Der buddhistische Mönch
einem seiner Clubs in der Nähe der Polizeistation vergnügt. Als ich ihm verschlüsselt erkläre, was ich bei mir habe, verspricht er mir, sich anzuziehen und mich in einer halben Stunde zu treffen. Im Revier lasse ich das Notebook nicht aus den Augen. Ich habe einmal etwas über einen Kurier gelesen, der zwei Flaschen Mouton Rothschild aus dem Jahr 1945 in einem mit Handschellen gesicherten Aktenkoffer von London nach Hongkong bringen sollte. Tja, mein Laptop ist das Äquivalent dieses Mouton Rothschild in der Pornoindustrie. Ich muss ungefähr eine Stunde auf Vikorn warten.
Wir sitzen wieder in seinem Büro, wo wir gerade alle Details von Damrongs Leibesübungen mit Khun Tanakan begutachtet haben. Inzwischen ist es fast Mitternacht. Als Vikorn sich mir zuwendet, gelingt es mir nicht sofort, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Ich glaube, ein Stirnrunzeln zu erkennen, doch gleichzeitig spielt so etwas wie ein Lächeln um seine Mundwinkel. Allerdings kenne ich ihn gut genug, um zu wissen, wo ich hinsehen muss: Seine Augen glänzen. Er spricht mit sehr sanfter Stimme, wie ein Liebhaber, und klingt dankbar und zärtlich.
»Sonchai, möglicherweise brauche ich einen Zeugen.«
»Ja?«
»Jemanden, der clever genug ist zu kapieren, was läuft, aber gleichzeitig erkennt, dass jeder Vertrauensbruch fatal wäre.«
»Ich kann Ihnen nicht ganz folgen, Colonel«, sage ich.
»Du weißt ja, wie unser Land ist, Sonchai, ti-soong, ti-tam. «Er bezieht sich auf das thailändische Feudalsystem, in dem es seit jeher um Oben und Unten geht. »Wenn ich das allein durchziehe, findet er eine Möglichkeit, seine Beziehungen spielen zu lassen.«
Als mir dämmert, was Vikorn vorhat, bekomme ich eine wohlige Gänsehaut. »Sie wollen also, dass ich dabei bin, wenn Sie Khun Tanakan unter Druck setzen?«
Vikorn hebt einen Finger an die Lippen. »Er wird deine Anwesenheit nicht bemerken.«
»Warum machen Sie nicht einfach ein Video davon?«
»Weil er darauf bestehen wird, dass ich zu ihm ins Büro komme.«
»Und wie soll ich da anwesend sein?«
»Du begleitest mich als mein Assistent und Leibwächter. Während der Verhandlungen darfst du mit Sicherheit nicht dabei sein, was bedeutet, dass ich ein Mikro am Körper trage, das mit einem Aufnahmegerät bei dir verbunden ist. Außerdem belauschst du über Kopfhörer das Gespräch, sodass du mit Fug und Recht behaupten kannst, Zeuge gewesen zu sein, falls irgend etwas schief geht. Wir lassen es einfach so aussehen, als ob du Musik hörst – wie heißen die blöden Dinger?«
»iPods.«
»Genau. Wie auf den Werbeplakaten für die Polizei.«
»Das könnte mich in Lebensgefahr bringen, Colonel.«
Er hebt die Augenbrauen und wendet dann den Blick ab. »Zehn Prozent für die Armen.«
»Zwanzig.«
»Einverstanden.«
Ich zucke mit den Achseln. Wenn der Buddha möchte, dass Khun Tanakans Reichtum gerechter verteilt wird, kann ich mich nicht dagegen stellen, oder? Außerdem will ich nicht verpassen, wie Vikorn das tut, was er am besten kann.
»Erläutere mir den Fall noch mal genau«, fordert Vikorn mich auf. »Es handelt sich um Mord, oder täusche ich mich?«
»Könnte man so sagen.«
»Eins steht fest. Dieser Baker braucht Schutz. Sorg dafür, dass er wegen Verbreitung pornografischen Materials verhaftet wird. In der Zelle hab ich ihn im Blick.«
»Gut«, sage ich.
Auf dem Nachhauseweg wird mir klar, dass ich Baker in den letzten Stunden kaum eines Gedankens gewürdigt habe. Den Laptop aus dem Fenster zu hängen, war lächerlich amateurhaft, die Reaktion eines typischen Verlierers. Loser geraten leicht in Panik, was ihm angesichts der Clips auf dem Laptop jedoch nicht zu verdenken ist. Ich rufe den Wachmann vor Bakers Wohnblock an.
»Er hat das Haus vor mehr als einer Stunde mit einem Rucksack verlassen, nachdem der Engländer gegangen war.«
»Warum haben Sie mich nicht informiert?«
»Sie haben mir nur für ein Telefonat Geld gegeben.« Seufzend beende ich das Gespräch und lasse mich zur Ausländerbehörde verbinden.
»Ohne Pass kommt er nicht weit«, erklärt mir eine fröhliche Stimme.
»Er läuft um sein Leben. Vielleicht hat er sich einen gefälschten Pass an der Kaosan Road besorgt.«
»Na schön, schicken Sie mir morgen früh eine gute Kopie von seinem Passfoto, die leiten wir dann in digitaler Form an alle Hauptgrenzposten weiter.«
Ich lasse mich zu einer sarkastischen Bemerkung hinreißen, in der auch die Worte »Hauptgrenzposten« und »morgen früh« vorkommen.
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