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Der Bund der Illusionisten 1

Der Bund der Illusionisten 1

Titel: Der Bund der Illusionisten 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larke Glenda
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war dies niemals ihre Heimat gewesen, und es würde auch niemals ihre Heimat sein. Aber wieso empfand ich dann diese Angst: nicht vor Kardiastan, sondern vor dem, was dieses Land mir über mich selbst verraten könnte?

5
    Sandmurram: Haupthafen von Kardiastan. Angelegt in einer Bucht, die selbst ein natürlicher Hafen war. Die Hafengebäude wuchsen in Stufen von der Küste aus in die Höhe, und oberhalb von ihnen erstreckte sich eine Stadt auf ebenerdigerem Gelände. Flachdächer waren zu sehen, zweigeschossige Häuser aus braunem Lehm, unverputzt und nicht bemalt, hockten wie in der Sonne dösendes Vieh an den Straßen.
    Ich betrachtete all das mit den Augen einer Fremden; ich konnte mich nicht erinnern, es früher schon einmal gesehen zu haben. Aemid hielt sich neben mir an der Reling fest und starrte mit so heftigen Gefühlen und so lebhafter Begierde auf den Anblick, der sich ihr bot, dass es mich erschreckte.
    Als wir uns dem Hafen näherten, verkündete der Kapitän mit einer Flagge meine Anwesenheit auf dem Schiff, und daher wurde ich am Kai von einer Eskorte aus Legionären erwartet. Der befehlshabende Offizier bot mir an, mich mit einer Sänfte zum Haus des Präfekten bringen zu lassen, aber ich zog es vor zu gehen. Ich wollte dieses Land erkunden, nicht, weil es der Ort meiner Geburt war, sondern weil ein Jäger das Umfeld kennen sollte, in dem sich seine Beute aufhält.
    Â» Kümmere dich um das Gepäck«, sagte ich zu Brand. » Und behalte Aemid im Auge.«
    Er nickte, und ich marschierte mit dem Offizier los.
    Mein erster Eindruck war der von Eintönigkeit. Die Straßen waren ungepflastert und schmal, und das Braun der Erde war ein Spiegel der schlichten braunen Hauswände. Dieses Sienabraun war überall, es wurde nie durch irgendeine andere Farbe aufgelockert. Es gab keine Wandfarben, keinen Schmuck, nicht einmal Gras. Die Bäume waren missgestaltete Gnome mit dicken, knotigen Stämmen, arthritischen Gliedern und durchlöcherten Blättern. Sie wuchsen nur dort, wo die Straßen breiter wurden und sich in öffentliche Brunnenplätze verwandelten– wo sie sich, begierig nach Wasser, an die Quelle drängen konnten.
    Die einzigen Farbflecken bestanden in der Kleidung der Menschen, die immer von uns weggingen, uns den Rücken kehrten, sich in ihre Häuser zurückzogen, die Türen verschlossen. In den braunen Straßen mit ihren braunen Häusern war es unnatürlich ruhig. Es gab keine lautstark rufenden fliegenden Händler, keine jammernden Bettler, keine Sänftenträger, die um Kundschaft rangelten. Selbst die Packtiere– seltsame Kreaturen in einem stumpfen Braun– gingen auf weichen Füßen ohne Hufeisen. Ein- oder zweimal erhaschte ich einen flüchtigen Blick auf einen Innenhof und hatte kurz den Eindruck von Blumen, von Gelächter, von Belebtheit, von Leben – aber dann wurde der Anblick behindert, das Leben durch das Schließen eines Tores wieder abgetötet.
    Es dauerte eine Weile, bis ich die Schlangen bemerkte. Doch dann, als ich die erste gesehen hatte, fand ich sie überall. Auch sie waren braun und verschmolzen so gut mit der Erde, als würden sie aus ihr bestehen. Sie rollten sich auf den Haustreppen zusammen, legten sich auf Tore, dösten lethargisch bei den Brunnen in der Sonne. Wenn wir uns näherten, glitten sie träge davon und suchten sich ein anderes sonniges Fleckchen.
    Bei der Göttin , dachte ich, was ist das nur für ein Ort?
    Ich sah all diese Eigentümlichkeiten auch nicht nur mit meinen Augen, sondern ich spürte sie auch. Die Luft brütete, bösartig und erwartungsvoll. Nie zuvor war ich mir der Atmosphäre um mich herum so sehr bewusst gewesen. Ein Durcheinander von überwältigenden Gefühlen machte jeden Atemzug zu einer Anstrengung. Ich fühlte mich unsicher, besorgt, angespannt, als würde jeden Augenblick etwas Schreckliches geschehen. Als ich die Quelle meiner Unsicherheit jedoch aufzuspüren versuchte, entglitt sie mir. Sie war so schlüpfrig wie ein Traum, an den man sich nur noch halb erinnert.
    Ich gewöhnte mich sogar daran. Als ich schließlich das Haus des tyranischen Präfekten erreichte– das glücklicherweise aus weißem Marmor bestand!– und von ihm und seiner Frau empfangen wurde, hatte ich das Gefühl der Beengung bereits in den Hintergrund geschoben und konnte es ignorieren.
    Vor

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