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Der Bund der Drachenlanze - 09 Ellen Porath

Der Bund der Drachenlanze - 09 Ellen Porath

Titel: Der Bund der Drachenlanze - 09 Ellen Porath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stahl und Stein
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da eine rausguckt.«
Tanis fing das Lederbündel auf. Es war ein kompletter
Anzug in der Machart der Steppenvölker – feinstes, weiches Hirschleder, braun wie polierte Eiche, mit Fransen am
Rückenteil. Die Säume waren mit Holzperlen bestickt.
»Kann ich ihn in deiner Bude anprobieren?« fragte der
Halbelf, der auf die schildkrötenartige Kabine auf dem
vorderen Teil des Wagens deutete.
»Klar. Wolltest du deine Sachen etwa hier vor allen… He!
Hast du ›Bude‹ gesagt?« erzürnte sich der Zwerg. Als Tanis
auf den Wagen sprang, schenkte ihm Sonnus Eisenmühle
seinen grimmigsten Blick. Der Halbelf zuckte nur mit den
Schultern und ging zu dem Unterstand. Der Zwerg
schnappte sich eine Schale mit Dolchen, nahm ein paar Seidenschals herunter, die darauf gefallen waren, und wandte
sich wieder Kitiara zu. »›Bude‹, hat er gesagt«, knurrte Eisenmühle vor sich hin. »Damit werden die Ledersachen
doppelt so teuer.«
Während Tanis sich in dem dunklen, vollgestopften
Raum umzog, hörte er eine neue, flötende Stimme, die sich
mit Sonnus Eisenmühles Gegrummel vermischte.
»Hübsche Dolche, Sonnus! Ich hab’ mal ein mit Edelsteinen besetztes Schwert gefunden, ein Glück, denn gerade als
ich überlegte, wem ich es wohl zurückbringen sollte, tauchte der Besitzer auf, und der hat sich mächtig aufgeregt, daß
er es verloren hatte. Ich wußte, daß er froh war, daß ich es
gefunden hatte, auch wenn er zu aufgeregt war, um sich zu
freuen, ehrlich. Ich glaube, er hatte sich schon die Haare
gerauft. Ich – «
»Raus hier, du verflixter K ender!« brüllte der Zwerg.
»Und wenn du auch nur noch eine Sache aus diesem Wagen
klaust, dann… dann verkauf ich dich den Minotauren als
Ziegenfutter!«
»Klauen?« Die zarte Stimme triefte von verletztem Stolz.
»Ich klaue nicht, Sonnus. Ich kann doch nichts dafür, daß
alle We l t Sachen verliert, und daß ausgerechnet ich der
glückliche Fin-«
»Das reicht!« donnerte der Zwerg. »Raus!«
Tanis hörte einen dumpfen Aufprall, der von einem
Kender stammen konnte, der gegen eine Wagenwand prallte. Als der Halbelf Sonnus Eisenmühles Hemd über den
Kopf zog, hörte er als nächstes Kitiaras ungerührte Stimme:
»Was willst du für diesen Dolch, Zwerg?«
Der Zwerg sagte seinen Preis. Kitiara handelte ihn herunter, und sie einigten sich gerade, als Tanis aus Eisenmühles
Unterstand auftauchte. »Ich nehme die Sachen«, sagte er zu
dem Zwerg, während er sich noch über den guten Sitz fr eute, »wenn der Preis stimmt.«
»Hm…« Der Zwerg strich seinen dicken Bart. »Mir
scheint, so einen Anzug gibt es kein zweites Mal westlich
der Que-Shu, wo ich ihn herhab, und wenig hat er mich
auch nicht gekostet… Daß er so selten ist, erhöht doch wohl
den Preis.«
»Bis darauf, daß westlich der Que-Shu höchstens der
Halbelf ihn nehmen würde«, kommentierte Kitiara, die in
dem Lederbeutel herum fi ngerte, in den sie das Geld aus
dem Schatz des Irrlichts gesteckt hatten. »Sei fr oh, daß du
ihn loswirst, Zwerg. Vielleicht sollten wir uns woanders
umsehen, Tanis.« Tanis nickte.
Sonnus Eisenmühle runzelte finster die Stirn. »Fünf
Stahlmünzen«, meinte er.
»Drei«, sagten Kitiara und Tanis gleichzeitig.
»Vier.«
»Abgemacht!«
Kitiara bezahlte Sonnus Eisenmühle und steckte ihren
neuen Dolch, dessen Griff mit Tigeraugen besetzt war, in
ihre Scheide. Als sie und Tanis sich wieder unter die Menschen mischten, hörten sie, wie der Zwergenhändler einen
Kunden mit den Worten empfing: »Und was wollt Ihr hier?«
Kitiara strei ft e eine Kenderin. Die Frau ging ihr bis zum
Bauch und hatte das für ihre Rasse typische lange, braune
Haar zu einem Knoten hochgebunden. »Das ist die, die
vorhin versucht hat, den Zwerg auszurauben«, meinte die
Kämpferin zu Tanis.
»Ausrauben?« empörte sich die Kenderin. »Ich stehle
nicht. Ich habe ein schier unglaubliches Glück, Sachen zu
finden. Meint ihr nicht, daß manchen Leuten das Glück
einfach angeboren ist? Ich finde, schon. Meinen Schwestern
geht es genauso wie mir. Aber ich…« Mit unschuldigen,
braunen Rehaugen redete sie weiter, obwohl sich drei
Halbwüchsige zwischen Kitiara und die Kenderin gedrängt
hatten. Die kindhafte Frau geriet aus dem Blickfeld, und
ihre lispelnde Stimme ging in dem Stimmengewirr auf dem
Marktplatz verloren.
Tanis und Kitiara schlüpften zwischen den Käufern hindurch. Der Lärm war regelrecht ohrenbetäubend. Ein Teppichhändler stritt sich mit einem Mann, der

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