Der Bund der Illusionisten 1
dass es sich bei diesem Buch wirklich um das handelt, das er geschrieben hat? Es könnte Fehler bei der Abschrift gegeben haben. Oder die Illusionierer haben etwas geändert.«
» Ich habe in keinem anderen Buch, das ich gelesen oder durchgeblättert habe, irgendwelche Fehler gefunden. Garis, diese Erneuerung des Schwurs gilt für einen Magori, von dem angenommen wird, dass er das Abkommen gebrochen hat. Ihr alle glaubt, dass ich genau das getan habe. Daher ist es also richtig, dass ich auf diese Weise geprüft werden sollte. Wenn ich versage, tötet mich die Prüfung. Wenn es stimmt, werde ich sie überleben. Ich habe kein Problem damit. Wieso du dann? Ich weiÃ, dass die Eisernen kommen, und zwar schon baldâ und dass sie die Illusion erobern werden, wenn niemand sie aufhält. Hast du mal daran gedacht, was das bedeutet? Alle Magoroth-Kinder, deine Zukunft, sind hier in dieser Stadt. Denk an das Schimmerfest â was glaubst du, was werden die Legionäre wohl mit den Kindern machen? Und die Karden, die der Sklaverei entkommen sind, werden es mit einer tyranischen Armee zu tun bekommen. Wer ist hier, um sie zu beschützen? Wen hat Temellin überhaupt noch zurückgelassen?«
Garis leckte sich unsicher die Lippen. » Pinar, Gretha und mich. Ein paar ältere Theuros und Imagos sind auch noch da, Leute wie Imago Reftim. Das sind alle. Selbst Zerise ist mit ihnen gegangen.«
» Das sind alle? Gütige Göttin! Garis, denk nac h ! Was glaubst du, wie ich mich fühle, so eingesperrt in diesem Raum? Ich werde alles, alles tun, um frei zu sein. Dafür riskiere ich sogar den Tod.«
» Shirin, wenn du das tun willst, weil du denkst, ich würde eher nachgeben, als zuzulassen, dass du dich der Prüfung durch das Schwert unterziehst, irrst du dich. Ich werde deine Hand nicht in letzter Minute zurückreiÃen.«
» Hab Vertrauen, Garis. Hat man dir nicht immer gesagt, dass ein Magor unmöglich durch sein eigenes Schwert verletzt werden kann?«
» Ja, aber noch nie hat jemand versucht, das zu beweisen, indem er die Klinge in sein eigenes Herz gestoÃen hat«, sagte er unglücklich. » Zumindest weià ich nichts davon. Es gibt ein Ritual, bei dem die Klinge in die Innenfläche der Hand getrieben wird, aber ins Herz? Wir wissen auch, dass diejenigen sterben, die unser Schwert gegen uns richten. Auf schreckliche Weise. Unser Schwert würde sie töten⦠hier könnte ein Paradoxon vorliegen.«
» Das ist unwichtig«, sagte ich. » Es geht nicht darum, dass jemand anderes es tun soll. Ich werde es selbst tun.«
Er wirkte immer noch unglücklich, als er hinzufügte: » Das Schwert könnte abgelenkt werden, so wie damals, als Temellin seines auf dich geschleudert hat.«
Er war so aufgeregt, dass er nicht einmal bemerkte, dass ich mich bereits bis zur Taille ausgezogen hatte. » Ich werde ihm diese Chance nicht geben. Mein Schwert, Garis.«
» Ichâ ich sollte dir vielleicht sagen, dass ich meinen Cabochon an den Griff gelegt habe.«
Ich kicherte. » Kluger Junge. Aber ich hatte nicht vor, es gegen dich einzusetzen.«
» Ich kann nichts riskieren«, sagte er elend. » Tut mir leid.«
» Das ist schon in Ordnung.« Ich nahm das Schwert und legte es in meine Hand. Sofort leuchtete fröhlich ein Licht auf, als würde es seine Besitzerin erkennen. Ich begrüÃte die Berührung. Allein, es zu halten, brachte mich dazu, mich jünger, stärker und kraftvoller zu fühlen.
Ich dachte, dass es nur gut war, dass die Schwerter der Magori kurz waren, denn ansonsten wäre das, was von mir verlangt wurde, körperlich unmöglich gewesen. Ich setzte mir die Schwertspitze auf die Brust und bereitete mich darauf vor, sie mir ins Herz zu stoÃen. Mit erstaunlicher Ruhe fragte ich mich, ob mein Blut wohl seinen Weg durch die offene Spitze in die Höhlung der Klinge finden und sie füllen würde.
» Nein!« Das Wort platzte regelrecht aus ihm heraus, und ich hielt in der Bewegung inne. » Es ist gut, Shirin. Ich glaube dir.«
Ich schüttelte lächelnd den Kopf. » Nein, das tust du nicht. Nicht richtig. Ich muss es auf diese Weise tun, Garis.« Ich schob das Schwert zu mir hin, spürte, wie es unter den Rippen nach oben drang. Ich hatte das Diagramm in dem Buch sorgfältig studiert und achtete darauf, nicht das Brustbein oder die Lunge zu treffen.
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