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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sie nicht einzeln zu fassen; mittlerweile waren sie alle halb durchsichtig und klebten aneinander wie verklumpte Frischhaltefolie. Kleine Tröpfchen sickerten daraus hervor, und die Männer bekamen sofort ihren Geruch mit – diese unangenehme Mischung aus Kohl und Pfefferminze. Es war kein schöner Geruch, aber es war auch nicht unerträglich. Unerträglich wurde es erst zehn Minuten später.
    Sandy zoomte heran und filmte, wie Curt geschickt mit der Zange ein Blattstück aus dieser Masse löste. Er hatte in den vergangenen Wochen viel geübt, und das zahlte sich jetzt aus.
    Er legte das Blattstück ohne Umweg über einen Objektträger direkt auf den Objekttisch des Mikroskops. Phil Candletons Laub war gewissermaßen nur der Werbevorspann, und Curt wollte so schnell wie möglich den Hauptfilm sehen.
    Trotzdem beugte er sich lange über das Doppelokular und forderte auch Tony auf, sich das anzusehen.
    » Was ist denn das Schwarze da, das aussieht wie Fäden?«, fragte Tony, nachdem er sich das mehrere Sekunden lang angeschaut hatte. Die niedlich rosafarbene Atemmaske dämpfte seine Stimme ein wenig.
    » Weiß ich nicht«, sagte Curt. » Sandy, gib mir mal das Gerät, das aussieht wie ein Viewmaster. Da sind ein paar Kabel drumgewickelt, und seitlich drauf steht EIGENTUM DER BIOLOGISCHEN FAKULTÄT DER H. U. «
    Sandy reichte es ihm über die Videokamera hinweg, die den Eingang weitgehend blockierte. Curt schloss ein Kabel an der Steckdose und das andere unten am Mikroskop an. Er überprüfte etwas, nickte und drückte dann dreimal auf einen Knopf an der Seite des Viewmasterdings, vermutlich, um damit die Blattfragmente auf dem Objekttisch des Mikroskops zu fotografieren.
    » Diese schwarzen Dinger bewegen sich nicht«, sagte Tony, der immer noch ins Okular schaute.
    » Nein.«
    Schließlich hob Tony den Kopf. Sein Blick hatte etwas Benommenes, leicht Ehrfürchtiges. » Ist das … könnte das so was wie DNA sein?«
    Curt lächelte, und das verschob seine Atemmaske etwas. » Das ist zwar ein tolles Mikroskop, Sarge, aber DNA können wir damit nicht sehen. Aber falls du Lust hast, nachts mit mir zur Horlicks zu fahren und einen kleinen Bruch zu wagen: Bei den Physikern haben sie ein fantastisches Elektronenmikroskop, das so gut wie nie benutzt wird …«
    » Und was ist das Weiße da?«, sagte Tony. » Das Zeug, in dem die schwarzen Fäden treiben?«
    » Eine Nährflüssigkeit vielleicht.«
    » Aber du weißt es nicht.«
    » Natürlich weiß ich das nicht.«
    » Die schwarzen Fäden, die weiße Schmiere, wieso die Blätter schmelzen, was das für ein Geruch ist – wir wissen einen Scheißdreck darüber.«
    » Stimmt.«
    Tony warf ihm einen kühlen Blick zu. » Wir sind doch verrückt, dass wir das überhaupt anrühren – oder etwa nicht?«
    » Nein«, sagte Curt. » Neugier bringt die Katze um, gestillte Neugier bringt sie wieder. Willst du dir das mal anschauen, Sandy?«
    » Du hast doch Fotos gemacht, oder?«
    » Ja, hab ich, wenn dieses Ding so funktioniert, wie es sollte.«
    » Dann schau ich mir lieber die Fotos an.«
    » Also gut, dann mal weiter zum Hauptereignis des Abends«, sagte Curt. » Vielleicht finden wir da ja mal was raus.«
    Der Laubbrocken wanderte zurück in die Plastiktüte und die Plastiktüte zurück in den Aktenschrank in der Ecke. Dieser klapprige grüne Schrank wurde im Laufe der nächsten zwei Jahrzehnte zu einem Depot des Absonderlichen.
    In einer anderen Ecke des kleinen Raums stand eine orangefarbene Kühlbox. Darin lag, unter zwei blauen Kälteakkus, wie manche Leute sie zum Campen mitnehmen, ein grüner Müllsack. Tony hob ihn heraus und wartete dann, bis Curt so weit war. Es dauerte nicht lange. Eine Verzögerung ergab sich bloß, weil man ein Verlängerungskabel holen musste, um die beiden Tensor-Lampen anschließen zu können, ohne das Mikroskop oder die angeschlossene Kamera vom Netz zu nehmen. Sandy holte so ein Kabel aus dem Krimskramsschrank am anderen Ende des Flurs. Währenddessen stellte Curt das geborgte Mikroskop in einem Regal ab und baute auf dem Tisch eine Staffelei auf. Darauf befestigte er ein rechteckiges Korkbrett. Darunter stellte er einen kleinen Metalltrog, wie man sie bei besseren Grills findet, bei denen sie dann das tropfende Fett auffangen. Daneben platzierte er einen Glasdeckel mit bunten Reißnägeln.
    Sandy kam mit dem Verlängerungskabel wieder. Curt schloss die Lampen an und stellte sie so auf, dass sie seine Arbeitsfläche gleichmäßig strahlend hell

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