Der buddhistische Mönch
vehement kritisiert? Ich weiß nur, dass Songkran war, das thailändische Neujahrsfest, die heißeste Zeit überhaupt. An jenem Songkran vor etwa vier Jahren vertraute ich dem Computer in meinem liebeskranken Zustand Proustsche Ergüsse an:
Gestern Abend sah ich von der Tür zur Bar aus, wie sie mit einem Motorradtaxi in unserer Soi eintraf, bekleidet mit einem neuen, grell bunten Kleid, das das Wesen dieser schrecklichen Jahreszeit zu verkörpern schien, und mit einem arroganten Zurückwerfen ihrer dichten schwarzen Mähne, die sich seidig schimmernd über ihre zierlichen Schultern ergoss, stolz ins Bordell marschierte, in dem ich sie, nur sie, erwartete …
O je. Jeder Mann in dem Zustand dürfte für das Objekt der Begierde sehr leicht zu durchschauen sein. Ich glaube, es war in der Nacht, in der ich diese Worte geschrieben hatte, so gegen zwei Uhr, als ich die Bar zuschließen wollte, in der nur noch sie sich aufhielt. Die Stereoanlage hatte ich bereits ausgeschaltet; die hässlichen Geräusche vor dem Zusperren – Flaschenklappern, Abfallrascheln, Wasserplätschern in der Spüle –, schienen von der Einsamkeit zu künden, unter der ich litt. Ich senkte den Blick, als sie auf dem Weg nach draußen an mir vorbeikam, doch sie legte sanft die Hand unter mein Kinn und hob meinen Kopf hoch, bis ich ihr in die Augen sehen musste. Mehr war nicht nötig. In unserer Begierde machten wir uns nicht die Mühe, in eins der Zimmer oben zu gehen.
»Du bist ein außergewöhnlicher Liebhaber«, flüsterte sie mir hinterher zu. – Das sagen alle Nutten, und wie alle Freier wollte ich es glauben.
Heute erscheint mir die ganze Affäre von Anfang bis Ende klischeehaft, und das sage ich der FBI-Frau auch. Sie sieht mir nicht in die Augen, während ich die traurige Geschichte erzähle, die in engem Zusammenhang mit der Wildheit des Songkran-Festes stand, bei dem früher einmal heiliges Wasser sanft und liebevoll über Mönchen und angesehenen Älteren ausgegossen wurde; heutzutage hat der farang es in Bangkok für sich vereinnahmt: Dreißig-, Vierzig- und Fünfzigjährige spritzen wie die Lausbuben Passanten aus riesigen Wasserpistolen an; angetrunken werden sie ziemlich aggressiv, bis sie sich schließlich mit ihren Plastikspielzeugen müde auf dem Gehsteig zusammenrollen. Alle, die die Bar an jenem Abend betraten, waren nass bis auf die Haut; die Klügeren hatten ihre Handys in wasserdichte Beutel gesteckt. Es regierte der Wahnsinn.
Ich nehme einen Schluck Bier. Die FBI-Frau und ich verfolgen die priapeische Bahn des Orion am Himmel.
»Erspar mir den Mittelteil und komm lieber gleich zum Ende«, sagt die FBI-Frau augenscheinlich emotionslos, aber mit rauer Stimme.
»Erlebt ihr Frauen die Leidenschaft jemals so extrem wie wir Männer?«
»Meinst du völlige psychische Auflösung, Auslöschung der Identität, Zerstörung des Ego, permanente Verunsicherung, egal, ob man gerade mit dem Objekt der Begierde im Bett liegt oder nicht? Klar.«
»Und wie endet das normalerweise?«
»Demjenigen, der mehr leidet, bleiben zwei Alternativen: den anderen umbringen oder sich verkrümeln, solang’s möglich ist.« Ein hastiger Blick in meine Richtung. »Du als Cop weißt besser als die meisten Menschen, dass es keine schlimmere Gewalttätigkeit gibt als bei Paaren.«
Ihre scharfsinnige farang- Analyse verblüfft mich. Ich hatte nicht erwartet, so schnell zum Höhepunkt des Abends zu kommen. Etwa zehn Minuten des Schweigens vergehen, bevor es mir gelingt zu sagen:
»Nach unserer ersten gemeinsamen Nacht hab ich ihr das Versprechen abgenommen, mit keinem Freier mehr zu schlafen. Sie sollte nur noch Drinks servieren und flirten; ihren Einnahmeverlust würde ich ausgleichen, egal, wie hoch er wäre. Ein klassischer Fall von verrücktem Lover, der sich die Keuschheit seiner Geliebten erkaufen will. Sie hat ihren Teil der Abmachung ungefähr zehn Tage lang eingehalten, bis dieser durchtrainierte junge Engländer daherkam, mit dem sie sich einen Schwips antrank. Er zahlte ihre Auslöse und entführte sie vor meinen Augen nach oben.« Wieder eine lange Pause. »Es ist so, wie du sagst: Entweder man wird zum Mörder, oder man macht sich vom Acker. Ich hab meine Mutter gebeten, sich den Rest der Nacht um die Bar zu kümmern, und es den Mädchen überlassen, ihr zu erzählen, was passiert war. Dann hab ich mir eine zweiwöchige Auszeit auf Ko Samui gegönnt, und in der hat meine Mutter sie vor die Tür gesetzt.«
Kimberley schüttelt
Weitere Kostenlose Bücher