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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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beigebracht hatte. Ich ließ die Schlüssel wie Mikadostäbchen wirr durcheinander auf meinen Handteller fallen und tastete sie dann einfach ab, ohne hinzusehen. Das funktioniert nicht immer, aber diesmal funktionierte es, wahrscheinlich weil der Schlüssel zum Vorhängeschloss der Hütte der zweitkleinste am Bund war; kleiner war nur noch der Schlüssel zu meinem Spind im Keller, und der hat einen rechteckigen Griff.
    Jetzt hörte ich, wie es anfing zu brummen. Es war ganz leise, wie von einem unterirdischen Motor, aber es war unverkennbar.
    Ich nahm den Schlüssel, den meine Finger gefunden hatten, und stieß ihn in das Vorhängeschloss. Der Stahlbügel schnappte hoch. Ich riss das Schloss aus der Krampe und ließ es fallen. Dann öffnete ich die Hüttentür und ging hinein.
    In dem kleinen Vorratsraum herrschte eine muffige, aufgestaute Wärme, wie man sie von Dachböden und Kabuffs her kennt, die bei großer Hitze lange nicht gelüftet wurden. Es kam nur noch selten jemand hierher, aber die Dinge, die sich im Laufe der Jahre hier angesammelt hatten, waren noch da (bis auf Farben und Verdünner – entflammbare Flüssigkeiten hatte man wohlweislich entfernt), und ich sah sie dort im schummrigen Licht: stapelweise Zeitschriften, wie Männer sie gern lesen (Frauen glauben, wir würden uns am liebsten nackte Frauen ansehen, aber die meisten von uns betrachten wohl viel lieber irgendwelche Geräte). Der Küchenstuhl mit der mit Klebeband geflickten Sitzfläche. Das billige Polizeifunkgerät von Radio Shack. Die Videokamera, deren Batterie zweifellos leer war, und auf dem Regal daneben die alte Schachtel mit Leerkassetten. An einer Wand klebte ein Autoaufkleber: HELFEN SIE GEISTIG BEHINDERTEN MENSCHEN . LADEN SIE EINEN FBI - AGENTEN ZUM MITTAGESSEN EIN . Es roch staubig. In meinem Kopf pochte der Puls, die Stimme des Buicks, immer stärker.
    Von der Decke hing eine Glühbirne, und an der Wand war ein Lichtschalter, aber ich versuchte nicht mal, Licht zu machen. Mir schwante, dass entweder die Birne kaputt war oder ich mir an dem Schalter einen Mordsschlag holen würde.
    Die Tür fiel hinter mir zu und sperrte den Mondschein aus. Das war eigentlich unmöglich, denn sonst schwang die Tür immer nur auf. Das wussten wir alle. Deshalb steckten wir ja das Vorhängeschloss in die Krampe. Doch heute Abend geschahen Zeichen und Wunder. Die Kraft in dem Buick wollte, dass ich in der Dunkelheit steckte. Vielleicht glaubte sie, das würde mich aufhalten.
    Aber nichts da. Ich hatte schon gesehen, wonach ich suchte: das aufgerollte gelbe Seil, das neben zwei vergessenen Startkabeln an der Wand unter dem Scherzaufkleber hing. Und ich sah auch noch etwas anderes. Etwas, das Curt Wilcox kurz nach dem Auftritt des Außerirdischen mit den peitschenden rosafarbenen Schnüren auf dem Kopf neben die Videokamera auf das Regal gestellt hatte.
    Ich nahm es, steckte es mir hinten in die Hosentasche und schnappte mir dann das Seil. Dann hastete ich aus der Hütte. Eine dunkle Gestalt ragte vor mir auf, und fast hätte ich geschrien. Einen wahnwitzigen Moment lang war ich mir sicher, es sei der Mann mit dem schwarzen Mantel und dem schwarzen Hut – der mit dem deformierten Ohr und dem russischen Akzent. Doch als der schwarze Mann dann etwas sagte, war sein Akzent eher der von Lawrence Welk.
    » Der Junge ist wiedergekommen«, flüsterte Arky. » Ich war schon halb zu Hause, und da bin ich, Jesses noch eins, noch einmal umgekehrt. Irgendwie hab ich das gewusst. Ich …«
    Ich unterbrach ihn, sagte ihm, er solle aus dem Weg gehen, und lief dann, mit dem Seil über dem Arm, zurück um die Ecke des Schuppens.
    » Geh da nich rein, Sarge!«, sagte Arky. Er wollte es wohl eigentlich rufen, aber vor Angst bekam er kaum etwas raus. » Er hat Benzin ausgekippt, und er hat eine Pistole, das hab ich gesehen.«
    Ich blieb vor der Tür stehen, nahm das Seil von meinem Arm und fing an, es an dem starken Haken dort festzubinden. Doch dann gab ich die Seilrolle stattdessen Arky.
    » Sandy, spürst du das?«, fragte er. » Und das Funkgerät spinnt auch wieder; nur noch Rauschen; ich hab Steff durchs Fenster fluchen hören.«
    » Egal. Bind das Seil los. Von dem Haken.«
    » Hä?«
    » Du hast doch gehört.«
    Ich behielt die Schlinge in der Hand, trat in sie hinein, zog sie zu meiner Taille hoch und zerrte sie zu. Es war ein Henkerknoten, von Curt persönlich geknüpft, und die Schlinge ließ sich leicht zuziehen.
    » Sarge, das kannst du nich machen.« Arky

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