Der buddhistische Mönch
Flirt mit einem Cop, und sie hat Mühe, ihren Widerwillen zu verbergen. Dass ich sofort nach Betreten ihres Zimmers meinen iPod herausfische und mich mit ausgestreckten Beinen auf das italienische, von Porzellanlöwen flankierte Ledersofa lümmle wie der Prolo, für den sie mich von Anfang an gehalten hat, hilft auch nicht weiter.
»Willkommen in meinem bescheidenen Büro«, höre ich Tanakan gerade in meinem rechten Ohr sagen.
»Es ist mir eine große Ehre, Khun Tanakan«, erwidert Vikorn. »Ich glaube, ich habe noch niemals ein so schönes Büro gesehen. Sie besitzen untrüglichen Geschmack.«
»Keine falsche Bescheidenheit, Colonel. Was bin ich schon? Ein Banker, ein Geldmensch. Ein Polizeioffizier wie Sie leistet doch viel mehr für die Gesellschaft.«
»Ach, Khun Tanakan ist wirklich zu freundlich. Aber machen wir uns nichts vor: Wir gehören unterschiedlichen Welten an. Sie sind Porzellan, ich nur Ton.«
»Selbst wenn ich diesen bescheidenen Vergleich hinnehmen könnte, Colonel, müsste ich erwähnen, dass beim Zusammenprall von Porzellan und Ton das Porzellan den größeren Schaden davonträgt.«
»Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen.«
Inzwischen scheint Tanakans Sekretärin Angst zu bekommen, dass sie die Anweisungen ihres Chefs nicht ordnungsgemäß befolgt. Sie findet einen Grund aufzustehen, sich ins Profil zu drehen, tief einzuatmen und die Schultern zu straffen; natürlich hat sie perfekte Brüste, aber was soll ich damit? Nun tritt sie hinter ihrem Schreibtisch hervor, um die Hochglanzmagazine auf dem Beistelltischchen vor dem Sofa neu zu arrangieren. Ein Fortune- Heftin der Hand, wendet sie sich nach einer Weile stirnrunzelnd und mit einem verwirrten Lächeln mir zu. Als es ihr nicht einmal so gelingt, mich zu einem Kniefall zu bewegen, schluckt sie vernehmlich und haucht: »Wo gehört das bloß hin?« Spätestens jetzt wird mir klar, warum Tanakan Damrong brauchte.
»Natürlich«, sagt Vikorn gerade, »ziehen sich Gegensätze an, wie schon der Buddha lehrt.«
»Stimmt«, pflichtet Tanakan ihm bei.
»Es versteht sich von selbst, dass der bescheidene Ton Ehrfurcht, Bewunderung, ja, sogar Leidenschaft für das Porzellan empfindet, ganz zu schweigen von seinem Neid, aber darüber, dass das Porzellan vom Ton fasziniert wäre, habe ich noch nichts gehört.«
»Colonel Vikorns forensisches Geschick ist stadtbekannt. Sie besitzen ein erstaunliches Gespür für die subtilsten Nuancen.«
»Die Welt weiß wenig über den wahren gesellschaftlichen Wert von Männern wie Ihnen. Sie schuften den ganzen Tag und den größten Teil der Nacht, um unsere Wirtschaft am Laufen zu halten. In den luftigen Höhen, in denen Khun Tanakan sich bewegt, würde ein Geringerer sein Leben lassen. Deshalb brauchen Sie einen Ausgleich, der vielleicht nicht ganz den Normen entspricht.«
»Der Colonel ist nicht nur ein exzellenter Polizist, sondern auch ein mitfühlender Kenner der menschlichen Natur.«
»Nun, ich praktiziere Mitgefühl, wann immer es geht«, sagt Vikorn. »Aber lehrt nicht schon der Buddha, dass selbst Mönche nicht von Luft leben? Auch Mitgefühl braucht eine materielle Basis.«
»Natürlich. Sogar eine breite, und es ist mein innigster Wunsch, einen bescheidenen Beitrag zu leisten.«
»Stellen Sie sich beispielsweise vor«, fährt Vikorn fort, »dass gleich eine Bedienstete diesen Raum betritt, vielleicht eine ungebildete junge Frau, und beim Saubermachen jene wunderschöne Vase herunterstößt, die auf den Boden fallen würde, wenn nicht ein Mensch mit praktischer Intelligenz die Gefahr sähe und sie rettete.«
Schweigen, dann meint Tanakan: »Ein solcher Akt des Mitgefühls würde über den Wert der Vase hinaus belohnt.«
»Und wie viel ist diese Vase wert, Khun Tanakan?«
»Die letzte Schätzung liegt lange zurück. Doch ich weiß, dass der Colonel sich in solchen Dingen auskennt. Welchen Wert würde er ihr geben?«
»Darf ich?«
»Aber sicher.«
Vermutlich hält Vikorn die Vase jetzt in der Hand. »Sehen Sie nur, wie vollkommen der Töpfer diese Drachen vor über tausend Jahren geschaffen hat. Heutzutage hätte keiner mehr die Fähigkeit und Geduld zu so etwas, – geschweige denn den nötigen ästhetischen Blick. Ein exquisites Stück. Ich würde sagen: eine Million Dollar. Stimmen Sie mir zu?«
Ein deutlich vernehmbarer Seufzer der Erleichterung. »Selbstverständlich. Der Colonel hat den Wert der Vase sehr genau bestimmt: eine Million Dollar, kein Zweifel: eine Million
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