Der Bund der Drachenlanze - 11 Tina Daniell
an. »Lolly Ockenfels.«
Tanis grinste breit.
»Ein angesehener Clan, die Ockenfelsens«, verteidigte
sich Flint. »Sie waren ausgezeichnete Jäger. Aber es ist einfach so, daß ich damals einfach nicht fand, daß es die rechte
Zeit sei, mich einfangen zu lassen, zu heiraten und die Verantwortung für eine Familie zu übernehmen. Ich war erst
ein junger Bursche, und obwohl ich mit ihr ausgegangen
bin, kannte ich Lolly nicht besonders gut. Jedenfalls bis zu
diesem heimlichen Rendezvous, wo wir uns aussprachen
und ich herausfand, daß sie mir in vielen Dingen glich.«
Tanis zog fragend die Brauen hoch. »Dickköpfig?«
»Sie hatte ihren eigenen Kopf«, sagte Flint irritiert. »Und
als wir uns heimlich trafen, t ja , da fand ich heraus, daß sie
genauso darauf versessen war wie ich, die ganze Sache abzublasen. Bloß…«
»Bloß was?«
»Du stellst einen Haufen unangenehmer Fragen«, fauchte
Flint. »Ich weiß gar nicht, warum ich dir das alles erzähle.«
Er brach ab und schritt auf die Brücke zu, doch Tanis versperrte ihm den Weg.
»Bloß was?« wiederholte der Halbelf.
Flint sprach leise weiter: »Bloß bei diesem Treffen mit ihr
ganz allein, da habe ich sie besser kennengelernt und erkannt, wie sie war. Sie hatte ihren eigenen Kopf wie ich…«
»Das hast du schon gesagt.«
»Und war irgendwie hübsch. Lange Rattenschwänze, gute, starke Schultern… dunkelbraune Augen mit, na ja, Tiefe.« Seine Stimme wurde noch leiser. Flint warf einen Blick
auf Tanis, der begierig auf den Ausgang der Geschichte
wartete.
»Und?«
Flint schob entschlossen den Unterkiefer vor. »Das ist eine Frage zuviel, Junge.« Der Zwerg tippte Tanis an, wodurch er diesen aus dem Gleichgewicht brachte. »Ich habe
schon zu viel geredet, und Raistlin wartet.«
Flint stapfte auf die Brücke zu. Tanis blickte ihm nachdenklich hinterher. Dann lief er ihm mit ein paar langen
Sätzen nach.
Von der anderen Seite kamen gerade zwei abgerissene
Tagelöhner auf die Brücke, die zum Marktplatz von Solace
wo llt en. Der eine, der eine schlecht passende Tunika trug,
zeigte auf Tanis und machte eine laute Bemerkung über
»spitze Elfenohren«, worauf sein Begleiter schallend loslachte.
Flint konnte spüren, wie Tanis sich spannte, als sie näher
kamen. Angesichts der Stimmung, in der Tanis sich befand,
konnte er sich in Schwierigkeiten bringen, überlegte der
Zwerg.
Flint handelte rasch, indem er geschickt einen Holzhammer vom Gürtel schnallte und ihn scheinbar versehentlich
herunterfallen ließ. Es gelang ihm, den Hammer mit dem
Stiefel so anzustoßen, daß er auf das zerlumpte Paar zurutschte und genau vor die Füße dessen kullerte, der die
abfällige Bemerkung gemacht hatte.
Der Mann bückte sich, um ihn aufzuheben, doch Flint
war bereits da. Als er seinen Hammer aufhob, stieß der
Zwerg dem Mann in der Tunika »versehentlich« das harte,
abgerundete Ende unters Kinn. Der Tagelöhner sackte in
sich zusammen.
»Hupsala«, sagte Flint, als er und Tanis ihren Weg fortsetzten. Der andere Mann, der seinem Freund die Wangen
tätschelte, sah ihnen fassungslos nach.Bis Tanis und Flint
den Waldpfad entlang des Ufers des Krystallmirsees erreicht hatten, war ihre Stimmung umgeschwungen. Während Tanis sich genüßlich ausmalte, welche Abenteuer vor
ihm liegen mochten, führte Flint ein Selbstgespräch darüber, wie lästig Tolpan sein konnte, und war dadurch ausgesprochen reizbar geworden.
Der Sommer war mit einer Flut roter, violetter und goldener Wildblumen eingezogen, die den Pfad säumten. Um
den See herum standen hohe Bäume. Am Himmel war keine Wolke zu sehen, und es regte sich kein Lüftchen. Wie
leuchtend blaues Glas lag der Krystallmirsee friedlich vor
ihnen.
Beim Blick auf die glatte Ober fl äche des Sees lebte Flint
wieder etwas auf. Er war sich ziemlic h sicher, daß er Tanis
beim Ditschen schlagen konnte. Vielleicht konnte er ein
zweites Kupferstück gewinnen.
Vor sich entdeckten sie Raistlin, der mit dem Rücken zu
ihnen auf einem großen, flachen Felsen am See hockte. Der
ehrgeizige Zauberer trug eine rostfarbene Robe, die seinen
dünnen Körper bedeckte und über den Stein fiel. Tanis und
Flint wußten, daß der Majerezwilling diesen Ort liebte. Es
hatte etwas mit einem Abenteuer zu tun, das er, Caramon
und Kitiara hier erlebt hatten, als sie noch Kinder gewesen
waren. Jetzt kam er oft hierher, um stundenlang allein zu
sein – »das Undenkbare zu denken«, wie Flint es nannte,
»was zum Glück für uns übriges,
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