Der buddhistische Mönch
sicher, dass er nichts damit zu tun hat. Die DVD muss ihm irgendein reicher Kumpel geliehen haben, ein Hetero, denn Heterosex ist heutzutage manchmal ganz schön schräg – was Frauen mit ihrem Körper anstellen, mein Gott. Na ja, euch muss ich nichts erzählen, ihr seid ja Bullen.«
»Verrat uns seinen Namen, sonst prügeln wir ihn aus dir raus«, fordert Lek ihn mit strengem Gesicht auf.
»Versprochen?«, fragt Pi-Oon.
Jetzt schütten sich beide katoys vor Lachen aus, und ich fühle mich fehl am Platz. Als Pi-Oon sich wieder einigermaßen gefangen hat, fragt er: »Würdet ihr zwei mir die Ehre erweisen, mit mir ein bisschen Stoff in Exportqualität zu rauchen? Den hab ich von meinem Lover. Ihr wisst ja, was man über Geld sagt: Es zieht Gutes magisch an.«
»Ich rauche nicht«, antwortet Lek. »Er schon.«
»Tatsächlich, Schätzchen?«, fragt Pi-Oon mit einem Blick auf mich. »Keine Sorge, ich verrat den Bullen nichts.« Wieder kichern die beiden.
Natürlich winke ich ab. Während Pi-Oon seine Sachen aus einer Kiste holt, flüstert Lek mir zu, dass sein Freund unter dem Einfluss von Gras noch redseliger ist als unter dem von Alkohol. Wenn er beim Rauchen allerdings keine Gesellschaft hat, wird er befangen. Mit Erstaunen beobachte ich, wie Pi-Oon einen selbst gebastelten Verdampfer – einen Glasbehälter, aus dem ein langes, durchsichtiges Rohr herausragt – aufstellt.
»Ich bin sehr gesundheitsbewusst«, erklärt Pi-Oon. »Mein Vater war Kettenraucher, er hat sich mit Zigaretten zugrunde gerichtet. Ich hab mir geschworen, dass ich niemals rauchen würde; angeblich ist der Verdampfer vollkommen sicher. Die Bauanleitung war im Internet.«
Er steckt den Stecker der Vorrichtung ein, und Sekunden später beginnt der kleine Drahtkorb mit Marihuana in dem Glasgefäß zu dampfen. Pi-Oon nimmt ein paar Züge, bietet Lek die Pfeife an, der abwinkt, und reicht sie dann an mich weiter. Ich habe noch nie ein solches Gerät benutzt und ziehe daran wie an einem Joint, was zur Folge hat, dass der Rauch mir in Speiseröhre und Magen dringt. Ich schmecke oder rieche kaum etwas, weshalb ich den Stoff für nicht sonderlich stark halte und zum Erstaunen Pi-Oons noch ein paar Züge mache. »Wow! Sie sind ein echter Profi, das sehe ich sofort. Mich würde schon ein einziger solcher Zug flach legen.« Er inhaliert kurz, bevor er mir die Pfeife wieder reicht. Offen gestanden, bin ich frustriert darüber, dass das Zeug nicht die gewünschte Wirkung hat, und fülle meine Lungen ein weiteres Mal. Ich merke, dass ich die Stärke des Stoffs unterschätzt habe, als der Typ auf dem Wandgemälde Saxophon zu spielen beginnt und die Titelmelodie von Blade Runner erklingt.
»Paul«, höre ich mich selbst auf englisch sagen, »ich bin wirklich beeindruckt, dass du den Materialismus der zeitgenössischen Kultur gegen einen spirituelleren Lebensstil eintauschen willst.« Lek kichert, während Gauguin mich verwirrt ansieht. »Aber sag, wie bringst du sie dazu, sich zu bewegen?« Ja, der Saxophonist an der Wand schwingt sein Instrument tatsächlich auf und ab, während er eine ziemlich schräge Version von »Bye, bye Blackbird« intoniert. Jetzt merke ich, dass die Farben die Melodie spielen, die komplexen Rotbrauntöne, tropischen Sonnenuntergänge, überreifen Jackfruits, üppigen braunhäutigen Männer und Frauen, die erst halb aus der Erde hervorgewachsen zu sein scheinen, die Rufe des in der Materie gefangenen menschlichen Geistes – das alles verwandelt das Saxophon an der Wand in eine intensive, greifbare Hörlandschaft. Dann taucht plötzlich wie durch eine Drehung des Kaleidoskops Damrong auf. Sie ist oben ohne, trägt nur einen Sarong mit tahitischem Muster; ihre braune Haut passt perfekt zu den Farben des Gemäldes. Eine unerhörte Energie verleiht ihr Macht über alles. Ihre schwarzen Haare fliegen, und ihre Augen schimmern geheimnisvoll. Hallo, Sonchai. Was machst du denn hier?
»Ich rufe ein Taxi«, sagt Lek, halb belustigt, halb verlegen.
8
Natürlich wissen Lek und ich ganz genau, wer Pi-Oons Lover ist, denn sein Konterfei ziert die Titelseiten sowohl der thailändischen als auch der englischsprachigen Boulevardblätter. Auf dem Foto vor mir besucht er in Gesellschaft der üblichen wohlhabenden Verdächtigen und ihrer tief dekolletierten Ehefrauen irgendeinen Ball. Er hat ein rundes Gesicht und Porzellanhaut und trägt Gold an Hals, Hand- und – wie Lek behauptet – Fußgelenken. Offenbar basiert der Erfolg seiner
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