Der Bund der Illusionisten 1
Ton: » Wir sollten uns jetzt über diesen Brief unterhalten, den Ihr mitgebracht habt.« Er klopfte mit dem Zeigefinger auf die Briefrolle. » Der Vorsteher weist mich darauf hin, dass ich Euch jede Unterstützung gewähren soll. Aber ich verstehe nicht, Legata, wieso es überhaupt als notwendig erachtet wurde, Euch hierherzuschicken. Die Angelegenheit ist bereits abgeschlossen. Der fragliche Mann, dieser Illu Sionist, ist auf dem Scheiterhaufen hingerichtet worden, wie üblich bei Aufständischen. Hunderte von Menschen haben gesehen, wie er gestorben ist. Es gibt Gerüchte, das ist wahr, und Unruhen. Aber das ist in Kardiastan nichts Neues. Er ist gestorben, und ganz sicher gab es keine Auferstehung von den Toten, das kann ich Euch versichern!«
Er fügte unglücklich hinzu: » Wusstet Ihr, dass hier immer noch genauso viele Soldaten stationiert sind wie in den Jahren direkt nach der Eroberung? Jeder Einzelne von ihnen wird hier gebraucht. Ohne die Unterstützung unserer Legionäre können wir hier nichts tunâ gar nichts. Die Karden arbeiten nie freiwillig mit. Niemals.« Er beugte sich vor und legte mir etwas Essen auf den Teller. » Dieser Zwischenfall mit der Sklavin ebenâ das war wahrscheinlich beabsichtigt. Das Mädchen wird dafür geschlagen werden, aber es wird nichts bewirken. Nichts bewirkt etwas bei diesen Leuten. Manchmal denke ich, dass sie vom Gott Acheron persönlich hergeschickt worden sind, um uns zuzusetzen.« Sein Zeigefinger klopfte einen trostlosen Rhythmus auf sein Knie.
» Vielleicht wäre es gut, wenn Ihr mir jetzt alles erzählen würdet, was Ihr über diesen Illu Sionist wisst?«, drängte ich ihn.
» Den Gerüchten zufolge soll er aus einem Gebiet von Kardiastan gekommen sein, das sich westlich von hier befindetâ jenseits der Wüste. Die Region wird Zitterödnis genannt. Wir haben nie herausgefunden, ob das stimmt. Während eines Sklavenmarkts hier in Sandmurram sind wir das erste Mal auf ihn aufmerksam geworden. Bestimmte Sklavenhändler in Tyrans wollten Ware haben, also holten wir sie aus den Gefängnissen und schafften weitere von Madrinya und anderen Städten im Landesinnern hierher, aber es waren immer noch nicht genug. Na ja, Ihr wisst ja, wie es in solchen Zeiten läuftâ die Legionäre sind ein bisschen strenger und provozieren etwas mehr, und plötzlich gibt es mehr Gesetzesbrecher und damit auch genug Ware.«
Ich blinzelte. Ich fragte mich, ob ich ihn richtig verstanden hatte. Sie schneiderten sich ihren Gesetzesvollzug so zurecht, dass es ihrem Bedarf an Sklaven entsprach? Die zivilen Gerichtshöfe in Tyr verhielten sich nicht so!
Ohne meine Reaktion zu bemerken, sprach er weiter. » Es schien ein guter Handel zu sein. Der Exaltarch würde seinen Anteil am Verkauf bekommen und die Verwaltung hier den ihren, und alle wären glücklich. Aber während des Verkaufes gab es eine Störung.« Er holte tief Luft, aber sein Finger, der jetzt auf den Tisch trommelte, machte keine Pause. Ich versuchte, nicht hinzusehen. » Dieser Mann, dieser Illu Sionist, tauchte dort auf und gab sich als Sklavenhändler aus. Nun, wir waren alle überrascht, weil er ein Karde war. Es ist zwar nicht so, dass Karden keine Sklaven besitzen können; es ist nur einfach noch nie vorgekommen. Die Karden haben mit der Sklaverei eigentlich nichts im Sinn. Aber er hatte Geld, und so hat niemand sein Recht in Frage gestellt, dort zu sein.
Wie auch immer, um es kurz zu machen: Diese Auktionâ ich weiÃ, dass es unwahrscheinlich klingt, aber der Platz war plötzlich voller Rauch und Feuer und Farben und Wind und Lärm. Es ist schwer zu beschreiben. Ich habe noch nie etwas Derartiges gesehen. Und dieser Mann befand sich genau mittendrin.« Martrinus schüttelte den Kopf, als er sich erinnerte. » Alles war so verwirrend; es war schwer zu erkennen, was da vor sich ging. Die Frauen schrien. Die Gorklaks wurden wild, und die Leute liefen schreiend in alle Richtungen. Selbst den Legionären war schauerlich zumute. Irgendwie konnten die Sklaven freikommen. Das Einzige, was die meisten von uns mit Sicherheit wussten, war die Tatsache, dass dieser Illu Sionist im Zentrum von alldem stand. Er schien zuâ nun ja, zu glühen .« Martrinus war verlegen, aber er sprach trotzdem weiter. » Und er hatte irgendeine Waffe in der Hand, ein riesiges Ding, das Blitze abschoss.
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