Der Bund der Drachenlanze - 09 Ellen Porath
kleiner Junge, saßen im Schneidersitz hinten auf
der Bühne. Sie stöhnten, als sich ihre Eltern umarmten. Das
Paar trennte sich und grinste die Kinder unbekümmert an.
Kitiara verdrehte die Augen. »Wie süß«, war ihr schnippischer Kommentar.
Ta n is stellte fest, daß es dasselbe Paar war, das am Morgen schon auf dem Markt von Haven geprobt hatt e . Mit
den Kindern im Schlepptau verschwanden sie hinter der
Bühne. Anschließend brachten die fü nf alle möglichen Instrumente herbei, die sie vorsichtig auf die Bühne legten.
Tanis erkannte eines als Zi m bal, ein Saiteninstrument, das
man sich in den Schoß legt und das bei den Damen am Hof
von Qualinesti beliebt war. Der Mann kam mit zwei dreieckigen Lauten in der Hand zurück. Es gab auch ein Klavichord, ein länglicher Kasten mit Tasten, den der Mann vor
einer Bank auf einen Ständer legte. Die Frau stellte eine hohe Trommel hinten auf die Bühne. Dann half ihr Mann ihr
dabei, eine Schlitztrommel, einen durch einen schmalen
Schlitz ausgehöhlten, polierten Baumstumpf, daneben zu
rollen. Die ältere Tochter der beiden hängte einen Gong an
einen Ständer neben den Trommeln. Die jüngere Tochter
ließ sich hinplumpsen und übte Triller auf einer Querflöte,
während ihr Bruder Blockflöte spielte. Tanis sah gebannt
zu.
»Du guckst auf die Bühne, als wenn du auch gern da oben stehen würdest«, neckte ihn Kitiara.
Tanis deutete mit dem Kopf auf die Familie. »Musik. Das
ist ein Unterschied zwischen Elfen und Menschen.«
Als Kitiara die Augenbrauen hochzog, fuhr der Halbelf
fort: »In Qualinost geht man davon aus, daß jedes Kind ein
Instrument lernt. Bei Sonnenuntergang versammeln sich
die El fe n o ft einfach im Himmelssaal und machen Musik.«
»Und?« fragte Kitiara. »Menschen mögen auch Musik.«
Tanis runzelte die Stirn. »Aber Menschen sehen darin etwas, was nur Musikanten machen. Ich kenne nicht viele
Menschen, die selbst Musik machen. Sie kommen zu Orten
wie diesem.« Er machte eine umfassende Geste. Der Hof
füllte sich allmählich. Sie hatten sich ans Ende einer Bank
gesetzt – Kitiara war nicht gern mitten in einer Menge gefangen –, so daß die Zuschauer sich auf dem Weg zu den
letzten fr eien Plätzen immer wieder an ihnen vorbeischoben.
»Was spielst denn du, Halbelf?« fragte Kitiara.
»Psalter, Zithe r …«
»Und das ist?«
»Der Psalter ist eine Art Zimbal«, erläuterte Tanis. »Die
Zither ist wie eine Laute. Ich habe auch andere Instrumente
ausprobiert, aber ich beherrsche sie nicht besonders gut,
auch wenn ich Spaß daran habe. Flint schickt mich zum
Üben nach draußen.« Er sah Kitiara an. »Spielst du ein Instrument, Kit?«
Sie verzog die Oberlippe. »Mein Instrument ist das
Schwert. Aber ich kann es so singen lassen, daß alles, was
diese armselige Truppe spielen kann, nichts ist.« Sie wies
auf die Bühne, wo die Familie leise eine fl otte, sich aber
endlos wiederholende Melodie anstimmte, mit der sie sich
einsangen. »Und mein Schwert ist viel wirksamer gegen
Hobgoblins.«
Kitiaras Ausführungen wurden von der Frau unterbrochen, die von der Bühne aus das Publikum begrüßte . Ihre
Stimme war rauchig und leise. Sie sah zu ihrem Mann zurück, der bei den Trommeln und dem Gong wartete, und
zu den Kindern, die mit Flöten und Klavichord bereitstanden. Dann blickte sie wieder die Zuschauer an und begann
zu singen.»Ein schönes Mädchen in Daltigod
das weinte einst für sich allein,
verschmäht von seinem Liebsten…«Ihre Stimme war so
frisch wie der Frühling, und der behäbig e Mann neben Tanis erschauerte. »Das schöne Mädchen von Daltigod«, sagte
der Mann gedämpft. »Mein Lieblingslied.«
Das Publikum kam zur Ruhe. Die Dämmerung war abendlicher Dunkelheit gewichen. Über dem Hof stand hoch
oben Solinari, und Lunitari, der rote Mond, ging bald auf.
Die Fackeln zwangen die Aufmerksamkeit auf die Bühne,
doch der Halbelf konnte erkennen, wie einige Zuschauer
durch Bogentüren in die Taverne gingen und mit schäumenden Bierkrügen zurückkehrten. Auch Kit hatte das offensichtlich bemerkt. »Möchtest du ein Bier?« fragte sie.
Kaum hatte Tanis genickt, da war die Kriegerin auch
schon auf dem Weg in die Taverne nebenan. Plötzlich versperrte ihr ein muskulöser Mann mit schwarzen Haaren,
schwarzen Augen und einem entschlossenen Gesichtsausdruck den Weg. Er trug glänzende schwarze Hosen und
Stiefel, ein weißes Hemd und einen roten Umhang.
Selbstbewußt baute er sich vor Kit auf. »Kitiara Uth
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