Der Bund der Drachenlanze - 09 Ellen Porath
Das heißt, die blonde Kuh ist gegangen, und der Junge
ist ihr hinterher.«
»Ganz heiß auf sie«, sagte Caven zufrieden. »Guter Junge. Da fällt mir ein… « Er stieg vorsichtig über den Zwerg
und wäre beinahe der Länge nach hingeschlagen, als der
Betrunkene hickste und sich umdrehte. Der Raum stank
nach abgestandenem Essen, Bier und verbrauchter Luft.
»Ich komme mit«, wiederholte er. »In den ›Maskierten Drachen‹.«
»Tanis ist schon da. Ich glaube kaum, daß Platz für drei
ist.«
»Dann sag ihm, er soll verschwinden«, sagte Mackid
störrisch. »Ich kann jederzeit jeden Elfen plattmachen.«
»Halbelfen«, stellte Kitiara richtig. »Und mach dir da
nichts vor.«
Caven holte weit aus, was ihn aus dem Gleichgewicht
brachte. »Sag ihm, er soll Leine ziehen, und dann komm
mit mir.« Er zwinkerte. »Ich erlass’ dir auch großzügig deine Schulden.« Er stützte sich am Türknauf ab, um das
Gleichgewicht zu halten.
Kitiara sah zweifelnd auf. Ihre Augen waren klarer als
die der meisten anderen im Raum. Caven Mackid war ein
körperlich höchst eindrucksvoller Mann, aber in seinem
augenblicklichen Zustand nicht gerade unwiderstehlich.
Und den Halbelfen war sie noch nicht leid.
»Ich gehe, Mackid.« Sie drehte sich um und stieg die drei
Stufen zur Straße hoch.
Es regnete. Das Kopfsteinpflaster, das schon bei trockenem Wetter rutschig war, war je tzt wie mit Öl überg o ssen.
Kitiara legte eine Hand an die Wand des »Gliklichen Oga«
und ging schnell die Straße hinunter. Sie achtete auf ihre
Schritte und versuchte den Regen zu ignorieren. Hinter
sich hörte sie Cavens gedämpften Fluch, als dieser auf die
verregnete Straße trat. »Kitiara!« bellte er. Doch sie lief unbeirrt weiter.
Um diese späte Stunde war in Haven außer ein paar Betrunkenen und einer gelegentlichen, gelangweilten Stadtwache niemand mehr auf der Straße. Kitiara bog scharf
nach links ab und fand sich in einer leb- und lichtlosen Seitengasse wieder, die ungefähr zu den »Sieben Zentauren«
führte und nicht aus schlüpfrigem P fl aster, sondern aus
festgetretener Erde war.
Ein Stück hinter ihr tauchte Caven auf. »Kitiara?« Er
spähte in die Dunkelheit.
»Laß es, Mackid«, fauchte sie und lief schneller. In diesem Augenblick gab es jedoch einen Donnerschlag, und
aus dem Nieseln wurde ein Platzregen. Sie rettete sich mit
einem Fluch in einen Eingang. Gleich darauf gese l lte sich
Caven zu ihr.
Der Eingang war breit, geschützt und trocken. Verschlossene Doppeltüren führten in eine Art Lager. Caven stand
irgendwie erwartungsvoll reglos zwischen Kitiara und der
Straße. Zitternd wurde ihr klar, daß der kurze Rock und
die leichte Bluse ihr auf dem Markt von Haven zwar Bewegungsfreiheit und bewundernde Blicke verschafft hatten,
für einen kalten Regenguß jedoch völlig unpassend waren.
Sie war naß bis auf die Haut. Caven hingegen war durch
seinen dicht gewebten Wollmantel geschützt.
Sie zeigte darauf. »Trägst du den Mantel auch, wenn es
warm ist, Mackid?«
Caven lächelte. »Ist mitunter praktisch.«
Plötzlich erschien ihr Caven Mackid gar nicht mehr so
betrunken. Er wirkte vor allem warm, und Kitiara merkte,
daß sie nicht nur seinen Körper bewunderte, sondern auch
nach seiner Wärme verlangte. Sie zitterte wieder. »Leih mir
deinen Mantel, Soldat«, befahl sie.
»Kalt?« Er grinste wieder. Caven ragte vor ihr auf, ohne
si e richtig zu berühren. Sie spürte seine Erregung. »Ich
kann dich nicht nur mit meinem Mantel wärmen, Kit«, flüsterte er. Mit stechendem Blick sah er sie an.
Kitiara lehnte sich an die rauhe Wand des Eingangs. Von
den Steinen ging Kälte aus. Draußen auf der Straße regnete
es in Strömen.
Bebend holte sie Luft. Dan n nickte sie. Caven griff nach
ihr.
Kapitel 6
Zauberer und Freund
Zornige, blaue Augen spähten aus einem Eingang gegenüber auf Kitiara und Caven. Eine im schwachen Licht aschgraue, weite Wollrobe mit Kapuze verbarg den Rest der
Frau. Kai-lid Entenaka hatte Kitiara Uth Matar unbemerkt
verfolgt, seit die Kriegerin am fr ühen Abend mit den drei
Männern die Bardenvorstellung verlassen hatte. Aber Kälte
und Nässe machten Kai-lid nichts aus, denn ihre magische
Robe hielt beides von ihr ab. Ihre Finger spielten mit der
Seidenschnur um ihren Bauch. Natürlich hätte sie einen
Lichtzauber sprechen können, um zu sehen, was das Paar
da drüben im Eingang tat, doch solche Beleuchtung
brauchte Kai-lid nicht. Erinnerungen an ähnliche Momente
in ihrer
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