Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
irgendwie – anrüchig. Und ich will sexuelle Anspielungen ja ignorieren. Wobei ich glaube, dass Marco von solchen Spielchen eh nichts hält. Zumindest hat er in die Richtung nie was vorgeschlagen, als wir noch offen miteinander alles Erdenkliche ausprobiert haben.
„Los jetzt!“ Marco schnappt seine Aktentasche und eilt zur Tür. Gut, dass es schon so spät ist, da müssen wir die Pissjeans nicht diskutieren. Ich grinse.
So toll, wie der Anzug im Spiegel aussieht, so unpraktisch fühlt er sich an. Ich habe die ganze Fahrt über Sorge, dass ich Falten reinsitze. Das sieht man manchmal bei den Kunden, wenn die nach stundenlangem Autofahren bei uns ankommen und ihnen dann die Anzüge sonst wo kleben. Kann eh nicht jeder tragen, so einen Anzug. Ich bin mir selbst jedenfalls noch unsicher, ob ich mich darin wirklich gut finde. Ich komm mir ein bisschen verkleidet vor. Und spätestens, als in der Agentur alle gucken, wünsche ich mich in meine Pissjeans zurück.
„Na sieh mal einer an!“ Toddy steht extra für mich auf und will mich von allen Seiten ansehen. Mir wird natürlich sofort heiß im Gesicht.
„Sexy“, kommentiert Sören. In den letzten Wochen hat er kaum ein Wort gesagt, weil er ständig in seinen Analysen vertieft war. Aber den einen oder anderen Blick hab ich trotzdem aufgefangen. Ich glaub, er ist schwul.
„Danke.“ Ich bin mir sicher, dass meine Gesichtsfarbe gerade noch ein wenig zulegt.
„So, Dressman oder nicht, hier ist der Haufen Scheiße für heute“, sagt Toddy und klatscht einen Stapel Papier auf meinen Schreibtisch. Ich mag die herrlich ungeschäftliche Art. Beim Mittagessen hat er mir mal gesagt, dass er das extra macht, um die furztrockenen Fatzkes ein bisschen aufzurütteln. Außerdem versteht er sich für die Neuen als Puffer zwischen der normalen Welt und der des Bürowahnsinns.
Ich vertiefe mich in meine Arbeit. Wie am ersten Tag muss ich hin und wieder noch überlegen. Und wie am ersten Tag schaue ich dazu oft zu Sören hinüber. Normalerweise schaut er nie zurück, weil er stets in seinen Kram versunken ist. Heute treffen sich unsere Blicke jedoch mehrmals. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht bloß Zufall ist.
Für manche bist du erst sichtbar, wenn du die richtigen Klamotten trägst. Pfff …
Ich klicke Toddys Kommentar weg. Die Chatfunktion ist ganz praktisch, wenn ich mal eine Frage habe, ihn aber nicht stören will. Private Nachrichten haben wir darüber allerdings noch nicht ausgetauscht. Generell ist mir Toddy da auch ein bisschen zu neugierig. In der ersten Wochen verging kaum eine Pause, in der er mich nicht nach meinem Verhältnis zu Marco gefragt hat.
Ich gebe mir Mühe, mich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren – und dabei nicht mehr zu Sören rüberzugucken. Toddy denkt sich bestimmt eh schon seinen Teil. Aber anstatt mich weiter durch den Bericht zu kämpfen, suche ich in den Mailadressen der Agentur nach einem Sören. So häufig ist der Name hierzulande ja nicht. Es dauert eine Weile, bis ich ihn schließlich gefunden habe. Ich speichere die Adresse unter meinen Favoriten ab. Wäre wohl ein wenig aufdringlich, ihm eine Mail zu schreiben. Dann weiß er sofort, dass ich seine Addy recherchiert habe. Trotzdem juckt es mir in den Fingern, ihm zumindest kurz was über den Chat zu schicken. Nein, ich arbeite jetzt!
Zehn Minuten später sende ich doch eine Nachricht ab: Hi, was machst du eigentlich immer in der Pause? Finn
Kaum habe ich die Frage abgeschickt, finde ich sie auch schon wieder peinlich. Jetzt weiß er, dass ich ihn im Aufenthaltsraum vermisse. Geht mich doch nix an, was er in den Pausen macht. Außer Begrüßungen haben wir eh noch kein Wort gewechselt. Ach, voll unangenehm! Ich verkrieche mich hinter meinem Monitor.
Noch peinlicher wird’s, weil Sören offenbar gar nicht daran denkt, auf mich zu reagieren. Fast eine komplette Stunde hänge ich in der Luft und muss immer und immer wieder die gleichen Sätze meines Berichts lesen, weil ich mit den Gedanken ganz woanders bin.
Endlich die Erlösung: Bin immer draußen, warum?
Ja, warum? Oh Mann. Ich schreibe: Nur so, bin halt neugierig . Dann lösche ich das wieder. Hast du Lust, mit mir zusammen Pause zu machen? Ach nein! Ich lösche die Frage ebenfalls. Hab mich gewundert, weil du nie im Aufent
Mein Telefon klingelt. Marco. „Ja?“
„Vergiss das Meeting nicht – und hör auf zu chatten.“ Marco legt lachend auf. Sofort sehe ich mich unsicher um. Toddy hat
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