
Der Thai-Schüler macht große Augen. Ihm war bisher nicht klar gewesen, dass ich Polizist bin, und als er sieht, wie sein verehrter ajaan mir seinen Pass aushändigt, verändert sich seine Körperhaltung grundlegend: Am liebsten würde er Reißaus vor Baker nehmen. Ich beruhige ihn lächelnd auf thai: »Es geht um eine Frage der Einwanderungsbehörde.« Erleichtert erwidert er mein Lächeln. Unten stecke ich dem Wachmann noch einmal hundert Baht zu, damit er mich über das Kommen und Gehen von Baker auf dem Laufenden hält.
Im Taxi werfe ich einen Blick in Bakers Pass und reiche ihn dann Lek. Wir zucken beide mit den Achseln. Zur Zeit des Mordes an Damrong war Baker nicht im Land. Offenbar hielt er sich in Siam Reap in Kambodscha auf, der Angkor Wat nächst gelegenen Stadt mit Flughafen. Damrong hatte einen amerikanischen und einen thailändischen Pass; beide dokumentieren, dass sie Thailand das letzte Mal ein Jahr vor ihrem Tod verlassen hatte. Tja, damit ist die Akte Baker wohl geschlossen.
7
Da ich im Augenblick keine anderen Spuren verfolgen kann, beschließe ich, die nächsten paar Stunden mit den Damen in meinem Leben zu verbringen, und lade meine Mutter Nong, Chanya und die FBI-Frau zum Büffet im Grand Britannia in der Sukhumvit, in der Nähe der Asok-Skytrain-Station, ein. Ein schwuler Kellner flirtet mit Chanya, die lachen muss, als er ihr gesteht, dass er neidisch ist auf ihre Schwangerschaft. Die FBI-Frau kümmert sich rührend um Chanya und besteht darauf, sie zu bedienen, während Nong den Blick taxierend über die anderen Gäste schweifen lässt.
»Siehst du die Nutte da drüben? Sie kommt aus Nong Kai, heißt Sonja und arbeitet im Rawhide. Ich versuche schon eine ganze Weile, sie abzuwerben, aber leider ist sie im Rawhide zufrieden.«
»Freunde sind alles. Und wenn sie im Rawhide welche hat, kommt sie nie zu uns. Das kann man ihr auch nicht verdenken. Nutten sind in Bangkok letztlich genauso verloren wie farangs – vielleicht noch ein bisschen mehr, weil sie kein Geld haben.«
»Ihre Kunden scheint sie immerhin im Griff zu haben. Sie hechelt grad das ›Heirate-mich-Szenario‹ durch. Schau, sie hat ihre Familie aus Isaan anreisen lassen, um sie ihm
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