Der Bund der Illusionisten 1
konnte er es überhaupt wagen, meinen Haushalt anzuklagen, ohne zuerst eine entsprechend naheliegende Ãberprüfung vorzunehmen? Ich erklärte ihm ferner, was ich von seinen Fähigkeiten als Offizier hielt, und stellte klar, dass ich von dem Zwischenfall bei dem Gorklak-Rennen einen Tag zuvor erfahren hatte und dass ich auch gehört hatte, dass diese Sklavin sich lediglich gegen eine versuchte Vergewaltigung gewehrt hätte. Als ich endlich fertig war, war der Offizier nicht nur erstaunt über das Ausmaà und die Geschwindigkeit, mit der die Bruderschaft an Informationen gelangte, sondern er war auch entsetzt darüber, dass ich ihn seinen Vorgesetzten melden wollte. Denn offensichtlich war er nicht in der Lage, diszipliniertes Verhalten unter seinen Soldaten durchzusetzen. Nach etlichen Entschuldigungen und reichlich gedemütigt ging er wieder.
Als ich mich in dieser Nacht auf meinem Divan wälzte, hatte ich noch den Geruch des Mannes in der Nase und sein sanftes Lachen in den Ohren. Und ich war ehrlich genug, um zuzugeben, dass ich den Illusionisten vermutlich am nächsten Tag nicht verhaften lassen würde. Nicht, solange ich mir nicht sicher sein konnte, dass ich damit nicht auch einen seiner Handlanger in die Sache mit hineinzog, einen Karden namens Temellin.
11
Er lauerte mir auf dem Weg zum Brunnen auf und lächelte, als er mich sah. Dann nahm er mir den Krug ab und auch die kleine Tasche mit den Kleidungsstücken, die ich mitgebracht hatteâ doch eigentlich hatte er nur Augen für den anderen Gegenstand, den ich bei mir trug. Das Schwert, das ich mirâ gut eingewickelt, um seine Form zu verbergenâ unter den Arm geklemmt hatte. Er berührte es ehrfürchtig, und das Lächeln, das er mir schenkte, war so fröhlich wie das Lachen eines Kindes. » Das ist es!«, sagte er, als hätte er Angst, es zu glauben. Und dann fügte er voller Ehrfurcht hinzu: » Du bist einfach mit dem da unter dem Arm aus der Residenz des Statthalters spaziert?«
Ich nickte. » Wer hätte es in Frage stellen können? Die Legata ist heute Morgen ausgegangen. Wer auch immer gesehen hat, dass ich die Villa verlieÃ, wird angenommen haben, dass ich in ihrem Auftrag unterwegs bin. Und glaube mir, niemand würde ihre Befehle in Frage stellen.« Die Ausflüchte gingen mir so leicht über die Lippen, wie Wasser vom Fell eines Gorklaks abperlte. Ich musste aufpassen, was ich sagte; dieser Mann hatte eine Schwellung in der Handfläche. Was war, wenn er Lügen genauso lesen konnte wie ich? Temellin würde natürlich wissen, dass ich meine Gefühle vor ihm verbarg, aber andererseits machte er das bei mir genauso. Ich nahm an, dass das ein normales Verhalten für Magori war. Für uns. Bei der Göttin, aber dieser Ausdruck steckte so unwillkommen in meiner Kehle wie eine Fischgräte.
» Hattest du keine Probleme, es zu bekommen?«
» Gar keine. Sie kommt gar nicht auf die Idee, dass irgendwer von den Sklaven es heben könnte, ganz zu schweigen davon, es zu stehlen!«
Er gab mir den Krug zurück und nahm stattdessen das Schwert. Seine Hände liebkosten die Umhüllung, aber er wickelte es nicht aus. Tränen glitzerten in seinen Augen, und seine Finger zitterten.
Tränen? Was beim höllischen Acheron war nur an diesem Schwert, dass es so verdammt besonders war?
» Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.« Er versuchte, das Thema zu wechseln und sich Zeit zu verschaffen, um die Kontrolle über sich wiederzuerlangen. Irgendwie wirkte er eher wie jemand, der gerade vom Tod erlöst worden war, und nicht wie ein Mann, der eine Waffe für seinen Herrscher in die Hände bekommen hatte; ich konnte eine so tiefe Erleichterung spüren, dass nichts anderes einen Sinn zu ergeben schien. Vielleicht war es ja auch so, dachte ich. Vielleicht hätte dieser Illu Sionist ihn getötet, wenn er es nicht gefunden hätte. Vielleicht war es Temellins Fehler gewesen, dass es überhaupt verloren gegangen war. Er hatte mir am Tag zuvor erzählt, dass ich ihm das Leben gerettet hätte, aber ich hatte ihn nicht ernst genommen. Jetzt machte ich mir Gedanken darüber.
» Ich passe schon eine ganze Weile selbst auf mich auf«, sagte ich. Ich musste den Wunsch unterdrücken, die Hand auszustrecken und ihn zu berühren. Wie sehr ich lächerlicherweise durch sein Lächeln berührt wurde, durch seine Haare, die sich kreuz
Weitere Kostenlose Bücher