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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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uns nicht unsere Rechte verlesen hatte, denn war es nicht förmlich ein Verhör gewesen, bei dem es um alte Geschichten ging, aus einer Zeit, als sein Vater noch am Leben war? Noch jung war?
    Mir war immer noch schlecht. Das Bier, das Cynthia brachte, konnte ich trinken, die Kohlensäure tat mir vielleicht gut, aber einen Cheeseburger essen? Nein, wohl eher nicht. Der Abend, an dem Curt das Fledermauswesen seziert hatte, lag zwar Jahre zurück, aber jetzt dachte ich daran, wie er das lässt der Forscherseele keine Ruhe gesagt und dann das Skalpell in das Auge gestoßen hatte. Das Auge war mit einem lauten Ploppen in sich zusammengefallen und wie eine schwarze Träne aus der Augenhöhle gelaufen. Tony und ich hatten geschrien, und wie sollte ich mit diesem Bild vor Augen denn jetzt einen Cheeseburger essen? Hör auf, das ist sinnlos, hatte ich gesagt, aber er hatte nicht aufgehört. Dem Vater war damals mit der offensichtlichen Wahrheit ebenso wenig beizukommen wie nun dem Sohn. Schauen wir uns noch den Bauch an, und dann sind wir fertig, hatte er gesagt, aber er war nie damit fertig geworden. Immer wieder hatte er da seine Nase reingesteckt und versucht, alles zu erforschen, und zum Dank für seine Mühe hatte ihn der Buick getötet.
    Ich fragte mich, ob der Junge das wusste. Ich fragte mich, ob ihm klar war, dass der Buick Roadmaster 8 seinen Vater ebenso zweifelsfrei auf dem Gewissen hatte wie Huddie, George, Eddie, Shirley und Mister Dillon das kreischende Monster auf dem Gewissen hatten, das 1988 aus dem Kofferraum des Wagens gekommen war.
    Hier war » Billy Don’t Be a Hero « von BO DONALDSON AND THE HEYWOODS . Längst aus den Hitlisten und unseren Herzen verschwunden.
    Erzähl mir von der Fledermaus, erzähl mir von dem Fisch, erzähl mir von dem Außerirdischen mit den rosafarbenen Schnüren auf dem Kopf, von dem denkenden Wesen, von dem Wesen, das so etwas wie ein Radio bei sich hatte. Und erzähl mir von meinem Vater, denn ich muss mit ihm ins Reine kommen. Natürlich muss ich das, ich sehe ja jedes Mal, wenn ich vor dem Spiegel stehe und mich rasiere, sein Leben in meinem Gesicht und seinen Geist in meinen Augen. Erzähl mir alles … aber erzähl mir nicht, es gäbe da keine Antworten. Wage es nicht. Das will ich nicht hören. Das erkenne ich nicht an.
    » Öl ist okay«, murmelte ich und blätterte dann die Metallriegel oben auf der Mini-Jukebox ein wenig schneller weiter. Ich hatte Schweiß auf der Stirn. Mein Magen fühlte sich schlimmer an denn je. Wie gern hätte ich geglaubt, es läge an einer Grippe oder Lebensmittelvergiftung, aber dem war nicht so, das war mir klar. » Öl ist spitzenmäßig.«
    Hier waren » Indiana Wants Me « und »Green-Eyed Lady« und » Love Is Blue « . Songs, die mir wohl irgendwie entgangen waren. »Surfer Joe« von THE SURFARIS .
    Erzähl mir alles, beantworte mir alles, gib mir eine Erklärung dafür.
    Der Junge hatte genau gewusst, was er wollte, das musste man ihm lassen. Und er hatte mit der ungehemmten Selbstbezogenheit eines Verlorenen und Trauernden danach gefragt.
    Nur einmal nicht.
    Er hatte angesetzt, nach etwas zu fragen … und es sich dann anders überlegt. Worum war es dabei gegangen? Ich kramte und kramte in meinem Gedächtnis, aber es entglitt mir immer wieder. In einem solchen Fall bringt es nichts, es erzwingen zu wollen. Man muss es aufgeben, dann fällt es einem schon irgendwann wieder ein.
    Ich blätterte an der defekten Jukebox vor und zurück. Rosafarbene Etiketten wie kleine Zungen.
    » Polk Salad Annie « von TONY JOE WHITE , und Erzähl mir von dem Jahr des Fischs .
    » When« von den KALIN TWINS , und Erzähl mir von eurer Versammlung, erzähl mir alles – bis auf das eine, bei dem dein Polizistenhirn vielleicht argwöhnisch würde …
    » Hier ist dein Bier …«, setzte Cynthia Garris an, und dann hörte ich sie überrascht nach Luft schnappen.
    Ich sah von den Metallriegeln zu ihr hoch (die unter Glas hin und her blätternden Seiten hatten mich mittlerweile schon fast hypnotisiert). Sie sah mich fasziniert und entsetzt an. » Sandy – hast du Fieber, Schätzchen? Dir fließt der Schweiß ja nur so runter.«
    Und da fiel es mir ein. Als wir ihn von dem Picknick am Labor Day 1979 erzählt hatten. Je mehr wir geredet haben, desto mehr haben wir getrunken, hatte Phil Candleton gesagt. Ich hatte zwei Tage lang Kopfschmerzen.
    » Sandy?« Cynthia stand mit einer Flasche Iron City und einem Glas da. Sie hatte immer noch den obersten Knopf ihrer

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