Der buddhistische Mönch
Werbeagentur auf seinem cleveren Management des aristokratischen Finanzwesens. Er heißt Khun Kosana und ist in Bangkok als echtes na yai, also Großgesicht, bekannt. Seine bizarre Affäre mit dem armen, hässlichen, aber hoch begabten Pi-Oon hält sich seit mehr als einem Jahr als Thema Nummer eins in sämtlichen Klatschküchen; anscheinend verstehen sich die beiden tatsächlich prächtig und spielen mit dem Gedanken an eine Eheschließung in Kanada oder Amsterdam. Zur Überraschung aller hat Khun Kosana, dieser na yai- Playboy reinsten Wassers, der Pi-Oon wirklich anzuhimmeln scheint, sämtliche Arztrechnungen für dessen Geschlechtsangleichung bezahlt und ist ihm – noch erstaunlicher – bis jetzt treu.
Die Puzzleteile fügen sich unvermutet gut zusammen. Ich muss nur ein bisschen Druck auf Khun Kosana ausüben, um herauszufinden, woher das Snuff Movie mit Damrong stammt. Wahrscheinlich hat sich einer der Kumpel Kosanas aus der High Society durch die Vermittlung der DVD ein wenig Authentizität als knallharter Bursche erworben. Zweifelsohne zirkuliert eine Kopie im Jet-Set, und wenn ich mich an die Regeln halte (Erpressung ist okay, die Androhung von polizeilichen Maßnahmen nicht), entlocke ich einem der Partylöwen mit Sicherheit die Quelle. Natürlich brauche ich Vikorn im Hintergrund, um nicht selbst über die Klinge zu springen, aber das lässt sich einrichten, indem ich dem Colonel die Möglichkeit eröffne, einige der großen Tiere zu melken, die in diesem Land das Sagen haben. Alles in allem war die Rauchsitzung mit Gauguin ein kluger Schachzug – in meiner Vorstellung präsentiert er sich noch immer in dieser Inkarnationsform (ich selbst begebe mich nur selten zurück in mein damaliges tahitianisches Leben; die Zurück-zur-Natur-Masche war ein Fehler; ich lernte Gauguin seinerzeit als französischen Arzt kennen; der Künstler hat sich, wie wir nun sehen, noch immer nicht aus der Dritte-Welt-Falle befreit, in die er sich vor über hundert Jahren hineinmanövrierte – keine Sorge: Das gehört nicht zur Handlung). Nun klingelt mein Handy mit der Melodie von Bob Dylans »Tonight I’ll Be Staying Here with You«: Es ist Lek.
»Sie sind tot«, informiert er mich. »Beide.«
»Sie haben Pi-Oon vor seinen Augen gefoltert und sie dann beide erschossen.«
Lek hat einige Uniformierte zur Absperrung der Hütte herbeigerufen, und nun warten wir auf das Team der Spurensicherung, obwohl das nichts entdecken wird, was wir nicht schon wüssten: Pi-Oon, das Gesicht schmerzverzerrt, die Künstlerhände verdreht und zerfetzt, die Fingernägel herausgerissen, eine Einschusswunde zwischen den Augen und ein größeres Austrittsloch an der Rückseite des Schädels, lehnt mit dem Rücken am unteren Teil seines Selbstporträts in der Mitte des Triptychons. Khun Kosana scheint aufrecht stehend exekutiert worden zu sein, weil sich eine vertikale Blutspur auf dem Gemälde befindet, die zu seiner Leiche auf dem Boden führt. Auch er trägt die Male eines einzigen professionell abgefeuerten Schusses.
»Niemand hat was gehört oder gesehen, stimmt’s?«, frage ich Lek.
»Doch. Angeblich wurden die Schüsse so gegen drei heute früh abgegeben. Gestern um etwa sieben Uhr kam ein groß gewachsener, gut gekleideter farang hierher. Da er sich nach dem Weg zur Hütte erkundigen musste, war es wohl sein erster Besuch. Er sprach Thai mit starkem englischem Akzent.« Lek weicht meinem Blick aus. Als ich versuche, ihm in die Augen zu sehen, sagt er: »Ich gehe in den wat. «Also warte ich allein auf die Leute von der Spurensicherung. Sobald sie mit ihren Latexhandschuhen und ihrer Videoausrüstung eintreffen, geselle ich mich zu Lek, der mittlerweile im wat am Rand des Slums in halber Lotusposition, den Rücken gerade, die Augen geschlossen, vor einem Goldbuddha sitzt. Ich entzünde ein paar Räucherstäbchen und stecke sie in die dafür vorgesehene Sandschale, bleibe eine halbe Stunde bei ihm und gehe dann wieder. Auf der Straße vor dem wat hole ich das Handy aus der Tasche, um Vikorn anzurufen. Als ich ihm die Gräuel des Tatorts schildere, höre ich so etwas wie ein Grunzen von ihm, und als ich ihm sage, dass sich unter den Opfern der berühmte Playboy Khun Kosana befindet, erklärt er postwendend: »Das ist nicht passiert.«
»Aber …«
»Es ist nicht passiert.«
»Und seine Familie und seine Freunde?«
»Er wurde tragischerweise von einem unauffindbaren Lastwagen überrollt.«
Ich hole tief Luft. »Colonel, wir haben
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