Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bund der Illusionisten 1

Der Bund der Illusionisten 1

Titel: Der Bund der Illusionisten 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larke Glenda
Vom Netzwerk:
fragen.«

4
    Ich stand an Deck der Fliegender Windgleiter und überlegte, dass man das Schiff besser Rollendes Schwein genannt hätte, trotz der Fliegerei. Es war das erste Mal, dass ich segelte, und ich begann es schon zu bereuen. Dabei war ich mit Sicherheit nicht wild darauf, Kardiastan zu erreichen; es ging eher um die Tatsache, dass ich inzwischen so lange in einem so begrenzten Raum eingeschlossen war, dass ich gut verstehen konnte, wieso ein Löwe in seinem Käfig auf und ab ging. Vier Wochen, und wir waren immer noch nicht in Sandmurram. Der Kapitän schob es auf das Wetter und die Ladung; einerseits waren die Winde unbeständig, andererseits machte das Gewicht des tyranischen Marmors, den wir an Bord hatten, das Schiff schwerfällig. So sagte er jedenfalls. Ich hingegen neigte zu der Ansicht, dass die Fliegender Windgleiter sich wahrscheinlich schon immer wie eine trächtige Sau fortbewegt hatte.
    Â» Wieso um alles auf der Welt befördern wir überhaupt Marmor nach Kardiastan?«, fragte ich Aemid müßig. Sie stand neben mir, lehnte an der Reling und sah zu, wie die Bugwelle sich kringelte wie die Schale einer Frucht, die mit dem Schälmesser Bekanntschaft machte.
    Sie schnaubte. » Lasst mich raten: damit Eure Soldaten und Verwalter Häuser und öffentliche Gebäude bauen können, die ihrem Status entsprechen. Ihr Tyraner wollt nicht in Häusern leben, die aus kardischen Lehmziegeln bestehen– es ist nicht gut genug für Euch. Und wir Karden müssen natürlich für den Marmor und das Errichten der Gebäude Steuern zahlen, weil Ihr erklärt, dass die Soldaten und Beamten des Exaltarchats dem kardischen Volk dienen.«
    Â» Und das tun sie auch«, sagte ich. Mich ärgerte sowohl Aemids Kritik als auch die absichtliche Verwendung der Worte » Ihr« und » wir«. Ich warf ihr einen scharfen Blick zu. Mir gefiel die Veränderung nicht, die in ihr vorging, seit ich ihr verkündet hatte, dass wir nach Kardiastan gehen würden. Ich mochte weder die offenkundige Neuausrichtung ihrer Loyalität noch die unterdrückte Wut, die ich ein oder zwei Mal bei ihr bemerkt hatte. Es war nicht Aemids Art, mich zu provozieren, und ich hatte auch noch nie Grund gehabt, ihre Loyalität in Zweifel zu ziehen. Was bei allen Nebeln von Acheron war mit dieser Frau los?
    Ich versuchte mich an einer Erklärung. » Die Soldaten, die Tyrans zur Verfügung stellt, sorgen für die Sicherheit, und die Beamten sorgen dafür, dass alles in geregelten Bahnen verläuft. Sie alle werden aus den Schatztruhen der Tyraner bezahlt, warum also sollte Kardiastan nicht für ihre Unterkunft und die öffentlichen Gebäude zahlen? Gebäude, die der kardischen Provinz gehören werden, wenn sie einmal fertig sind? Frieden hat immer einen Preis, Aemid.« Ich tastete umher– wie ich es in letzter Zeit häufiger getan hatte– und versuchte, ihre Gefühle zu berühren und ihre Verwirrung zu spüren. In diesem Moment war das vorherrschende Gefühl Verbitterung.
    Â» Aemid«, sagte ich weich. » Was ist los? Du bist nicht glücklich. Bereust du es, mitgekommen zu sein?«
    Â» Nein, keinesfalls.« Das kam so entschieden, dass ich keine besondere Intuition benötigte, um es als Wahrheit zu erkennen.
    Â» Was ist es dann?«
    Â» Erinnerungen. Nichts als Erinnerungen. Je näher wir kommen…« Sie wandte den Blick vom Meer ab und sah mich an. » Irgendwo dort ist mein Sohn, sofern er überlebt hat. All die Jahre habe ich versucht, nicht daran zu denken. Jetzt aber denke ich an nichts anderes mehr.«
    Ich hatte das Gefühl, als hätte mir gerade eine der Wellen eine ganze Ladung Wasser ins Gesicht geklatscht. » Du hast einen Sohn ? Du hast ein Kind in Kardiastan zurückgelassen? Aber damals, als du nach Tyr gekommen bist– wie alt warst du da? Zwanzig? Das heißt, er kann kaum mehr als ein Säugling gewesen sein. Wieso hast du ihn zurückgelassen?«
    Â» Zurückgelassen ? Ich habe ihn nicht zurückgelassen, ich bin geraubt worden! Man hat mich versklavt und verkauft , weil ich einen Legionär getreten habe, der seine Hand zwischen meine Beine gesteckt hat. Ich bin auf den Sklavenmarkt gekommen, weil ich einem Mann in sein Allerheiligstes getreten habe.«
    Ich war unglaublich schockiert, als ich das hörte, aber nicht so sehr wegen der Härte des Urteils, sondern vor allem wegen

Weitere Kostenlose Bücher